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1.000 Euro für jeden

Titel: 1.000 Euro für jeden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Götz W. Adrienne; Werner Goehler
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aus schreibt, ist in dieser Zeit ohne Einkommen. Erst mit einem bedingungslosen Grundeinkommen könnte man sich das leisten, denn man braucht eben ein Einkommen, um arbeiten zu können, und nicht umgekehrt.
    Eine in diesem Zusammenhang hübsche Anekdote erzählt der Soziologe Niklas Luhmann im Vorwort seines Buches »Die Gesellschaft der Gesellschaft«: »Bei meiner Aufnahme in die 1969 gegründete Fakultät für Soziologie der Universität Bielefeld fand ich mich konfrontiert mit der Aufforderung, Forschungsprojekte zu benennen, an denen ich arbeite. MeinProjekt lautete damals und seitdem: Theorie der Gesellschaft; Laufzeit: dreißig Jahre; Kosten: keine.«
    Man stelle sich vor, Luhmann hätte diese Forschungsbeschreibung vierzig Jahre später angegeben. Der Welt wäre wohl eine bedeutende Theorie zur Funktionsweise von gesellschaftlichen Organisationen vorenthalten geblieben, die nicht nur in der Soziologie und Psychologie, sondern auch in Wirtschaft und Management weltweit Beachtung und Anwendung findet.
    Hätte Hochschule sich schon immer ausschließlich zwischen den Extremen der Exzellenzcluster auf der einen und der Massenabfertigung der Bachelor- und Masterstudiengänge auf der anderen Seite bewegt, wären deutlich weniger kluge Köpfe aus ihnen hervorgegangen. Viele der Akademiker, die Universitäten heute stolz in ihrem Namen tragen, wären in den restriktiven gegenwärtigen Verhältnissen womöglich sogar in der Arbeitslosigkeit gelandet.
    Ein Schicksal, das im 21. Jahrhundert immer mehr Hochschulabsolventinnen blüht – und das durch das bedingungslose Grundeinkommen abgewendet werden könnte.
    Wenn man seine eigene gesicherte Existenz in Forschungsprojekte einbringen könnte, wäre man nicht mehr den getakteten Forschungszeiträumen unterworfen, die Forschung häufig im Sande verlaufen lassen, weil es keine Nachfolgeförderung mehr gibt. Es würden andere Rhythmen entstehen. Forschungsprojekte wären dann zu Ende, wenn sie inhaltlich ausgeschöpft sind, und nicht weil der Bewilligungszeitraum ausgelaufen ist. Der akademische Nachwuchs könnte sich länger an Universitäten binden oder auch nach Jahren der Praxis wieder in die Forschung zurückkehren, er wäre nicht auf Zweijahresverträge angewiesen und könnte sogar eigenes Geldmitbringen, um sich die Forschungsarbeit an seiner Alma Mater zu finanzieren. Kurz: Es wären ganz andere Forschungswege und -verhältnisse denkbar.
    Verschleuderung von Steuergeldern
    Weil es aber noch kein Grundeinkommen gibt, werden erwerbslose Hochschulabsolventen durch die Hartz-IV-Gesetzgebung in die absurdesten Situationen hineinmanövriert, die keinen anderen Nutzen zu haben scheinen, als Steuergelder zu verschleudern.
    Im Januar 2010 ereignete sich in einem Jobcenter in Berlin folgende denkwürdige Geschichte: Morgens um acht Uhr holt Susanne H. ihr Zertifikat ab, das ihr bescheinigt, eine vierwöchige »Einstiegstrainingsmaßnahme« absolviert zu haben, zu der das Jobcenter ihres Bezirks die Hartz-IV-Empfängerin verpflichtet hatte. Vier Wochen lang war sie vier Stunden täglich darüber unterrichtet worden, wie man einen Lebenslauf erstellt, im Internet nach Stellen sucht, Bewerbungsschreiben verfasst und welche Kleidung einem Bewerbungsgespräch angemessen ist.
    Am Abend desselben Tages erhält Susanne H. eine Auszeichnung: für die beste Dissertation der juristischen Fakultät – mit dem Thema »Das Bundesverfassungsgericht und die Politik – ein Verhältnis im Wandel der Zeit«. Damit besitzt sie nun zwei Dokumente, die ihr bescheinigen, dass sie gleichzeitig »ganz unten« und »ganz oben« angekommen ist: Das Zertifikat des Jobcenters und die Auszeichnung der Fakultät tragendasselbe Datum. Vom Jobcenter musste sie sich erst die Genehmigung einholen, für die Entgegennahme der Auszeichnung die Stadt verlassen zu dürfen.
    Beim Sektempfang nach der Verleihung der Urkunde traut sie sich, von ihrer Erfahrung mit der Arbeitsagentur zu berichten. Zu ihrem großen Erstaunen löst diese Erzählung bei den Umstehenden keineswegs Entsetzen oder Bedauern aus. Im Gegenteil, jeder in der Runde kannte eine oder einen, die oder der Ähnliches erlebt hatte. Entrüstung hingegen löste ihre Ankündigung aus, sie wolle den akademischen Betrieb ganz verlassen, weil sie es ablehne, ihre Habilitationsschrift heimlich durch Hartz IV zu finanzieren. Sie will ihr Forschungsvorhaben dem Amt gegenüber nicht geheim halten müssen – da wissenschaftliche Arbeit ja nicht

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