Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

1001 - Die Jäger von Chircool

Titel: 1001 - Die Jäger von Chircool Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
Vom Netzwerk:
des Geschehens zu bleiben, denn in der be-ginnenden Dunkelheit war die Gefahr groß, daß Chircools sich hinter ihrem Rücken an die Trauergäste heranschlichen, wenn sie sich allzu weit entfernten. Sie hörten den monoto-nen, beklemmenden Gesang, und gegen seinen Willen drehte Mallagan sich um.
    Die fünf Meter hohe Gleitbahn erhob sich düster gegen den Himmel. Oben, auf dem Po-dest, stand St. Vain, und zwei Betschiden trugen die Toten nacheinander hinauf. Die Lei-chen waren mit Fellen und Häuten umhüllt, die man mit Kalkschlamm weiß gefärbt hatte. St. Vain sprach ein paar feierliche Worte und breitete noch eine besondere Haut über die Toten. Eine gelbe Sonne und sieben blaue Punkte waren mit Pflanzenfarben darauf ge-malt. Niemand wußte genau, was dieses Zeichen zu bedeuten hatte. Doc Ming hatte ein-mal behauptet, es sollte die Sonne symbolisieren, die den Betschiden Licht und Wärme spendeten, und die blauen Punkte wären Symbole für die Planeten, die diese Sonne um-kreisten.
    Die erste Leiche wurde auf die Gleitfläche geschoben, und St. Vain sprach die Worte, die Surfo Mallagan so sehr haßte.
    „Ich übergebe dich dem unendlichen All, das unser aller Heimat ist."
    Der Tote rutschte die Fläche hinunter und stürzte über den Rand der Schlucht.
    „Raumbegräbnis", nannte man das. Mallagan wußte nicht, ob die Zeremonie, die der Überlieferung zufolge stattfand, seit es Betschiden auf Chircool gab, wirklich Ähnlichkeit mit den Bestattungsriten derer hatte, die in der SOL lebten. Er konnte es sich nicht vorstellen.
    Als Jäger wußte er, daß alles Leben auf diesem Planeten in letzter Konsequenz dem Boden, auf dem es ging oder in dem es wurzelte, sein Leben verdankte. Im Boden keimten die Samen der Pflanzen, und dorthin kehrte durch das Wirken unzähliger Tiere alles zurück, was starb. Die Fleischfresser ernährten sich von Tieren, die die Pflanzen vertilgten, die im Boden wurzelten, aber auch sie selbst wurden irgendwann Opfer des Dschun-gels und kehrten in diesen nährenden Boden zurück, um als Bestandteil der Krume des-sen Fruchtbarkeit zu bewahren. Für die Jäger - wenigstens für die meisten von ihnen - war es ein Akt der Feindseligkeit gegenüber diesem Planeten, wenn die Betschiden sich weigerten, sich diesem ewigen Kreislauf einzugliedern.
    Mallagan sah, wie die Mutter des Kindes, das vor der Bordküche gestorben war, die Rampe hinaufstürmte und schreiend den Leichnam ihres Sohnes festzuhalten versuchte. Er mußte sich zwingen, auf seinem Posten zu bleiben und die Blicke von dem schreckli-chen Bild zu wenden.
    In Augenblicken wie diesen haßte er St. Vain und alle anderen „Schiffsbewohner". Er war froh, daß es ihnen gelungen war, Lerana vor der Gleitbahn zu bewahren. Er sah ein, daß es für die Toten keine Rolle mehr spielte, was mit ihnen geschah, aber der Gedanke daran, daß sie alle dort unten in der Schlucht lagen, die so grauenhaft tief war, flößte ihm Furcht ein.
    Ein Rascheln lenkte ihn ab, und er war dankbar für das Geräusch. Wachsam spähte er in die Dämmerung, darauf gefaßt, im nächsten Augenblick einer Horde blutgieriger Chircools gegenüberzustehen. Statt dessen polterte auf zehn plumpen, kurzen Beinchen ein Tier aus dem Dickicht, das einer umgedrehten kleinen Schüssel ähnelte. Auf dem hornigen Rücken saßen drei Längsreihen von weißlichen Borsten, und der Panzer war bunt gefleckt. Ein kurzer, spitzer Schwanz und eine ebenfalls kurze, spitze Schnauze ragten vorne und hinten aus dem Panzer hervor - wo das jeweilige Ende des Tieres saß, konnte man ohne eingehende Untersuchung eigentlich nur aus seiner Bewegungsrichtung erken-nen.
    Surfo Mallagan betrachtete das kleine Wesen verwundert. Es kam arglos auf ihn zu, und er hob den Bogen, ließ ihn dann aber wieder sinken.
    Die Vorfahren hatten diese Tiere noch nicht gekannt und ihnen keinen Namen verliehen. Sie waren selten und lebten sehr zurückgezogen. Die Jäger tauften diese Wesen „Schnüf-feltierchen". Es waren harmlose, liebenswerte Wesen, und sie galten bei denen, die ihr halbes Leben im Dschungel verbrachten, als Glücksbringer. Die Schnüffeltierchen hatten zartes, sehr wohlschmeckendes Fleisch, aber man schoß sie höchstens im äußersten Notfall, und so mancher Jäger hatte beim Anblick dieser possierlichen Beute sein weiches Herz entdeckt.
    Mallagan bückte sich und schnalzte lockend mit der Zunge. Das Schnüffeltierchen hielt kurz inne, hob den spitzen Kopf, und seine Nase bewegte sich flink von einer

Weitere Kostenlose Bücher