1001 Kuss - und dann Schluss
ihres Babys hier und dachte nicht daran, sich von dem ganzen Prunk abschrecken zu lassen.
„Was willst du von mir, Lucy?“
Sprachlos legte sie sich wieder hin. Warum war er so kühl und abweisend? Offensichtlich hatte ihm ihre gemeinsame Zeit nichts bedeutet. Mac hätte nicht gedacht, sie jemals wiederzusehen. Und plötzlich tauchte sie auf und erinnerte ihn daran, wie leicht sie zu haben gewesen war, wie ersetzbar. Kein Wunder, dass er dachte, sie wollte etwas von ihm.
Verletzte Gefühle bringen mich jetzt auch nicht weiter, dachte Lucy und gab sich einen Ruck. Behutsam richtete sie sich auf und schwang die Beine aus dem Bett. Doch als sie versuchte aufzustehen, wurde ihr sofort wieder schwindlig. Hätte Mac sie nicht geistesgegenwärtig aufgefangen, wäre sie hingefallen. Ihr Stolz kam ihr zu Hilfe. Sie befreite sich aus seinem Griff und setzte sich langsam auf die Bettkante.
„Es geht gleich wieder“, murmelte sie leise.
Der Mann, den sie nun Razi nennen musste, trat einen Schritt zurück, ließ sie jedoch keine Sekunde lang aus den Augen. Verzweifelt versuchte Lucy, so willensstark und geschäftsmäßig zu agieren wie er.
„Wann hast du zuletzt etwas gegessen?“, fragte er harsch.
Abwesend sah sie auf. „Das weiß ich gar nicht mehr.“
„Du weißt es nicht?“ Ungläubig schüttelte er den Kopf. „Zum Glück habe ich Bouillon für dich bestellt. Die trinkst du jetzt, bevor wir uns weiter unterhalten.“
Er nahm die Haube von der Bouillontasse auf einem Servierwagen neben dem Bett und reichte Lucy das heiße Getränk.
Am liebsten hätte sie abgelehnt, gab dann jedoch dem Hungergefühl nach.
„Ich warte hier, bis du die Suppe getrunken hast. Es wird dir gleich bessergehen, wenn du etwas im Magen hast.“
Die Wärme der starken Brühe gab Lucy neue Kraft. Als sie aufsah, um sich für seine Fürsorge zu bedanken, verriet Razis Blick, dass die unbeschwerte Zeit von Val d’Isère vorbei war und nicht mehr erwähnt und schon gar nicht wiederbelebt werden durfte.
Er nahm ihr die leere Tasse ab und stellte sie zurück auf den Servierwagen. „Warum bist du hier, Lucy?“, wollte er dann wissen.
Gute Frage. Plötzlich erschienen ihr die Gründe, die in England ganz plausibel gewesen waren, lächerlich. Sie hatte keine Ahnung von der auf der Isla de Sinnebar geltenden Rechtsordnung. Aber vermutlich lag alle Macht beim herrschenden Scheich. Was bedeutete das für sie? Sie war die Chaletmanagerin, die Razi bei seinem letzten Urlaub vor der Thronbesteigung geschwängert hatte. Ob ihn das überhaupt interessierte?
Ich muss an die Zukunft meines Kindes denken, dachte Lucy und versuchte, stark zu bleiben. „Entschuldige, dass ich uneingeladen hier aufgetaucht bin, aber ich muss dich sprechen“, begann sie höflich.
„Du musst mich sprechen?“ Misstrauisch schaute er sie an.
Er brauchte ihr gar nicht zu erzählen, dass ihr kleines Intermezzo vorbei war und sie ihm mittlerweile völlig fremd geworden war. Der mächtige Herrscher Razi hatte ganz andere Dinge zu bedenken als ein kleines Techtelmechtel mit einer Köchin. Würde er ihre Rechte als Mutter überhaupt respektieren oder darauf bestehen, ihr das Kind wegzunehmen und bei sich zu behalten?
Bei dieser schockierenden Vorstellung legte sie sich instinktiv die Hand an den Hals. Razi missdeutete diese Geste und schenkte Lucy ein Glas Wasser ein. „Du siehst schrecklich erschöpft aus. War es das wirklich wert?“
Ja, ja und noch mal ja! Hastig leerte sie das Glas. Glaubte er wirklich, sie wäre hier, um ihre kurze Affäre neu zu beleben? Zeigte er ihr die kalte Schulter, um deutlich zu machen, dass er kein Interesse daran hatte? Natürlich wollte er nichts mehr von ihr! Ein König und eine Köchin? Wo gab es denn so etwas!
„Ich frage dich noch einmal: Warum bist du hier? Was erwartest du dir von diesem Besuch?“
Erwarten? Sie erwartete eigentlich gar nichts, sondern wollte doch nur alles richtig machen und Razi mitteilen, dass er Vater wurde! Er hatte sie völlig missverstanden. „Ich will gar nichts von dir“, erklärte sie mit fester Stimme.
„Nein?“ Er lächelte sarkastisch. „Und dafür hast du so eine lange Reise auf dich genommen, Lucy?“
Wie sollte sie ihn überzeugen, dass sie die Wahrheit sagte? Er war der mächtige Scheich, sie saß wie ein Häuflein Elend im Bett, nippte am Wasserglas und versuchte so zu tun, als wäre sie stark, als erholte sie sich langsam.
Er durchquerte das Zimmer und betätigte einen Schalter.
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