1001 Kuss - und dann Schluss
der Landessprache, und die Wachen nahmen stramme Haltung ein.
Mac war eingetroffen. Sie spürte seine Anwesenheit sofort und musste sich nicht einmal umdrehen.
Als die Schritte näher kamen und der Duft von Gewürzen und Sandelholz die Luft erfüllte, konnte Lucy wieder klar denken. Doch ihr Körper ließ sie im Stich. In dem Moment, in dem alles einen Sinn ergab – der aufgerichtete Löwe, das Krummschwert, die königliche Standarte – sank sie ohnmächtig zu Boden.
In einem luxuriös eingerichteten Schlafzimmer kam Lucy wieder zu Bewusstsein. Noch etwas benommen ließ sie den Blick durch den großen eleganten Raum gleiten. Ein Brokatbettüberwurf in creme- und goldfarbenen Schattierungen lag sorgfältig zusammengefaltet auf einem Sessel am Fußende des riesigen Betts. Jalousien vor den Fenstern dunkelten das Zimmer ab. In einiger Entfernung unterhielten sich zwei Männer in gedämpfter Lautstärke. Beide trugen arabische Gewänder – der ältere Mann ein blendend weißes, der jüngere, größere, breitere und wesentlich imposantere Mann trug eine königsblaue Robe. Vermutlich ist Mac blaublütig, dachte Lucy – noch immer etwas benommen.
Als sie wieder völlig zu sich gekommen war, fiel es ihr wie Schuppen von den Augen: Mac war ein König! Kein Wunder, dass man es ihr so schwergemacht hatte, ihn zu sehen. Er war ein Scheich und Herrscher über die Isla de Sinnebar. Der Mann, den sie liebte, war ein Wüstenfürst. Lucy vermutete, dass der Mann neben ihm Arzt war. Er verabschiedete sich jetzt und schloss leise die Tür hinter sich, während Mac mit großen Schritten das Zimmer durchschritt und zu ihr ans Bett kam.
Sein Gesicht lag im Schatten, doch sie wusste auch so, dass dies nicht der leidenschaftliche, amüsante Liebhaber von Val d’Isère war, sondern ein Fremder, ein Würdenträger, dem sie als Köchin keineswegs ebenbürtig war.
„Lucy?“
Die Stimme war dieselbe. Alles andere hatte sich verändert. Auch das Gesicht, das sie nun erkennen konnte, wies härtere Züge auf. Die Pflichten als Herrscher forderten offensichtlich ihren Tribut.
Als sie merkte, dass sie sich scheu in die Kissen gedrückt hatte, rief sie sich energisch zur Ordnung. Um des Babys willen musste sie sich zusammenreißen. Sie konnte es sich nicht leisten, sich einschüchtern zu lassen, auch nicht vom Herrscher über die Isla de Sinnebar. Es war unverzeihlich, dass sie vor Hunger ohnmächtig geworden war. Als werdende Mutter trug sie Verantwortung! Das kleine Wesen konnte ja noch nicht für sich selbst sorgen.
Schuld an der Ohnmacht war aber auch die überwältigende Freude, Mac zu sehen. Sein Anblick hatte sie schier umgeworfen. Sie liebte diesen Mann so sehr, und ihre Seele weigerte sich, die Realität zu akzeptieren. Auch wenn Macs Blick noch so kühl war.
Schützend legte sie eine Hand auf den Bauch und war froh, dass man ihr nur Kostümjacke und Schuhe ausgezogen hatte. Die Jacke hing über einer Stuhllehne, die Schuhe standen unter dem Stuhl. Ihr Anblick erinnerte sie daran, dass sie hier war, um mit Mac über die Zukunft ihres gemeinsamen Kindes zu sprechen. „Wer bist du?“, fragte sie leise, obwohl sie die Antwort kannte. Aber sie wollte sie aus Macs Mund hören.
Durch sein Schulterzucken bewegte sich das blaue Gewand und erfüllte das Zimmer mit dem geheimnisvollen Duft orientalischer Gewürze. „Ich heiße Razi al Maktabi. Meine Freunde nennen mich Mac.“
„Razi al Maktabi? Seine Majestät, Scheich Razi al Maktabi, Herrscher über die Isla de Sinnebar?“ In diesem Moment wurde ihr erst bewusst, was das bedeutete. Ihr Herz begann zu rasen, als Mac ihre Vermutung mit traditioneller arabischer Geste bestätigte.
„Warum hat du mir das nicht gesagt?“ Sie ärgerte sich, weil ihre Stimme verriet, wie verletzt und erschöpft sie war. Es war ihr immer schwergefallen, sich zu verstellen.
„Weil es sich nicht ergeben hat.“
Natürlich nicht, sie waren ja viel zu beschäftigt gewesen, sich zu lieben beziehungsweise Sex zu haben, wie Razi al Maktabi es zweifellos gesehen hatte. Wie blind war ich eigentlich? überlegte Lucy verzweifelt.
Die Kluft zwischen ihnen war noch größer geworden. Die harten Gesichtszüge des Scheichs sprachen für sich. Die exquisit gearbeitete traditionelle Tracht stand ihm ausgezeichnet. Der goldene Kopfreif, der die Kopfbedeckung fixierte, verriet seine hohe Stellung. Doch das alles spielte für Lucy keine Rolle. Sie liebte den Mann Mac, nicht den Herrscher Razi. Und sie war wegen
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