1001 Kuss - und dann Schluss
verlieren!
Sie hatte eine schöne Zeit mit Mac verbracht, doch die lag hinter ihr. Nun hieß es, nach vorn zu schauen und an das Baby zu denken.
Alles lief wie am Schnürchen. Die Ankunftshalle erwies sich als Insel der Ruhe, draußen warteten Taxis. Lucy setzte sich in eins, gab dem Fahrer die Adresse und lehnte sich entspannt zurück. Sie fühlte sich sofort wohl in diesem sonnenverwöhnten Land, in dem alles so gut organisiert wirkte.
Fasziniert betrachtete sie die wehenden Gewänder und Männer, die ihre Gebetsperlen zwischen den Fingern hindurchgleiten ließen. Sie atmete den würzigen Duft ein, der in der Luft lag, und lauschte dem leisen Klappern der Sandalen, die hier offenbar fast jeder trug. Alles hier war unglaublich aufregend – am meisten jedoch die Aussicht, Mac wiederzusehen.
Allerdings musste sie damit rechnen, dass er sie nicht mit offenen Armen empfangen würde. Doch das wollte sie auf sich zukommen lassen. Jetzt würde sie erst einmal so viele Eindrücke wie möglich von diesem exotischen Land sammeln, damit sie ihrem Baby eines Tages davon erzählen konnte.
Bis vor Kurzem hatte Razi als Geschäftsführer von Maktabi Communications eher aus dem Hintergrund agiert, doch jetzt stand er im Mittelpunkt. Und binnen weniger Stunden hatte er im Königreich bereits etliches verändert. Die Höflinge, die an den alten, lahmen Trott gewöhnt waren, mussten umdenken. Und der Vater seiner Cousine Leila, der fest damit gerechnet hatte, dass ein Playboy als König ein Leichtgewicht wäre, hatte sich ganz schön umsehen müssen. Dabei hätten sich alle doch nur vor Augen halten müssen, dass ein erfolgreicher Geschäftsmann wusste, wie der Hase lief, und sein Land so zu führen gedachte, dass alle Untertanen davon profitierten. Die Zeiten der Skandale, Bestechung und Vetternwirtschaft waren endgültig vorbei. Auch er selbst musste erst lernen, sich an die eigenen Regeln zu halten. Sein Privatleben würde bis zu seiner Heirat auf Eis liegen. Auf eine Liebesheirat konnte er nicht hoffen. Doch hoffentlich würde seine Ehe von gegenseitigem Respekt geprägt sein.
Eigentlich sollte er froh über den Achtzehnstundentag sein, der mit Terminen nur so gespickt war. Wenigstens blieb ihm so keine Zeit, von einer jungen Frau zu träumen, die unter all den Mädchen, die versuchten, sich den neuen Herrscher zu angeln, sehr erfrischend gewesen wäre. Er konnte gar nicht mehr zählen, wie viele Goldgräberinnen mit falschen Zähnen und künstlich vergrößertem Busen schon versucht hatten, sich ihm an den Hals zu werfen, seit er den Thron bestiegen hatte. Wenn er diese Frauen mit dem Mädchen verglich, das ihm so natürlich, unverfälscht und erfrischend ehrlich begegnet war, war er beinahe versucht, den Frauen abzuschwören. Lucy Tennant wusste wahrscheinlich gar nicht, dass sie so selten war wie eine Wüstenblume. Leider hatte er diese Blume mit Füßen getreten.
Für Lucy war die Fahrt zum Büro von Maktabi Communications sehr lehrreich. Auf Isla de Sinnebar herrschten Ordnung und Sauberkeit, Geschichte und Traditionen wurden respektiert. Auf der sechsspurigen Schnellstraße gab es sogar eine Spur für Kamele. Abfall oder Graffiti waren nirgends zu sehen. Die breiten Straßen befanden sich in tadellosem Zustand und wurden von Blumenbeeten gesäumt.
Blumen in der Wüste? Nachdenklich blickte Lucy aus dem Fenster des Taxis, das gerade die Abzweigung zur Innenstadt nahm. Je näher sie Mac kam, desto aufgeregter wurde Lucy. Hoffentlich tat sie auch das Richtige. Instinktiv strich sie sich über den Bauch und wünschte, sie könnte ihrem Baby versichern, dass dies alles nur zu seinem besten geschähe. Was immer auch passieren würde, seine Mutter würde es mit allen Mitteln beschützen.
Das Taxi hielt vor einem der Gebäude mit den strahlend weißen Türmen, die sie schon aus der Luft gesehen hatte. Aus dieser Perspektive wirkte es noch beeindruckender und riesengroß. Maktabi Communications stand über dem Portal. Am Fahnenmast direkt daneben wehte eine Flagge. In Lucys Bauch schienen Schmetterlinge zu flattern, als sie den aufgerichteten Löwen und das Krummschwert auf der Flagge erkannte. Dieses Emblem hatte sie zuletzt auf Macs Siegelring gesehen, und es passte zu diesem mächtigen, reichen Land. Macs exotisches Aussehen ließ sich nun erklären, doch gleichzeitig hatte Lucy den Eindruck, ihn weniger denn je zu kennen. Vor dem Portal standen Wachen. Portiers wären vor so einem Gebäude nicht ungewöhnlich gewesen.
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