1001 Lüge Bezness-das Geschäft mit den Gefühlen europäischer Frauen und Männer
häufig zu Vorwürfen, da sie noch nicht genügend Suren gelernt hatten, nicht ausreichend Arabisch sprachen und die Erziehung ihm zu westlich war. Ich konnte ihm nichts recht machen, obwohl ich mittlerweile vor der völligen Selbstaufgabe stand und nur noch ein Schatten meiner selbst war. Soziale Kontakte hatten wir kaum, außer mit meiner Mutter konnte ich mit niemanden reden. Ich war von der Außenwelt abgeschlossen.
Als unsere Große vier Jahre alt war, fing mein Mann an, konkrete Pläne für unser weiteres Leben zu schmieden. Wir sollten in diesem Jahr nach Algerien auswandern, weil beide Kinder dort eingeschult werden sollten. Da das Haus noch nicht fertig war (und immer noch nicht ist) wollte er ganz selbstverständlich von meiner Mutter wissen, wie viel Geld sie uns mitgeben könne, geschenkt natürlich, nicht geliehen. Genauso selbstverständlich hat er am Anfang unserer Ehe erwartet, dass sie uns finanziell unterstützt, da er zu diesem Zeitpunkt nicht regelmäßig gearbeitet hat.
Das Kinder- und Elterngeld ging auf ein separates Konto – es wurde für unsere Zukunft in Algerien gespart. An Integration hier in Deutschland war mein Mann überhaupt nicht interessiert. Nach 15 Jahren Aufenthalt konnte er zwar relativ gut Deutsch sprechen und verstehen, jedoch weder schreiben noch lesen. Die deutsche Staatsangehörigkeit hat er nie beantragt.
Meine Einwände, dass es den Kindern hier in Deutschland besser ginge, wurden nicht beachtet. Mein Mann sah unsere Zukunft ausschließlich in einem muslimischen Land.
Unsere Ehe wurde für mich immer unerträglicher, Gefühle für meinen Mann waren längst auf der Strecke geblieben, ich funktionierte nur noch. Dazu kam die Angst um meine Töchter. Es kristallisierte sich immer mehr heraus, dass er auf alle Fälle mit ihnen nach Algerien geht – auch ohne mich. Ich war verzweifelt und verängstigt. Gespräche mit meinem Mann, egal worüber, waren nicht mehr möglich. Als ich diesem Druck nicht mehr standhalten konnte, habe ich nach einem Ausweg, der für mich nur Trennung heißen konnte, gesucht und bin auf das Forum 1001Geschichte gestoßen. Ich habe einige Tage dort meine Probleme geschildert und mich dann an eine Ansprechpartnerin gewandt. Danach ging alles ganz schnell. Ich bin mit meinen Kindern in ein Frauenhaus gegangen, habe die Scheidung eingereicht und bereue nichts. Ich bin froh, dass ich diesen Schritt mit ganz viel Unterstützung der Ansprechpartnerin vom CiB e.V. gegangen bin. Meine Kinder entwickeln sich prächtig, gehen gern in den Kindergarten und holen all das nach, was ihnen bis dahin vorenthalten war. Ich führe jetzt ein selbstbestimmtes Leben und habe Freude daran. Mir ist bewusst, dass noch ein steiniger Weg vor uns liegt, doch werde ich das auch schaffen, weil ich nicht allein bin, meine Mutter, die Mitarbeiterinnen des Frauenhauses und der CiB e.V. stehen mir weiterhin hilfreich zur Seite.
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Bezness aus der Sicht einer Ansprechpartnerin
Der Kontakt zu einer Ansprechpartnerin kommt auf verschiedene Weise zustande, am häufigsten jedoch über das Kontaktformular auf der Homepage des CiB e.V. In ganz dringenden Fällen können sich die Ratsuchenden auch telefonisch über die Notfallrufnummer, die vom CiB e.V. eingerichtet wurde, bei uns melden. Eine andere Möglichkeit ist, sich direkt über das Forum 1001Geschichte bei einer Ansprechpartnerin zu melden.
In erster Linie sollen Ansprechpartnerinnen eine „Erste Hilfe“ Anlaufstelle sein. Die beratenden Frauen haben Bezness und die Folgeerscheinungen auf unterschiedlichste Weise erlebt und können aus ihren eigenen Erfahrungen heraus Lösungsvorschläge anbieten. Das wichtigste Merkmal ist jedoch, dass sie erst einmal geduldig zuhören kann.
Wir wissen, dass Bezness als ein knallhartes Geschäft betrieben wird. Doch das Ausmaß der Spuren, die es hinterlässt, zeigt sich oft erst in persönlichen Gesprächen mit den Betroffenen.
Ich betreue seit längerem zwei Frauen, die ihre Erlebnisse zwar im Forum beschrieben haben, doch die Dimension, wie Bezness ihr Leben tatsächlich verändert hat, kam erst in unseren Telefonaten zum Vorschein.
Die ersten Gespräche mit Marion, Geschichte Nr. 14, waren eigentlich nur von Verzweiflung, Trauer und Wut bestimmt. Marions Schilderung ihre Situation war eher konfus und wurde immer wieder von Weinkrämpfen unterbrochen. Sie hatte sich bereits zu einer Trennung von ihrem Mann entschlossen, wusste jedoch nicht, wie sie vorgehen sollte. Es wurde ganz
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