1001 Nachtschichten
die Hand.
›Du Faulpelz, die paar hundert Meter willst du ja wohl nicht mit dem Wagen fahren, oder? Wozu haben wir denn vor drei Jahren dieses tolle Fahrrad für dich dem Nachbarn abgekauft?!‹, schimpfte sie.
Und prompt stellte sich mir unten vor der Haustür dieser besagte Nachbar Heribert vom Nebenblock in den Weg:
›Hi Osman, altes Haus, gondelst du immer noch mit diesem antiken Schrotthaufen durch die Gegend?‹, machte er sich über mein Fahrrad lustig.
›Danke, dass du mir diesen Schrott vor drei Jahren angedreht hast. Damals hast du behauptet, es wäre nagelneu!‹, sagte ich genervt.
›Damals war es ja auch nagelneu!‹
›Aber ich sitze nun mal heute zum ersten Mal auf dem Ding!‹
›Osman, ich hätte aber ein schönes, nigelnagelneues Fahrrad im Lager, ein echtes Spitzenrad‹, rief er mir hinterher, während ich krampfhaft versuchte, in die Pedale zu treten.
›Kein Bedarf! Das rentiert sich überhaupt nicht, wenn ich einmal in drei Jahren mit so einem Ding fahre‹, brüllte ich zurück und versuchte, trotz der abgesprungenen Kette irgendwie bis zur Sparkasse zu kommen.
Und es hat tatsächlich geklappt!
Dafür brauchte ich nur abzusteigen und kräftig zu schieben.
Aber es hätte sicherlich mehr Spaß gemacht, wenn es nicht prompt wieder angefangen hätte, wie aus Kübeln zu gießen. Wie gesagt, ich mag Regen nur, wenn ich gerade drinnen auf dem Sofa liege. Andererseits wird mein armes Fahrrad so wenigstens einmal gewaschen.
Wie ein nasser Köter betrat ich dann die Bank und holte von meinem Konto 300 Euro ab. In 5-Euro -Scheinen. Genau sechzig Stück.
Danach habe ich meine Fahrradkette wieder in Ordnung gebracht und trat sofort hastig in die Pedale.
Nach zwanzig Metern nahmen die Pedale diese Treterei aber sehr persönlich und kündigten erneut die Zusammenarbeit mit der Kette.
Kurz nachdem die Kette abgesprungen war, sprang ich vom Rad und schob das verfluchte Ding bis nach Hause. Bei dem fürchterlichen Regen wurde ich natürlich klitschnass bis auf die Unterhose.
Ehrlich gesagt, mir machte das ja nicht so viel aus, ich bin schließlich Kummer gewöhnt, ich habe in meinem Leben schon mehrmals gebadet. Aber für die druckfrischen 5-Euro -Scheine war es sicherlich eine ganz neue Erfahrung in ihrem jungen Leben. Deshalb legte ich sie im Wohnzimmer aus, damit sie schnell trocknen würden. Die Gemüseverkäufer auf dem Wochenmarkt möchten zwar gerne kleine Scheine haben – aber nicht ganz so nass!
In dem Moment klingelte es an der Tür, und der Heribert platzte ins Wohnzimmer.
›Osman, hab ich’s dir nicht gesagt? Du brauchst ein richtiges Fahrrad? Na, hab ich’s gesagt oder nicht? Wenn du auf mich gehört hättest, dann müsstest du bei diesem Mistwetter nicht so eine Schrottgurke durch die Gegend schieben. Aber wie sagt man so schön: Wer nicht hören will – muss schieben!‹
Dann sah er plötzlich die vielen nagelneuen Geldscheine überall im Zimmer liegen und bekam große Augen.
›Waau, was geht denn hier ab?‹, fragte er völlig verwirrt.
›Was soll schon sein? Ich muss Geld drucken, damit ich mir so ein teures neues Fahrrad von dir leisten kann‹, antwortete ich ruhig.
›Völlig irre!‹, stotterte er wie vor den Kopf geschlagen.
Kurz nachdem sich Heribert verabschiedet hatte, klingelte es erneut an der Tür.
Es war mir klar, dass mein Nachbar, nachdem er das viele frisch gewaschene Geld bei mir gesehen hat, sofort mit einem neuen Fahrrad unter dem Arm bei mir antanzen würde!
Falsch gedacht!
Heribert hat kein hübsches neues Fahrrad antanzen lassen, sondern einen hässlichen alten Bullen.
›Herr Engin, wir haben einen anonymen Hinweis erhalten, dass Sie hier gesetzwidrig Geld drucken‹, sagte der Polizist.
›Herr Kommissar, wenn Sie mir verraten, wie man gesetzkonform Geld drucken kann, dann werde ich nie wieder was Gesetzwidriges tun‹, rief ich.
›Nur die Regierung darf Geld drucken, ohne dafür Prügel zu bekommen‹, meinte er.
›Und ich habe mich schon die ganze Zeit gefragt, wie sich Angela Merkel ständig so viele neue Hosenanzüge leisten kann‹, meinte ich.
›Fahrräder klauen ist in Deutschland genauso verboten! Ich beschlagnahme dieses Diebesgut hier im Flur!‹, sagte er schroff.
Und da kam endlich meine Frau Eminanim mir zu Hilfe, die ja gewissermaßen der Grund für das ganze Übel war, weil sie mich aus dem Haus gejagt hatte.
Während der Wachtmeister seinen Tee schlürfte, hatte ich genügend Zeit, ihn zu überzeugen, dass die
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