1001 Nachtschichten
nassen 5-Euro -Blüten von der Sparkasse und das nasse geklaute Rad von meinem Nachbarn Heribert stammten.
Wenig später schien wieder herrlich die Sonne, als Heribert zusammen mit zwölf weiteren geklauten Fahrrädernaus seiner Wohnung in Handschellen abgeführt wurde. Herr Viehtreiber, wie sagt man so schön: Wer andern eine Grube gräbt … sollte keine Leichen und geklauten Fahrräder im Keller haben!«
»Oh Gott, was hat denn diese langweilige Geschichte jetzt mit dem Mord in Schwerte zu tun?«, meckert er plötzlich.
»Mord? Wieso Mord? Sie haben mich doch gefragt, ob es Fortschritte mit der Polizei gebe, und ich sagte Ja! Habe ich etwa gelogen?«
»Quatsch! Ich meinte doch nicht so einen Schwachsinn wie geklaute Fahrräder! Und wo ist hier überhaupt eine Pointe gewesen?«, sagt er total gelangweilt.
Mist! Er hat völlig recht. Wo bitte schön ist bei dieser Geschichte irgendeine Pointe, die ich für morgen, besser gesagt, für Montag aufheben könnte?
Ich kann ihm wirklich keinen Vorwurf machen. An seiner Stelle würde ich mich bei so einer lahmarschigen Geschichte auch hochkant rausschmeißen – selbst wenn es noch genug Arbeit geben würde!
Ich sollte mit meiner Frau Eminanim doch wieder ein paar Nachtschichten einlegen, um spannende Geschichten zu erfinden. Wenn ich das alleine mache, kommt nur lauwarmes Gelaber heraus, demgegenüber sich sogar ›Das Wort zum Sonntag‹ wie ein packender Thriller anhört.
Sogar die kleine Hatice ist heute Morgen laut schreiend aus der Wohnung geflüchtet, als ich wie jeden Tag die Geschichte für meinen Meister zuerst bei ihr testen wollte, um die Wirkung zu erproben.
Ich entdecke, dass mich inzwischen sogar mein Kündigungsschreiben recht hoffnungslos und sehr mitleidig anschaut. Genauso hoffnungslos und verzweifelt blicke ich zurück.
Obwohl es diesem blöden Blatt Papier eigentlich egal sein müsste, ob es hier in Viehtreibers Schublade oder bei mir im Karnickelweg 7b in der Kommode liegt.
»Ausländischer Ehemann entführt das gemeinsame Kind in seine Heimat«, steht in der Zeitung in der Blindenschrift, ich meine, in riesigen schwarzen Lettern.
Warum sich so viele Autoren wie verrückt immer wieder neue Krimis ausdenken, ist mir auch schleierhaft! Die Zeitungen sind doch täglich voll mit diesem Zeug.
»Klaus hat das gemeinsame Kind in die Türkei entführt«, stammele ich notgedrungen, als würde ich unter größter Folter endlich mit der Wahrheit rausrücken.
»Was faselst du da? Gemeinsames Kind? Mit wem?«
»Mit Inge …«
»Ich denke, sie ist erst vor ein paar Tagen bei ihm in Schwerte eingezogen? Und das, weil er ja in Urlaub ist«, kratzt er sich am Kopf.
»Der Klaus war aber doch fast vier Monate hier bei uns in Bremen. Auf jeden Fall lange genug, um ein Kind zu zeugen, das er jetzt wohl entführt hat!«
»Warum entführt er das Kind denn in die Türkei?«
Gute Frage! Ich merke, dass mein neuer Krimi noch nicht ganz ausgereift ist.
»Warum entführt er das Kind denn in die Türkei, fragen Sie?«, frage ich und bin jetzt mit dem Kopfkratzen an der Reihe.
»Ja. Warum gerade in die Türkei?«, wiederholt er.
»Weil alle Türken das aus Prinzip immer so machen, meint Kommissar Lück.«
Ich denke, wenn ich Kommissar Lück irgendetwas sagen lasse, bekommt es viel mehr Gewicht.
»Ist Klaus denn Türke?«
»Öhm …Türke … nicht wirklich … aber Stolker!«
»Hammer! Der war also der geheimnisvolle Stolker?«
»Ja, leider! Er hätte selbstverständlich dabei auch Türke sein können. Türke sein schließt nämlich nicht grundsätzlich aus, auch Stolker zu sein … Also, es ist jedenfalls keine dringende Voraussetzung … Aber nicht alle Stolker sind automatisch auch Türken … Das ist ziemlich kompliziert, meint Kommissar Lück.«
Bei Allah, wie komme ich aus diesem Schlamassel wieder raus? Eins ist auf jeden Fall sicher, aus der Zeitung mit den vier Buchstaben werde ich nie wieder Geschichten klauen. Die sind so leicht zu durchschauen.
»Aus welchem Grund hat die Inge Peters denn bei dem Stolker übernachtet, verdammt? Ist die Frau verrückt gewesen? War die lebensmüde?«
»Damit Klaus ihr Kind nicht in die Türkei entführt, meint Kommissar Lück!«
»Die beiden hatten also was laufen? Der Klaus war also der Ex von der Inge, jetzt hab ich es!«
»Ja, Stolker sind meistens die verschmähten Ex-Partner! Man hat es als Frau heutzutage nicht leicht, sage ich Ihnen. Wenn die Frau ›hau ab‹ sagt, drehen die Kerle in den meisten
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