1001 Nachtschichten
pechschwarzen!
»Nein, Eminanim, ich kann nichts dafür! Dass türkische Jungs allesamt zu kleinen größenwahnsinnigen Machos werden, daran sind ausschließlich deren Mütter schuld, die ihre Söhne ganz anders erziehen als ihre Töchter. Das habe ich erst gestern wieder im deutschen Fernsehen gesehen. Zum Beispiel, Mehmet, hast du in deinem Leben jemals das Geschirr abgewaschen? Weißt du überhaupt, wie das geht?«
»Warum sollte ich? Seit meiner Geburt steht da drüben doch eine Spülmaschine, die ist dafür zuständig.«
»Hast du schon mal gestaubsaugt?«
»Warum sollte ich? Seit meiner Geburt haben wir doch einen Staubsauger, der ist dafür zuständig.«
»Siehst du, du weißt nicht mal, dass jemand das Geschirr ein- und ausräumen und den Staubsauger durch die Gegend schieben muss! Du Pascha!«
»Osman, hör doch auf, als wenn du jemals staubsaugen würdest«, steht meine Frau ihrem Sohn zur Seite.
»Siehst du, Eminanim, wie ich eben gesagt habe, dieMütter sind schuld an den vielen kleinen verzogenen türkischen Machos! Du machst Mehmet genauso wie mich!«
»Bin ich etwa auch schuld daran, dass du so bist?«
»Du solltest jedenfalls nicht versuchen, mich zu ändern. Das habe ich nämlich auch erst gestern im Fernsehen gesehen. Dass es ein riesiger Fehler ist, wenn Ehefrauen versuchen, ihre Männer zu ändern!«
»Leute, hört doch endlich auf! Mir reicht völlig, dass ich mit den Frauen schon so viel Stress habe«, brüllt Mehmet.
»Klar, natürlich willst du nicht, dass ich mich mit deiner Mutter verkrache«, brülle ich zurück. »Dreizehn neue Freundinnen sind dir selbstverständlich viel lieber als eine neue Stiefmutter!«
»Also gut, Mutter, lass es uns noch einmal versuchen! Ich lade meine neue Freundin ein«, gibt er nach, da er kapiert hat, dass der Schuh ganz schön teuer ist.
Ach ja … das ist eine türkische Redewendung: merken, dass der Schuh teuer ist. Es heißt, man merkt, dass der Gegner stärker ist und man deshalb einen Rückzieher machen muss. Vielleicht auch, weil einen der Schuh drückt.
»Aber ich warne dich, Mutter! Wenn du dich wieder danebenbenimmst – wirst du die Ingrid niemals wieder sehen!«
Und diese große Prüfung wird für drei Tage später angesetzt. Das heißt, nicht mal am Sonntag werde ich mich zu Hause ein bisschen erholen können! Aber dafür sehr, sehr gut essen!
Freitag, 25. Juni
Mein Meister Viehtreiber kann das jeden Tag: sehr, sehr gut essen, meine ich.
»Also, gibt es bei euch Fortschritte mit der Polizei?«, fragt er, während er sich Vor-, Haupt- und Nachspeise gleichzeitig auf seinen Teller türmt.
»Gestern hat die Polizei brutal meine Wohnung gestürmt. Aber ich weiß nicht, ob ich das Fortschritt nennen darf«, grinse ich frech, als hätte ich
das
Insaiderwissen über den Mordfall Inge Peters.
»Endlich passiert mal wieder was«, knabbert er genüsslich an der stark gewürzten Hammelkeule und lehnt sich erwartungsvoll zurück.
»Als ich gestern nach Hause kam und mich gerade gemütlich auf dem Sofa ausgestreckt hatte, scheuchte mich meine Frau wieder auf und sagte:
›Osman, geh und hol etwas Geld von der Bank, ich will morgen auf dem Wochenmarkt einkaufen!‹
›Wieso hast du mir das nicht etwas früher gesagt? Du siehst doch, es schüttet wie aus Eimern. Ich hab keine Lust, bei dem Regen wieder rauszugehen!‹, protestierte ich energisch, wohl wissend, dass es nichts bringen würde.
›Los, los, nun geh schon, auf dem Gemüsemarkt kannman nicht mit Bankkarte bezahlen‹, sagte sie und versuchte mich energisch nach draußen zu befördern.
›Bei diesem Sauwetter jagt man doch nicht mal einen Hund auf die Straße‹, brüllte ich und versuchte mich verzweifelt an der Kommode festzukrallen. Meistens schaffe ich es, durch diesen Spruch auf meinem Stammplatz vor dem Fernseher liegen zu bleiben, weshalb ich dem ekelhaften norddeutschen Wetter eigentlich zu Dank verpflichtet bin. Mehr noch, ich bin total begeistert, wenn es regnet, donnert und hagelt, als würde rings um Bremen die Welt untergehen. Dann kann ich auch guten Gewissens im Wohnzimmer liegen und es mir vor dem Fernseher gemütlich machen.
›Du Spinner, der Regen hat schon vor fünf Minuten wieder aufgehört‹, sagte meine Frau und schubste mich unsanft hinaus. ›Und hol von der Bank kleine Scheine, hörst du, auf dem Markt hat doch kein Mensch Wechselgeld!‹
Dann schnappte sie mir blitzschnell die Autoschlüssel weg und drückte mir stattdessen die Fahrradschlüssel in
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