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1004 - Das Phantom in der Fremde

1004 - Das Phantom in der Fremde

Titel: 1004 - Das Phantom in der Fremde
Autoren: Jason Dark
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Die leichten Wellenbewegungen nahe der Augen hatten ebenfalls aufgehört, die Flüssigkeit lag wirklich so ruhig da, als wäre sie hingegossen worden.
    War es vorbei?
    Suko konnte es nicht glauben. Er rechnete fest damit, daß noch etwas passierte, und er konzentrierte sich jetzt auf die Oberfläche, die einen seltsamen Glanz erhalten hatte.
    Wieder dachte Suko an die Auflösung des Schattens. Da hatte er schließlich in einen Spiegel schauen und Johns Reise mitverfolgen können. Zumindest einen kleinen Teil davon.
    Und hier?
    Nichts – nur die so ungewöhnlich riechende Flüssigkeit. Kein Dunst oder Nebel, der über dem Gesicht schwebte, aber trotzdem blieb der Vergleich mit einem Spiegel bestehen.
    Suko wollte es genauer wissen. Er beugte sich nach vorn. Auf der Fläche malte sich etwas ab, denn diese Glätte strahlte sie bereits aus.
    Er schaute genauer hin und entdeckte die Umrisse eines Gesichts.
    Es war sein Gesicht.
    Nein, es stimmte nicht.
    Nicht sein Gesicht.
    Ein anderes.
    Suko sah anders aus. Er hatte nicht die hohe Stirn, auch nicht die breiten Züge und ebenfalls nicht diese großen und schon unheimlich wirkenden Augen.
    Es war ein fremdes Gesicht. Eins, das Suko durch die Erzählungen der toten Alischa indirekt bekannt vorkam, und es zeichnete sich in oder auf der Oberfläche ab, wie von einem zitternden dünnen Pinsel gemalt.
    Das Gesicht eines längst Verstorbenen, dessen Blut, dessen Gene die Frau namens Alischa unter seine Kontrolle gebracht hatten. »Lalibela«, flüsterte Suko nur…
    ***
    Die Tür war wieder zugefallen, der Wächter lag wie ein Bündel in der Ecke, und ich wußte, daß er für die nächste Zeit schlafen würde.
    So hatte ich genügend Zeit, um die Kirche zu durchstreifen. Ich fand hoffentlich auch die Gelegenheit, mich der Lade zu nähern, von der ich nichts sah, aber ich befand mich auch an einer nicht eben günstigen Stelle im Hintergrund dieses Bauwerks.
    Das Innere der Kirche war schon gewöhnungsbedürftig. Nicht so sehr vom Umfang und von den Ausmaßen her, es gab da noch andere Gründe, denn an den Säulen und an den Wänden trieben Schwaden wie mächtige Schatten vorbei.
    Kein Nebel, sondern der Weihrauch, der aus den großen Gefäßen drang, die von den Helfern geschwenkt wurden. Ich selbst sah die Männer nicht, denn sie standen an ihren Stellen wie eingenebelt.
    Aber die Wolken fanden ihren Weg durch die Kirche.
    Sie krochen über den Steinboden hinweg. Sie glitten an den Wänden entlang, ohne ein Geräusch abzugeben, sie verteilten sich, als sie in die Höhe und damit der für mich nicht sichtbaren Decke entgegenstiegen, aber sie lösten sich niemals auf, da sie immer wieder Nachschub erhielten, so daß die Gebilde blieben und sich nur in sich selbst veränderten.
    Mich drängte es natürlich, aber trotzdem ließ ich mir Zeit. Die Gewürze und Aromen des Weihrauchs waren für meine Nase mehr als ungewöhnlich. Ich konnte sie ertragen, das schon, aber zuviel wollte ich davon nicht abkriegen.
    Die fremden Ingredienzien waren nicht für Nasen wie meine bestimmt. Das war nicht der Weihrauchgeruch, den ich von katholischen Messen her kannte. Er war anders, er war intensiver, als sollte er das Bewußtsein der Menschen hier verändern und dafür sorgen, daß sie neben der normalen Umgebung noch Bilder sahen, die ihnen vorgegaukelt wurden, als hätten sie ein Rauschmittel eingenommen, das eben diese Phantasiegebilde entstehen ließ.
    Es war nicht zu umgehen, ich mußte diesen Weihrauchnebel einfach einatmen. Der Weihrauchnebel wehte gegen mich, traf meine Kleidung, setzte sich darin fest, so daß ich ihn auch dort roch, und es kam mir manchmal vor, als stiege er sogar aus dem Steinboden der Kirche.
    Es war kühler als draußen. Dennoch brach mir der Schweiß aus. Er klebte an jeder Stelle meines Körpers, und wenn ich ihn wegwischte, drang er sofort wieder aus den Poren.
    Das Gefühl, in einer Sauna zu stecken, verdichtete sich bei mir immer mehr.
    Bisher war ich noch nicht nach vorn gegangen. Es war auch nicht einfach, etwas zu erkennen, da die Schwaden ihre abdeckende und schützende Funktion beibehielten.
    So dauerte es seine Zeit, bis ich so ungefähr das Zentrum herausgefunden hatte.
    Es lag vor mir.
    Wahrscheinlich in der Mitte dieses Rundbaus, wo auch mächtige Säulen standen, von denen ich allerdings nur die verschwommenen Umrisse sah. Allerdings konnte ich erkennen, daß sie ziemlich nah beieinander in die Höhe wuchsen. Die Räume zwischen ihnen waren nicht allzu
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