101 - Gangster in London
keinerlei Anhaltspunkte. Es war in Amerika hergestellt, und Jiggs stellte fest, daß dieser Typ meistens bei den Überfällen der Gangster in Chikago verwendet wurde.
»Das waren die Grünen!« erläuterte er. »Ich meine die Bande, die die grünen Briefe schickt! Nun kommen die Blauen dran... Es bleibt uns die Hoffnung, daß beide Banden aneinandergeraten.«
»Sind Sie tatsächlich davon überzeugt, daß zwei Banden zu gleicher Zeit in London arbeiten?« »Nach meinen Chikagoer Erfahrungen bin ich meiner Sache vollkommen sicher. Die Blauen haben Decadon ermordet, die Grünen sind, meiner Meinung nach, noch smarter. Wie werden sich die Dinge nun weiterentwickeln? Hoffentlich leben wir noch so lange, daß wir es sehen können!«
Eine Untersuchung des Häuserblocks brachte keine weiteren Ergebnisse. Die leere Wohnung wurde von mehreren Agenten angeboten. Keiner hatte einen Schlüssel fortgegeben, aber alle hatten in den letzten Tagen persönlich Interessenten die Wohnung gezeigt. Die letzten, ein Herr und eine Dame, hatten noch am Morgen des Unglückstages die Zimmer besichtigt. »Während sie oben waren und durch die Wohnung gingen«, erklärte Jiggs, »stand die Tür weit auf, und jeder Fremde konnte ungehindert hereinkommen.«
Der Portier erinnerte sich an einen Mann, der einen schweren Koffer getragen hatte. Er hatte ihn angehalten, aber der Fremde erklärte, er solle den Koffer persönlich im obersten Stock abgeben. Das war zur selben Zeit, als der Herr und die Dame die Räume besichtigten. Der Mann war im Lift nach oben gefahren; aber der Portier konnte sich nicht besinnen, ihn später noch einmal gesehen zu haben.
»Da haben wir die Erklärung!« meinte Jiggs. »Es war sehr einfach, die Treppe hinauf- und herunterzugehen, während der Fahrstuhl in Bewegung war. Ebensoleicht konnte man es einrichten, der Beobachtung des Liftführers zu entgehen. Wahrscheinlich waren zwei Mitglieder der Bande in der Wohnung. Einer hatte sich vermutlich schon oben versteckt, bevor das Paar, das die Wohnung besichtigte, wieder ging.« Ganz London wurde in dieser Nacht durchsucht, besonders die Teile der Hauptstadt, in denen die Fremden wohnten. Schießsachverständige prüften das Maschinengewehr. Terry Weston entdeckte bei einer Untersuchung des Unglücksplatzes, daß der Bürgersteig an zwei Stellen weiß markiert war.
»Das hab' ich leider übersehen«, knurrte Jiggs, »und gerade danach hätte ich doch ausschauen sollen! Die Kerle haben die Entfernung gemessen und das Ziel genau markiert. Unglaublich...!«
13
Am nächsten Morgen erhielt Terry einen unerwarteten Anruf von Eddie Tanner:
»Haben Sie vielleicht Zeit, mich mal aufzusuchen? Es handelt sich um eine rein persönliche Angelegenheit. Ich würde gern nach Scotland Yard kommen, aber ich halte das im Augenblick nicht für ratsam.«
Terry folgte der Aufforderung und fand Tanner an dem Schreibtisch, an dem vor kurzem sein Onkel so kaltblütig erschossen worden war.
Eddie rauchte eine Zigarette und hatte eine aufgeschlagene Zeitung vor sich liegen. »Eine böse Sache!« meinte er und zeigte auf die fettgedruckten Zeilen. »Sie müssen zur Zeit sicher allerhand zu tun haben in Scotland Yard?« Terry war ihm nicht gerade freundlich gesinnt, aber selbst jetzt konnte er noch nicht glauben, daß Tanner seinen Onkel an dieser Stelle mitleidlos erschossen hatte. »Möchten Sie mit mir über den Feuerüberfall sprechen?«
»Nein - das geht mich ja gar nichts an!« Eddie schob die Zeitung zur Seite. »Miss Ranger wird in einer halben Stunde kommen, und ich habe die Absicht, sie zu entlassen.« Tanner wartete, aber Terry machte keine Bemerkung.
»Ich habe mir die Sache eingehend überlegt und bin zu der Überzeugung gelangt, daß die Stellung ziemlich gefährlich für sie ist. Einige Stunden nach dem Tod meines Onkels ist sie von einer Bande verschleppt worden, die wahrscheinlich mit den Mördern unter einer Decke steckt oder sogar mit ihnen identisch ist. Der Schreck über dieses Erlebnis hat sie stark mitgenommen. Allem Anschein nach sind die Leute, die für diese Morde verantwortlich sind«, er tippte auf die Zeitung, »mir nicht sonderlich gut gesinnt. Und ich wünsche nicht, daß Miss Ranger noch einmal in eine so unglückliche Lage kommt. Sie sind ein Freund von ihr - wenigstens sind Sie gut mit ihr bekannt, und ich bitte Sie, mir in dieser Angelegenheit zu helfen.«
»In welcher Weise?«
Eddie warf den Rest der Zigarette in eine Vase und steckte sich eine neue an.
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