101 London - Geheimtipps und Top-Ziele
unumstritten – das MI6 Building des britischen Geheimdienstes
Als der Architekt das Gebäude des Geheimdienstes MI6 baute, wusste er nicht, wer hier einziehen würde
In dem Gebäude in Vauxhall Cross ist der internationale britische Geheimdienst seit 1994 ansässig, es dominiert diesen Teil des Themseufers. Die Architektur des Hauses ist umstritten, denn das weitläufige Gebäude mit den gestuften Türmen erscheint etwas zu opulent für eine Organisation, die eigentlich hinter verschlossenen Türen operiert und deren Existenz über lange Jahre von der britischen Regierung sogar geleugnet wurde. Von denen, die in dem Gebäude arbeiten, wird es humorvoll als »Legoland« bezeichnet, da es aus verschiedenen Baublöcken zusammengesetzt ist. Bei der Gestaltung hatte der Architekt Terry Farrell im Jahr 1988 allerdings noch keine Ahnung, wer später hier einziehen würde. Das Areal und das Gebäude waren von der Regierung gekauft und bar bezahlt worden.
Das Glas in den Außenbereichen ist angeblich kugelsicher. Ein weiteres Gerücht besagt, dass von dem Gebäude ein geheimer Verbindungstunnel unter der Themse nach Whitehall zu den Regierungsgebäuden verläuft. Im Jahr 2000 verübte die IRA einen Anschlag auf das Gebäude, bei dem allerdings nur äußerlich Schaden entstand.
Im täglichen Sprachgebrauch hat sich für den Geheimdienst die Bezeichnung MI6 (»Military Intelligence, Section 6«) durchgesetzt. Korrekterweise müsste es allerdings SIS heißen: »Secret Intelligence Service«. Der Geheimdienst für das Innere, MI5 (»Military Intelligence, Section 5«), ist auf der nördlichen Flussseite, nahe der Tate Britain Gallery (s. Kap. 37 ) ansässig. Das GCHQ, »Government Communication Headquarters«, in Cheltenham ging aus der»Government Code and Cypher School« in Bletchley Park hervor. Das ist die Organisation, die im Zweiten Weltkrieg als Codebreaker fungierte, also Nachrichten und Signale der Nazis entschlüsselte. Alle drei Organisationen befanden sich früher unter derselben Leitung.
Die Ursprünge des MI6 gehen zurück auf die Zeit vor dem Zweiten Weltkrieg, als die Imperialmacht in der wachsenden deutschen Kriegsmarine eine Bedrohung für die eigene Vormachtsstellung auf den Weltmeeren sah. Mansfield Smith-Cumming (Codename »C«) wurde im Jahr 1909 der erste Leiter der »Foreign Section of the Secret Service Bureau«, und die ersten Beobachter wurden vor Ort eingeschleust. Von nun an war der Service nie mehr arbeitslos: Nach dem Ersten Weltkrieg richteten sich die Aktionen gegen die Bolschewiken in Russland. Im Zweiten Weltkrieg musste man die Bedrohung durch die Nazis abwehren und dann folgten die langen Jahre des Kalten Krieges. Jahrzehntelang beschäftigten sich MI5 und MI6 mit der Spionageabwehr gegen Agenten der kommunistischen Regime und mit der Gegenspionage. Dies bot den Hintergrund für ein ganzes Genre in Literatur und Film.
Durch die Geschichte hindurch hat es immer wieder Diplomaten gegeben, die eingesetzt wurden, um Bedrohungen von außen abzuwenden und den Plänen von verfeindeten Nationen auf die Schliche zu kommen. Einige Historiker behaupten jedoch, dass die Briten das Berufsbild des modernen Spions erfunden hätten. Die Struktur der Organisation diente als Vorbild nicht nur für den CIA, sondern auch für den israelischen Mossad und sogar für den verfeindeten KGB.
Nur sehr wenige Informationen über die eigentliche Arbeit des MI6 dringen nach außen. Aus diesem Grund ist das meiste, was man über die Organisation hört und liest, das Resultat von Spekulationen, Gerüchten oder Mythen. Der bekannteste fiktive Spion von MI6 ist wohl James Bond aus den Romanen von Ian Fleming und das Gebäude taucht in vielen Bond-Filmen auf, beispielsweise in »Die Welt ist nicht genug« von 1999. Der Chef oder die Chefin der Organisation hat bei Fleming den Codenamen »M«.
Bevor die Organisation in das neue Gebäude nach Vauxhall zog, bewohnte sie verschiedene andere Adressen in London: 1909 hatte man nur ein kleines Büro in der Victoria Street 64 in Westminster. Während des Zweiten Weltkriegs zog man in die Broadway Buildings nahe St. James’s Park. Es gibt das Gerücht, dass im St. James’s Park viele geheime Treffen abgehalten wurden, bei denen Dokumente auf Parkbänken die Eigentümer wechselten. Aufpassen sollte man mit Videoaufnahmen in oder um das Gebäude des MI6 in Vauxhall, denn hierfür muss man vorher beim »Lambeth Council Film Unit« eine offizielle Genehmigung
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