101 - Schiffbrüchige des Universums
sich.
Nie mehr? Nach all den Erfahrungen? Bei dieser unsicheren Zukunft? Trotzdem:
»Wenn es in meiner Macht steht: nie mehr. Ich liebe dich, Aruula. Auch wenn ich dir das viel zu selten sage oder zeige.«
Eine Zeitlang herrschte relative Stille im Cockpit. Aus dem Heck hörten man das Summen des Reaktors, manchmal knackte es im Funkgerät. Bald dehnte sich der endlose Atlantik vor ihnen aus, und die britischen Inseln blieben zurück. »Bve, bye, Britana«, sagte Major Armadie. Nie zuvor hatte ein EWAT sich auf eine derart lange Reise über den Ozean begeben. Jedenfalls keiner, der zurückgekehrt war.
Vier Tage vergingen ohne nennenswerte Zwischenfälle. Sie schliefen, wachten und erholten sich im Acht-Stunden-Rhythmus. Wer nicht las oder Musik hörte in seiner Freizeit, saß vor einem Monitor, der Außenbilder übertrug, und beobachtete Delfiinherden, Waale und das Auf und Ab der Wogen. Der Schwebeflug achtzig Meter über dem Atlantik hatte etwas Erhabenes in seiner Gleichförmigkeit.
Irgendwann dann das Wort, das Matts Adrenalinspiegel in die Höhe jagte: »Land!« Aruula entdeckte die Insel als erste.
Kurz darauf drang Captain Benjamin Rudolphs Stimme aus dem Funkgerät: »Ark VII an Scout I, kommen.« Rudolph steuerte einen der beiden EWATs der Londoner. Jed Stuart flog auf Ark VII mit. Der ehemalige WCA-Angehörige war grimmig entschlossen, seinem ehemaligen Chef unter die Augen zu treten. Immerhin galt er in Washington als Hochverräter. Schien ihn aber nicht zu stören. Matt konnte nur hoffen, dass Jed nichts Unüberlegtes – oder vielmehr Wohlüberlegtes plante. Der ehemals linkische Sprachwissenschaftler hatte sich seit dem Tod seiner Freundin Majela Ncombe dramatisch verändert. Er war härter, ja brutaler geworden. Rücksichtsloser und pragmatischer zugleich.
»Scout eins hört.« Die EWATs der Community Salisbury hießen Scout, die aus London Ark.
»Wir können die erste Insel sehen, ihr auch?«
»O ja, Captain, wir auch.« Gabriel persönlich sprach mit Ark VII. »Lassen Sie uns eine Runde über der Inselgruppe drehen, damit unsere Rechner sich ein Bild machen können. Ich will keine bösen Überraschungen erleben. Colonel Loomer, übernehmen Sie bitte.«
»Aye, Sir.« Colonel Cinderella Loomer, eine hochgewachsene, dunkelhäutige Endsiebzigerin, galt als die erfahrenste Tank-Pilotin der Community London. Sie steuerte Ark IX persönlich. Man hatte ihr das militärische Kommando über das kleine Geschwader gegeben. Der Prime war ihr einziger Vorgesetzter.
Queen Victoria II. war aus Gründen ihrer persönlichen Sicherheit nicht dabei, so wie auch Präsident Hymes dem Treffen fernblieb. Die Verhandlungen waren heikel, das Vertrauen auf beiden Seiten gering.
Colonel Loomer teilte jedem EWAT einen Erkundungskurs zu. Die kleine Flotte trennte sich vorübergehend, um das große Gebiet der Azoren zu überfliegen und wenigstens halbwegs auszukundschaften. Dazu musste jeder Tank mehrere hundert Meilen zurücklegen. Es war früher Vormittag, als Scout I die erste Insel überflog, und es wurde Abend, bis Loomer und Gabriel der Ansicht waren, dass dort unten keine Gefahr drohte.
Dies war nicht die einzige Vorsichtsmaßnahme. Zu den Vorbereitungen auf diese entscheidende Konferenz hatte es für Matthew Drax auch gehört, mit den Hydriten in den Gewässern vor den britischen Inseln Kontakt aufzunehmen.
Zweihundertvierzig Meeresbewohner in sechzig Transportquallen waren ihm zugesagt worden. Quart'ol persönlich wollte sie anführen. Matt war sicher, dass die Verbündeten inzwischen längst die Gewässer rund um die Azoren sicherten. Was die Hydriten versprachen, pflegten sie zu halten.
Auch in der Besetzung der Begleitmannschaft spiegelte sich das Misstrauen gegen die WCA wider: Jeder EWAT – außer dem mit den Delegierten – war mit neun schwer bewaffneten Männern und Frauen der Community-Force besetzt.
Die Delegation aus Washington war noch nicht eingetroffen.
Kein Panzer auf der Insel, keine Wasserfahrzeuge an der Küste.
Im Sonnenuntergang landeten Scout I und Ark IX auf einer Landzunge im Süden von Pico. Ausgedehnte Strände und eine gut überschaubare Dünenlandschaft umgaben die Reisenden hier. Der Wald begann erst dreihundert Meter weiter. Ark VII flog auf den Alto de Pico hinauf, um in 2335 Metern Höhe die Radarsicherung zu übernehmen. Im Sechs-Stunden-Rhythmus würden die anderen beiden Fahrzeuge Rudolphs Crew dort oben ablösen.
Die erste Nacht auf den Azoren brach an, und mit ihr
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