1010 - Der Computermensch
„Boulmeester neigte bisweilen zu einer Eigenwilligkeit in seinem Handeln. Darin ist jedoch kein charakterlicher Mangel zu sehen, sondern vielmehr eine typische Eigenschaft vieler hochspezialisierter Wissenschaftler."
Der Erste Terraner schaltete die Positronik ab.
„Du bist nachdenklich, Perry?"
Der nickte. „Die vorhandenen Computerbrutzellen sind eine latente Gefahr. Das sagte ich schon. Die Experimente zur Entwicklung der Gegenwaffe sind nur wenig ungefährlicher. Daher will ich genau wissen, was geschieht und wo vielleicht Schwachpunkte liegen."
Rhodan stand auf und ging ein paar Schritte auf und ab.
„Weißt du, Tiff", fuhr er fort, „daß etwas nicht stimmt?"
Julian Tifflor schüttelte nur den Kopf.
„Mein Gefühl sagt mir, daß sich etwas zusammenbraut. Meine Ahnungen trügen mich selten. Es war zu lange relativ ruhig geblieben. Irgendwie verträgt sich das nicht mit den Warnungen von ES und seinem Auftrag. Zu deutlich wurde mir Seth-Apophis als die Gefahr vor Augen geführt. Und was ist geschehen? Gut, wir haben hundert oder mehr der geheimnisvollen Agenten dieser Superintelligenz aufgespürt. Wir haben wenig Schaden erlitten."
„Es ist uns nicht gelungen, den geheimnisvollen Mechanismus zu enträtseln, durch den diese Agenten aktiviert und deaktiviert werden", wandte Tifflor ein. „Wir wissen auch nicht mit Sicherheit, ob Seth-Apophis wirklich der Drahtzieher im Hintergrund ist."
„Das ist richtig. Wenn in den letzten 400 Jahren nur wenig geschah, so kann dies auch ganz andere Gründe haben. Auch Seth-Apophis hat Probleme, und ES wird sicher auch die eine oder andere Schutzmaßnahme ergriffen haben."
„Das ändert nichts daran", sagte Tifflor bitter, „daß wir die abgeschalteten Agenten von Seth-Apophis ständig überwachen müssen."
„Auch das ist richtig, aber es besagt wenig über die eigentliche Gefahr. Die geht jetzt und hier von den Computerbrutzellen aus. Ayston, Gruumer und der Asteroid Waldemar waren die Vortests. Mardi-Gras war die Generalprobe. Was kommt jetzt?"
„Wer sagt, daß Seth-Apophis dahintersteckt?"
„Ich." Rhodans Antwort war ungewöhnlich hart. Julian Tifflor erkannte darin den Ernst, mit dem sein Freund die Lage betrachtete.
„Und NATHAN", fügte Rhodan nach einer Weile hinzu.
„Deine grundsätzliche Bedenken teile ich mit dir. Was die wenigen Brutzellen betrifft, die hier auf der Erde sind, so sehe ich darin allerdings keine Gefahr. Boulmeester ist zuverlässig. Sein Team verfügt über 14 Zellen. Sie werden in Behältern aufbewahrt, die aus Terkonitstahlschichten bestehen, die sich mit hochgiftigem Plastotron abwechseln.
Jede einzelne Zelle ist mit ihrem Behälter noch einmal durch Energiesperren von der Außenwelt abgesichert. Die Labors verfügen über alle Schutzmaßnahmen, die wir kennen. Ich frage dich, Perry, was soll da geschehen?"
„Man hat schon Pferde kotzen sehen."
*
„Das ist er."
Adelaie folgte Mortimers Hand, die auf einen Gleiter zeigte, in den der Mann stieg.
Im ersten Augenblick glaubte die Frau, es handle sich um einen Mann. Dann bemerkte sie, daß es sich um den Angehörigen eines nichtmenschlichen Volkes handelte, der aber humanoid war.
„Quiupu", ergänzte der Techniker.
„Der Heuler?"
Mortimer Skand nickte.
Neugierig beobachtete Adelaie die seltsame Erscheinung. Am auffälligsten war das unausgeglichene Verhältnis zwischen Oberkörper und Beinen. Letztere waren im Vergleich mit einem Menschen viel zu kurz und etwas zu dick. An dem überlangen Oberkörper saßen zwei Arme, die wegen ihrer Kürze die gesamte Figur etwas grotesk erscheinen ließen.
Da Quiupu mit dem Rücken zu den beiden Menschen in den Gleiter stieg, konnten sie sein Gesicht nicht erkennen.
„Wo will er hin?" fragte Adelaie. Sie erwartete gar keine Antwort, denn schon aus den Augenwinkeln heraus sah sie, wie ihr Begleiter mit den Schultern zuckte.
„Laß uns gehen", sagte Mortimer Skand und hakte die Frau unter.
Sie liefen schweigend durch die Straßen Terranias.
Adelaie nahm jedes Detail begierig in sich auf. Auf ihrer Heimatwelt hatte man noch sehr altertümlich gebaut. Gebäude reihte sich an Gebäude. Dazwischen gab es Straßen mit dichtem Verkehr auf dem Boden und in der Luft.
Hier in Terrania war alles anders.
Die Häuser waren um ein Vielfaches höher. Durchschnittlich 150 Stockwerke, schätzte sie. Jedes mit drei oder vier Wohneinheiten, die sich wie verdickte Äste aus dem mächtigen Stamm des Zentralbaums heraus zur Seite
Weitere Kostenlose Bücher