1011 - Angriff der Brutzellen
Polizeizelle. Ich habe sie vorbehandelt. Sie muß funktionieren." Plötzlich stöhnte Adelaie auf. Im gleichen Augenblick veränderten sich die Farbe und die Form des Zellcomputers. Das Gebilde pulsierte in irisierenden Farben und schrumpfte langsam auf einen hellbraunen Fleck zusammen. Quiupu führte mehrere Messungen an Adelaies Körper durch, während sie zusammengesackt in dem Stuhl hing. Ihre Augen waren halb geöffnet und verfolgten wie in Trance das Geschehen.
„Es klappt, Adelaie", sagte Quiupu. „Das Subsystem ist vernichtet. Die restliche Reinigung besorgt dein Blut. Wahrscheinlich wirst du dich noch etwas schwach fühlen, aber das wird sich schnell legen."
„Ich bin müde", stöhnte sie leise.
„Aber gesund." Quiupu verabreichte ihr ein Stärkungsmittel.
Schon fünf Minuten später war sie wieder obenauf.
„So, Adelaie", sagte er. „Jetzt müßte jeder Zwang von dir abgefallen sein. Ich muß alles wissen, was du über Boulmeester weißt. Wir müssen ihn daran hindern, zum Mond zu gehen und seine Brutzellen über NATHAN auszustreuen."
Sie nickte. Nach einem Blick auf ihre Uhr stand sie auf.
„Ich muß sofort mit Boulmeester sprechen, bevor es zu spät ist. Wo hast du einen Info-Anschluß?"
Quiupu deutete auf das Gerät, das in einer Ecke des Labors stand.
Adelaie stellte sich so dicht vor das Gerät, daß die Aufnahmeoptik nur sie erfassen konnte. Dann wählte sie eine Nummer.
„Zimmer 44", sagte sie, als der Kopf einer Frau auf dem Schirm erschien. Dann sah sie Boulmeester.
„Marcel, es hat nicht ganz geklappt. Der Transmitter wurde für eine wichtige Regierungssache blockiert. Ich bemühe mich um einen neuen Termin. Warte bitte dort ab, bis ich mich wieder melde."
Marcel Boulmeester war mißtrauisch.
„Ist sonst alles in Ordnung?" fragte er.
„Ja, natürlich. Ich melde mich wieder. Am besten verhältst du dich solange ruhig."
Er wollte noch einen Einwand bringen, aber sie unterbrach die Verbindung.
„Wo steckt der Mann?" fragte Quiupu.
„In einem kleinen Hotel im Erholungspark Nord", antwortete sie. „Ich führe dich hin."
Quiupu nickte. „Mein Gleiter ist startbereit. Ich muß noch ein paar Sachen mitnehmen."
Adelaie vertraute dem Fremdling vollkommen. Sie empfand sogar neben tiefer Dankbarkeit echte Sympathie für ihn.
Fünf Minuten später waren sie unterwegs.
4.
Marcel Boulmeester lag ausgestreckt auf dem einfachen Bett. Seine Gedanken ruhten vollkommen, obwohl seine Augen weit geöffnet waren.
Marcel Boulmeester besaß keine eigenen Gedanken mehr. Sein Gehirn befand sich ebenso unter der vollständigen Kontrolle des Verbunds der Computerbrutzellen wie alle anderen Körperfunktionen.
Die Metamorphose war vollzogen.
Nur sein äußeres Erscheinungsbild erinnerte noch daran, daß dies ein Mensch war.
Unter der Haut existierten noch die notwendigen Muskelstränge, um den Körper zu bewegen. Die Kontrolle der Bewegungen lag nicht mehr bei seinem Geist.
Er verspürte weder Hunger noch Müdigkeit, denn diese Gefühle, die das Vorhaben der Computerbrutzellen gestört hätten, waren ausgeschaltet worden.
Marcel Boulmeester war nur noch biologische Positronik. Seine Sinnesorgane lieferten die Informationen zur Zentraleinheit des Computerverbunds, und der setzte sie in Maßnahmen um oder leitete sie an die Subsysteme weiter.
Die Logikeinheit, in der das Kernprogramm für die nächsten Schritte erarbeitet worden war, kam in keiner Sekunde zur Ruhe. Alle Möglichkeiten und Eventualitäten, die den Plan des Fünften Boten gefährden konnten, wurden durchgeprüft und gegebenenfalls den Erfordernissen angepaßt.
Das Notsystem, das die Funktion einer internen Überwachung des Fünften Boten erfüllte, hatte seine Fühler in allen Subsystemen. Allein im Notsystem war die Ursprungsprogrammierung noch in unveränderter Form vorhanden.
Der Energiehaushalt des Fünften Boten erforderte einen beträchtlichen Aufwand. Eine Nachschubquelle von außen gab es nicht. Das Energiesystem, das sich in der Magengrube seinen Platz gesucht hatte, formte beständig die Substanz des Trägers um und führte die gewonnene Energie den Subsystemen zu.
So begann der Körper Marcel Boulmeesters sich nach und nach selbst zu verzehren.
Der Mensch Boulmeester existierte nicht mehr. So konnte er die Vorgänge nicht einmal erahnen. Von dem ursprünglichen Gehirn waren nur noch die Sektionen vorhanden, die der Fünfte Bote benötigte, um Informationen zu gewinnen. Aber schon bald würde er
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