1011 - Angriff der Brutzellen
Bote. „Ich habe keine Zeit, sie unter meine Kontrolle zu bringen. Antworte du!"
Klar, daß sie nur auf mich hörte, dachte ich. Und dann: er steht unter Zeitdruck.
Aber die Gefahr, daß er seine Zellen ausstreute und damit alles unter seine Kontrolle brachte, war auch da. Ich mußte handeln.
„Positronik", sagte ich laut. „Haben wir ein Raumschiff in der Station oder eine andere Möglichkeit, um diesen Mann zum Mond zu bringen, damit er NATHAN manipulieren kann?"
Ich konnte nur hoffen, daß der Fünfte Bote mein übles Spiel nicht sofort durchschaute.
Andererseits wußte ich, daß ich mich auf die Stationspositronik verlassen konnte, solange sie nicht unter dem Einfluß des Computermenschen stand.
Es gibt kein Raumschiff", antwortete die Positronik. „Aber ich erinnere an den zweiten Transmitter im untersten Geschoß."
Das war eine glatte Lüge, aber in mir jubelte das Herz. Quiupus entsetzten Blick übersah ich. Ich wußte allein, daß es keinen zweiten Transmitter im OUTPOST4271 gab.
Den Plan der Positronik durchschaute ich schnell.
„Danke, Positronik", antwortete ich ihr. „Das ändert aber nichts daran, daß ich dir Eins-Alpha-Eins befehlen muß."
„Nach dem, was ich gehört habe", antwortete der Computer, „mußte ich mir diesen Befehl schon selbst geben. Ich führe ihn jetzt aus. In Ordnung?"
„Ja", sagte ich schlicht und einfach. Das entsetzte Gesicht des Fünften Boten ignorierte ich.
„Was geht jetzt schon wieder vor?" brüllte er los.
„Nichts Besonderes, Fünfter Bote." Meine ruhige Stimme mußte auch diesen Computermenschen zur Weißglut treiben. „Wirklich nichts Besonderes."
Es gab eine erneute Detonation. Aus mehreren Geräten und Einrichtungen quollen Rauchschwaden.
„Schön langsam muß ich die ganze Station opfern", sagte ich zu Quiupu. „Die Positronik ist gewesen. Auch alle wichtigen Untersysteme sind den Weg zur ewigen Ruhe gegangen."
Der Fünfte Bote trat auf mich zu. Seine Augen funkelten vor Wut.
„Du kannst mich ruhig wieder bewußtlos schlagen", sagte ich frech. „Dann sitzt du nämlich total in der Falle."
Er ließ die gehobene Hand wieder sinken.
„Was ist mit dem zweiten Transmitter?" schrie er mich an. Ich freute mich, daß der Computermensch immer mehr die Übersicht verlor. Das erhöhte meine Chancen.
Mein erstes Ziel war, wieder mehr Handlungsfreiheit zu bekommen. Dazu war erforderlich, daß er mir die Fesseln abnahm. Die gute alte Positronik hatte mir den entscheidenden Fingerzeig gegeben.
„Er steht im untersten Deck", antwortete ich. „Er läßt sich auch ohne die zentrale Positronik schalten. Du kommst aber nicht in den Raum, weil er durch ein Sicherheitsschloß verriegelt ist, das nur auf ein Kodewort und auf meine persönliche Gehirnwellenstrahlung anspricht."
„Ich warne dich vor irgendwelchen Tricks", sagte der Fünfte Bote.
Er trat auf mich zu und begann, meine Fesseln zu lösen.
„Die biologische Einheit namens Deininger hat eingesehen, daß jeder Widerstand zwecklos ist." Ich sagte das mit einem Ton der Selbstverständlichkeit. Quiupu blickte mich staunend an.
Ich mußte mich in eine Ecke stellen, nachdem der Fünfte Bote meine Fesseln gelöst hatte. Dann befreite er auch Quiupu.
„Ihr kommt beide mit", ordnete er an. „Zeige mir den zweiten Transmitter."
Ich schwieg und schwang mich in den Antigravschacht. Der Fünfte Bote und Quiupu folgten mir.
Wir glitten hinab auf die unterste Sohle. Hier waren die Schwerkraftaggregate untergebracht. Darunter herrschte praktisch Schwerelosigkeit. Ohne diese konnte der Deiny-Pilz nicht gedeihen.
Ich behielt meine Kenntnisse über diesen Abschnitt der Station natürlich für mich.
Auch erwähnte ich mit keinem Wort, daß das Luftgemisch in der Pilzplantage für normale Menschen schädlich war.
Das Problem war, daß eigentlich keiner meiner beiden Besucher ein normaler Mensch war. Quiupu war ein Extraterrestier, das war offensichtlich. Er atmete zwar die gleiche Luft wie die Menschen, aber daraus konnte ich nicht unbedingt folgern, wie er auf das Pilzgas reagieren würde. Der Fünfte Bote war einmal ein Mensch gewesen, der Wissenschaftler Marcel Boulmeester, wie Quiupu mir gesagt hatte. Seine Körperfunktionen waren von den Computerbrutzellen übernommen worden. Welche Folgerungen sich daraus für seine Atmung ergaben, entzog sich auch meiner Kenntnis.
Mir konnte das Gasgemisch sowieso nichts anhaben. Ich hatte mich im Lauf der Jahre langsam daran gewöhnt. Mein Körper war immun
Weitere Kostenlose Bücher