1011 - Angriff der Brutzellen
Mond", sagte Quiupu.
Der Computermensch starrte den Fremden prüfend an. Das von den Brutzellen ausgehende Mißtrauen spiegelte sich deutlich im Gesicht Boulmeesters wider.
„Keine Tricks, Quiupu."
Ein Anruf des Forschers bei der LFT genügte, und der Transmitter wurde freigegeben.
Die Station arbeitete automatisch. In der Halle, die im ersten Untergeschoß des Wissenschaftszentrums lag, herrschte gedämpftes Licht. Außer Quiupu und Boulmeester war niemand anwesend.
„Ich werde die Positionierung überprüfen", sagte Quiupu.
Er ging zu der Schalttafel des Transmitters.
„Eine Überprüfung ist nicht erforderlich", meldete die weibliche Stimme einer Positronik. „Der Transfer zum Mond ist freigegeben."
Mit einer kaum sichtbaren Bewegung fuhr Quiupus Hand über die Konsole. Im gleichen Augenblick schwieg die Positronik.
„Es ist alles fertig, Fünfter Bote", sagte Quiupu. „Damit kann ich mich von dir verabschieden."
Marcel Boulmeester schritt auf den Torbogen des Transmitters zu. Für einen erneuten Augenblick war Quiupu nicht direkt in seinem Blickfeld. Wieder fuhr seine Hand in einer blitzschnellen Bewegung über die Tastatur. Mehrere Warnlichter leuchteten auf.
„Du mußt dich beeilen", rief er dem Computermenschen zu.
Boulmeester blieb stehen und drehte sich um.
„Der Fünfte Bote will, daß du mich begleitest."
Als Quiupu zögerte, sprang Boulmeester auf ihn zu und packte ihn am Oberarm. Der kräftige Griff erlaubte keine Gegenwehr.
Quiupu wurde auf den Transmittereingang zugezerrt.
„Es hat keinen Sinn, sich zu wehren." In Boulmeesters Stimme schwang ein überheblicher Ton mit.
Der Forscher wollte sich losreißen, denn er wußte, daß sie niemals auf dem Mond ankommen würden. Er hatte die Zielkoordinaten so verstellt, daß die Reise irgendwo im Nichts enden mußte.
Wenn er Boulmeester begleiten würde, wäre er genauso verloren wie dieser.
„Du brauchst um dein kümmerliches Leben nicht zu zittern", fuhr Boulmeester fort. Er öffnete seine freie Hand. Mitten in der Handfläche war eine kleine Wunde aufgeplatzt.
„Eine Schleuse", erklärte der Computermensch. „Sieh hinüber zur Schalttafel."
Die Warnlichter waren erloschen. Alle Systeme standen auf Grün. Auch die Positronik, die Quiupu abgeschaltet hatte, meldete sich wieder.
„Alles klar zum Transfer."
Quiupu fiel es wie Schuppen von den Augen. Der Fünfte Bote hatte sein Spiel durchschaut. Er hatte ein paar seiner beweglichen Computerbrutzellen freigesetzt. Eine Schleuse hatte er die kleine Wunde genannt. Durch sie verließen die Winzlinge den Körper und stürzten sich auf die Positronik des Transmitters.
Boulmeester (oder der Fünfte Bote) schien Zeit zu haben. Erst nach über einer Minute sagte er höhnisch zu dem Forscher: „Das Subsystem ist zurückgekommen. Der Transmitter ist jetzt wieder auf den Mond gerichtet. Es kann losgehen."
Als sich der Transmitterbogen fast geräuschlos aufbaute, lockerte er für einen Moment den festen Griff.
In seiner Verzweiflung riß Quiupu eines seiner Geräte aus dem Gürtel und schleuderte es auf die Konsole des Bedienfelds.
Im gleichen Augenblick verschwand die Umgebung.
Der Fluch des Fünften Boten verhallte im Nichts.
*
Also, das war ein Ding, das kann ich euch sagen. Diesen Tag werde ich in meinem ganzen Leben nicht vergessen. Ich glaube, es war der 12. September 424. Um ein oder zwei Tage kann ich mich aber auch täuschen. Egal, spielt keine Rolle.
Am Vortag war meine Ration per Transmitter von Terra gekommen. Ich hatte schon alles ordentlich verstaut. Das mache ich immer direkt, denn man kann nie wissen, ob nicht doch jemand kommt. In den letzten acht Jahren war allerdings niemand hier gewesen.
Im HQ meinten die immer, ich sei ein komischer Kauz. Das ist natürlich kompletter Unsinn. Ich war immer gewissenhaft und habe meinen Dienst nie vernachlässigt. Viel zu tun gab es eigentlich nie. Um so besser, so hatte ich genügend Zeit für meine Pilze.
An diesem Tag also passierte es. Ich war gerade auf meinem täglichen Kontrollgang durch die ganze Station. Tief unten, dicht über der Ebene, in der das künstliche Schwerkraftfeld erzeugt wurde, lagen die Kraftwerke. Es war alles in bester Ordnung.
Plötzlich summte mein Armband. Die Kombinationszahl, die aufleuchtete, kannte ich gut genug. Der Transmitter hatte sich durch einen Fernimpuls eingeschaltet.
Doch ein unangemeldeter Besuch? überlegte ich. Oder eine Störung im System?
Vorsicht ist das oberste Gebot
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