1014 - Der Seelenkompaß
Schläge hatten ausgereicht, um den Hundesohn zu Boden zu strecken.
Jane hatte eine kurze, schlimme Zeit durchlitten, aber endlich geriet Bewegung in den Fall.
Ich nahm Warrens Pistole an mich und schaute durch die offene Tür in das Bad, wo Jane sich aufrappelte. Sie stöhnte, denn Warren war grob mit ihr umgegangen. »Packst du es?« fragte ich.
»Sicher.«
»Und dann?«
»Kümmern wir uns um Warren.«
»Das mache ich.«
Zweimal war der Kerl getroffen worden. Beide Treffer hatten ihn ziemlich groggy gemacht. Er lag noch immer auf dem Boden, stöhnte und hielt sich mal den Nacken, dann wieder den rechten Arm.
Aber er traf keinerlei Anstalten, aufzustehen.
Ich wollte nicht, daß der Teppich zu seinem Bett wurde, deshalb packte ich ihn am Mantelkragen, zerrte ihn hoch und schleifte ihn so weit, daß ich ihn in einen Sessel schleudern konnte, wo er noch nachfederte und dann hockenblieb.
Ich fand meinen Platz auf der Lehne eines anderen Sessels. Aus dem Augenwinkel nahm ich wahr, daß Jane an mir vorbeischlich. Sie ging etwas gekrümmt, und ihr Ziel war das Schlafzimmer, wo sie sich etwas überziehen wollte.
Die Augen des Mannes glänzten, als hätte jemand Wasser hineingeträufelt. »Kommen wir zur Sache«, sagte ich. »Was haben Sie hier von mir gewollt? Warum sind Sie in die Wohnung eingedrungen?«
»Ich wollte Geld. Ich bin blank. Manchmal klappt es, manchmal nicht.«
»Und das soll ich Ihnen glauben?«
Ich lachte. »Ein ehemaliger Kollege will seine Rente aufbessern. Für wie dämlich halten Sie mich eigentlich, Warren?«
»Es stimmt aber!«
»Reden Sie keinen Quatsch, verdammt. Was haben Sie wirklich gewollt?«
»Geld!«
»Gut«, sagte ich und war froh, daß Jane wieder zurückkehrte. Sie trug meine Kleidung, die ihr zwar zu groß war, aber sie hatte die Hosenbeine hochgekrempelt, und mein Hemd hing ihr über den Bund bis zu den Hüften.
»Er heißt Phil Warren, Jane. Tu mir den Gefallen und ruf beim Yard an, ob dort ein Warren bekannt ist.«
»Den Anruf können Sie sich sparen. Ich war mal ein Bulle.«
»Sehr gut, und jetzt sind Sie ein Verbrecher, er kommt, um nachzuschauen, ob sich seine Pläne erfüllt haben.«
»Wieso denn das?« Er konnte sogar wieder grinsen. »Welche Pläne denn, Sinclair?«
»Ihre, zum Beispiel. Oder die Pläne derjenigen, die hinter Ihnen stehen.«
»Hinter mir ist keiner.«
»Das weiß ich. Aber ich will mich konkreter ausdrücken. Ich hörte etwas von einem Seelenfänger oder Seelenräuber. Liege ich da richtig, Mr. Warren?«
»Ich weiß es nicht.«
Er log, daß sich die Balken bogen, das war ihm anzusehen. »Sie kennen sich also nicht in altägyptischer Mythologie, aus?«
»Was ist denn das?«
»Ich habe erst vor kurzem Besuch bekommen. Es ist mir auch egal, wie Sie es geschafft haben, in dieses Haus einzudringen, Warren, aber ich will wissen, was hier läuft. Sind Sie eigentlich sehr überrascht gewesen, als sie mich lebend antrafen?«
»Wieso?«
»Bei Silas war es anders. Er ist tot. Ich aber lebe. Das sollte Ihnen zu denken geben.«
»Warum?«
»Fragen Sie sich nicht nach dem Grund?« Ich ließ ihn noch schmoren. »Sie, Warren, sind sicherlich nur hier aufgetaucht, um sich von einer bestimmten Sache zu überzeugen. Die hat nicht gepaßt. Pech für Sie, Mister, denn es gibt Menschen, die sich auch gegen heimtückische Angriffe wehren können.«
»Was soll denn der Mist?«
»Hiermit, zum Beispiel«, sagte ich, zog mit der freien Hand an der Kette und holte das Kreuz hervor.
Er sah es.
Er starrte es an. Aber er tat nichts.
Zunächst nichts. Bis er den Blick senkte, um jedes Detail wahrzunehmen. Warren versteifte, als er plötzlich das Ankh sah. Nur für einen Moment, aber ich hatte es mitbekommen.
»Was ist?«
»Nichts.«
Jane meldete sich. »Er hat das Henkelkreuz gesehen, und es muß ihm verdammt sauer aufgestoßen sein.«
»Ja, das denke ich auch.« Ich wandte mich wieder an Warren. »Das Ankh ist verdammt wichtig. Es hat mir das Leben gerettet, das wollte ich Ihnen nur sagen. Sie haben den Weg zu uns vergebens gemacht, denn tot bin ich nicht. Nicht jeder heißt Larry Silas.«
»Kenne ich nicht.«
»Ich weiß, Sie lügen schlecht.« Ich räusperte mich. »Kommen wir mal auf das Wesentliche zurück, Mr. Warren. Sie sind in meine Wohnung eingedrungen, haben eine Bekannte von mir mit der Waffe bedroht und wollten sie sogar umbringen. Mich wahrscheinlich ebenfalls, was nicht gelang. Wie Sie selbst als ehemaliger Polizist wissen, war es ein
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