1017 - Auf den Spuren der Bruderschaft
sein einziger Verbündeter. In der Finsternis war er nur eine von zahllosen Gestalten, deren Züge man nicht so genau erkennen konnte. Die grellen Lampen in der Nähe des Stadtzentrums mußte er meiden. Aber es mußte Seitenstraßen geben, in denen die Beleuchtung schwach war. Dorthin würde er sich wenden.
An einsam gelegenen Häusern vorbei gelangte er zu einer Straße, die in südnördlicher Richtung verlief und offenbar die Verbindung zwischen Gruda und dem Raumhafen herstellte. Sie besaß mehrere funkgesteuerte Fahrbahnen, auf denen reger Fahrzeugverkehr in beide Richtungen glitt. Der am häufigsten vorkommende Fahrzeugtyp war ein kantig gebauter Gleiter, in dem nach Surfos Schätzung fünf bis sechs erwachsene Kranen Platz fanden.
Er überquerte die Straße auf einer kleinen Fußgängerbrücke. Sie war mit Lampen ausgestattet. Jedes Mal, bevor er sich in den Lichtkreis einer Lampe wagte, vergewisserte er sich, daß ihm niemand entgegenkam. Im Halbdunkel zwischen jeweils zwei Lampen begegnete er ein paar nächtlichen Fußgängern, zumeist Kranen. Sie nahmen keine Notiz von ihm.
Während er sich weiter in Richtung Stadtmitte vorarbeitete, prägte er sich Einzelheiten der Umgebung ein, an denen er sich auf dem Rückweg orientieren konnte. Er war erstaunt, wie leicht ihm das fiel. Der Doppelspoodie stärkte nicht nur sein Denkvermögen, sondern auch sein Gedächtnis.
Er gelangte schließlich in eine Gegend, in der die Straßen eng und schmutzig waren.
Wesen aller Arten bewegten sich hier im flackernden Licht grellbunter Leuchtzeichen, die an den Häuserwänden hingen und Dienstleistungen aller Art anboten. Ein unbeschreiblicher Geruch lag in der Luft. Surfo stieß auf einen mit brackigöligem Wasser gefüllten Kanal. Er erinnerte sich an Killsoffers Beschreibung. Ungeachtet der Berge im Süden lag die Stadt Gruda nur wenige Meter über dem Meeresspiegel. Ein gut Teil des Bodens war sumpfig. Ein Fluß, der Torstyl, bahnte sich seinen Weg mitten durch die Stadt und strömte durch das langgestreckte Gruda-Tal dem Meer zu. Killsoffer hatte davon gesprochen, daß es in Gruda eine große Zahl von Kanälen gebe, deren Funktion darin bestand, überflüssiges Grundwasser aufzunehmen. Sie standen mit dem Fluß in Verbindung und bildeten somit zusätzliche Transportstraßen, auf denen sich ein beachtlicher Bootsverkehr abwickelte.
Am Ufer des Kanals lag ein Stapel langgestreckter Plastikrohre. In seinem Schatten ließ Surfo sich nieder und beobachtete das Treiben, das sich vor ihm abspielte. Die unebene, schmutzige Straße zwischen dem Kanal und den buntbeleuchteten Fassaden war zwölf Meter breit. Es gab hier keine Fahrzeuge, nur Fußgängerverkehr. Aus offenen Fenstern und Türen plärrte Musik, eine schrille Kakophonie von kranischen, prodheimischen und tartischen Weisen, von denen die eine die andere an Lautstärke zu überbieten trachtete.
Ein Wirrwarr von Gestalten ging, stolzierte, wankte, torkelte im Glanz der leuchtenden, flackernden Reklamen. Ein betrunkener Prodheimer-Fenke taumelte durch den bogenförmigen Eingang eines Bordells, an dessen Fassade ein grellbuntes Leuchtbild zum Ausdruck brachte, daß man hier in der Hauptsache auf kranische Sehnsüchte eingestellt war. Ein paar Sekunden später kam der Betrunkene wieder zum Vorschein, wie vorn Katapult geschnellt. Wenige Meter von Surfo entfernt stürzte er zu Boden. Zehn Sekunden lang blieb er benommen liegen. Dann raffte er sich auf, schüttelte den Kopf und trollte sich davon.
Eine vermummte Gestalt erregte Surfos Aufmerksamkeit. Sie war etwa von seiner Größe und in einen dunklen Umhang gehüllt, der keine Einzelheiten des Körperbaus erkennen ließ. Den Schädel des Fremden bedeckte eine Kapuze, die weit nach vorne gezogen war, so daß das Gesicht völlig im Dunkeln lag. Surfo beobachtete, wie die Gestalt hin und wieder stehenblieb und auf einen Passanten einsprach. Die Reaktionen waren verschieden. Einer der Angesprochenen, ein Krane, hob wütend den Arm und machte Anstalten, auf den Vermummten einzudreschen. Dieser wich behände aus und verlor sich in der Menge. Andere reagierten überhaupt nicht, und wiederum andere blieben stehen, um dem Fremden zu antworten. Manchmal gaben sie ihm etwas, wahrscheinlich Geld.
Es gab mehrere solcher Gestalten. Surfo hielt sie für Bettler. Die Vermummung war offenbar ein Zunftgewand. Ein solches Gewand hätte ihm die Möglichkeit gegeben, sich unauffällig in der Menge zu bewegen. Aber wie sollte er es sich
Weitere Kostenlose Bücher