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1017 - Auf den Spuren der Bruderschaft

Titel: 1017 - Auf den Spuren der Bruderschaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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beschaffen? Es gab nur einen Weg, und der behagte ihm nicht. Ein paar Minuten lang rang er mit seinem Gewissen, dann war ihm klar, daß er die Wahl hatte, entweder erfolgreich zu sein oder seine moralische Unbeflecktheit zu wahren. Beides zugleich ließ sich nicht erreichen.
    Zur rechten Hand wurde die Häuserwand durch eine Seitenstraße unterbrochen, die den hauptsächlichen Zugang zu dieser Kante des Vergnügungsviertels zu bilden schien.
    Jenseits der Seitenstraße war die Kanalfront still und finster, von ein paar weit auseinanderstehenden Lampen abgesehen. Surfo verfolgte einen der Vermummten mit den Augen und sah ihn an der Mündung der Seitenstraße vorbeigehen. Sekunden später ließ sich Surfo ins Wasser gleiten und schwamm mit weit ausholenden Stößen dicht an der gemauerten Böschung des Kanals entlang. Als er glaubte, den Vermummten überholt zu haben, zog er sich an der Mauer in die Höhe und sah sich um. Er war weit über sein Ziel hinausgeschossen. Der Bettler kauerte vor einem dunklen Gebäude, das Surfo für eine Lagerhalle hielt. Er konnte nicht sehen, was der Vermummte tat. Vielleicht ruhte er sich aus, vielleicht zählte er Geld. Surfo kletterte vorsichtig aus dem schmutzigen Wasser des Kanals. Das Geräusch der Kneipen und Freudenhäuser war jetzt weit entfernt. Er mußte sich behutsam bewegen, wenn er den Bettler nicht vorzeitig auf sich aufmerksam machen wollte.
    Er huschte in den Schatten der Lagerhäuser. Als er sich dem Vermummten bis auf fünf Meter genähert hatte, sah dieser plötzlich auf. Er bemerkte die finstere Gestalt und schien zu erschrecken.
    „Bedarfst du der Dienste eines Bußbruders?" klang es dumpf in akzentbehaftetem Krandhorjan unter der Kapuze hervor.
    Mit häßlichem Summen entlud sich Surfos Schocker. Der Bettler gab ein halblautes Geräusch von sich und fiel zur Seite.
     
    *
     
    Surfo pfiff vor Überraschung durch die Zähne, als er den dunklen Umhang beiseite schlug und darunter den Körper eines Ai entdeckte. Die Ai waren annähernd humanoide Geschöpfe, im Durchschnitt etwas über zwei Meter groß und besaßen eine gallertartige, teilweise durchsichtige Haut, die ihnen den Spitznamen „die Gläsernen" eingetragen hatte. Ein Ai besaß keinen Mund, sondern eine aufstülpbare Kinntasche, die nur der Nahrungsaufnahme diente. Die Ai besaßen weder Sprache noch Sprachwerkzeuge und verständigten sich untereinander mit Hilfe einer Art optischen Morsealphabets, indem sie gewisse Stellen der Kopfhaut in bestimmtem Rhythmus verfärbten.
    Als des Rätsels Lösung entpuppte sich ein kleines Gerät, das der Ai im Nacken trug und das durch eine dünne Leitung mit einem Stimmengenerator verbunden war, der ihm dicht unter dem Halsansatz auf der Brust hing. Surfo inspizierte beide Instrumente, ohne sie jedoch zu entfernen. Das kleine, flache Kästchen im Nacken spürte offenbar die Nervenströme, die das Gehirn des Ai erzeugte, wenn er etwas sagen wollte. Die entsprechenden Impulse wurden an den Generator weitergeleitet, der sie zu hörbaren Worten umformte. In den beiden Geräten stak eine Menge komplizierter Technik. Wie kam ein Bettler zu solch teuren Dingen? Und warum war der Generator mit schlechtem Krandhorjan programmiert? Warum beherrschte er die Sprache der Kranen nicht akzentfrei?
    Zuviel Fragen, entschied Surfo. Er durchsuchte die Taschen des Umhangs und förderte eine Handvoll Münzen sowie ein Identifizierungsplättchen zutage. Das Plättchen und die Hälfte der Münzen nahm er an sich; den Rest schob er wieder in die Taschen zurück. Der Ai sollte, wenn er wieder zu sich kam, nicht mittellos sein. Und mit Hilfe des Plättchens würde er ihm zu gegebener Zeit wieder zukommen lassen, was er ihm abgenommen hatte.
    Die Vermummung erwies sich als unbequem füllig. Der Ai war eben doch um mehr als eine Kopflänge größer als ein durchschnittlich gewachsener Betschide. Der Saum des kaftanähnlichen Gewands schleifte hinter Surfo her auf dem Boden. Der schwere Stoff heizte ihm ein und trieb ihm den Schweiß aus den Poren. Der Körpergeruch des Ai, der dem Umhang anhaftete, machte ihm das Leben nicht eben leichter. Aber es mußte gehen.
    Nachdem er den Bewußtlosen so bequem wie möglich gebettet hatte, im tiefen Schatten zwischen zwei Lagerhäusern, machte er sich auf den Weg. Auf der anderen Seite, bei den Kneipen und Animierlokalen, ging es womöglich noch turbulenter zu als vorher. Die Nacht war noch jung. Keryan brauchte für eine Umdrehung um die eigene Achse 32

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