102 - Borro, der Zombie
fünf
Kilometer von diesem Hotel entfernt in der Stadt wohnte, am Abend zuvor nicht
nach Hause gekommen war. Er erinnerte sich jedoch, daß der Kellner den Heimweg
angetreten hatte – noch vor dem Abendessen!
Das war merkwürdig.
Es mußte ihm etwas passiert sein.
Der Geschäftsführer rief im Krankenhaus an. Niemand
war eingeliefert worden, auf den die Beschreibung des Kellners paßte. Da Waibu
keine plausible Erklärung für Ambus Verschwinden fand, informierte er die
Polizei. Die versprach, den Dingen auf den Grund zu gehen.
●
Seine Eltern hatten ihm einen englischen Vornamen
gegeben – Bob. Sein afrikanischer Nachname war so kompliziert, daß kein
Europäer ihn aussprechen konnte, und deshalb sprach ihn jeder mit seinem
Vornamen an.
Er war bei der Polizei beschäftigt.
Wie seine Kollegen, so erhielt auch er ein Foto des
verschwundenen Ambu Mangula.
Bob verrichtete zunächst die übliche Routinearbeit,
und wie auch die anderen, fand er erst einmal keine heiße Spur.
Ein Tag verging, ein zweiter.
Im Revier riß man Witze, und einer meinte, daß Ambu
Mangula vielleicht mit einer hellhäutigen Touristin das Weite gesucht habe.
Nach drei Tagen gab es noch immer keine
Erfolgsmeldung. Auch aus der Bevölkerung gingen keine Hinweise ein, und das
erschwerte den Fall zusätzlich. Keiner schien etwas Verdächtiges wahrgenommen
zu haben.
Am fünften Tag erhielt Bob den Auftrag, noch einmal im
Haus bei Missis Mangula vorzusprechen, um ein eingehendes Gespräch mit ihr zu
führen.
Der Polizist war mit einem offenen Jeep unterwegs. Als
er vom Revier aufbrach, war das Wetter noch schön, aber um diese Jahreszeit
mußte man mit kurzen, heftigen Regenschauern rechnen.
Es war später Nachmittag, als er die Innenstadt
passierte.
Buntes Treiben beherrschte die Straßen: Passanten zu
Fuß, auf Rädern, im offenen Wagen. Auf einem freien Platz unter
schattenspendenden Palmen hatte ein Elfenbeinschnitzer seinen Stand aufgebaut.
Viele Schaulustige, besonders Europäer, hatten sich um ihn versammelt.
Wegen des dichten Verkehrs kam Bob nur langsam
vorwärts.
●
Außerhalb Malindis ging die Fahrt aber zügig weiter.
Von Meer her türmten sich Wolkenberge, und es wurde mit einem Mal schneller
dunkel, als es Bob erwartet hatte. Die Wolken schluckten die Sonne, ein kurzer,
heftiger Wind kam auf. Bob gab Gas.
Hinter Malindi, Richtung Mombasa führte die Straße
durch eine flache, steppenartige Landschaft. Der Boden war braunrot. Am
Straßenrand wuchsen lediglich Palmen, einige niedrige Büsche und
Dornengestrüpp.
Das Bild änderte sich nach etwa zehn Kilometern.
Um zu dem abseits gelegenen Dorf zu kommen, in dem die
Familie Mangula wohnte, mußte man die unbefestigte, holprige Seitenstraße
benutzen.
Die Vegetation wurde dichter. Nicht weit von dieser
Straße entfernt lag die Ruinenstadt Gedi, die um 1300 von Arabern gegründet
worden war.
Ambu Mangula hatte diesen Weg täglich zur Arbeit und
nach Hause nehmen müssen.
Das Dorf Mrundoko lag noch einmal gut anderthalb
Kilometer von der Ruinenstadt entfernt.
Es dämmerte. Der Himmel öffnete seine Schleusen, und
ein Wolkenbruch setzte ein.
Bob zog die Schultern zusammen. Der Weg war im Nu
voller Pfützen, und brauner Schlamm spritzte unter den Rädern des Jeeps empor.
Er steuerte den Wagen unter eine Gruppe von rot blühenden Flamboyantbäumen,
aber das Blätterdach bot nicht genügend Schutz.
Es krachte und blitzte, das kurze, heftige Gewitter
zog über die Stadt und war genau über ihm, als er das Auto verließ.
In langen Sätzen jagte er über das nasse Gras auf die
Ruinen und das Dickicht zu, um dort einen besseren Unterschlupf zu finden.
Unter einem Mauervorsprung suchte er eine trockene
Stelle, um hier das Ende des Unwetters abzuwarten. Es konnte nicht lange
dauern.
Das Wasser sprudelte in kleinen Rinnsalen aus dem
gespaltenen Mauerwerk. Sand und Staub wurden mit herausgewaschen. Um der
braunen Brühe, die über seinen Schultern gurgelte auszuweichen, bückte sich
Bob, um tiefer in die durch graue Steine aufgeschichtete Umfassung
einzudringen. Wie ein Muschelgehäuse breitete sich die Steinwand holprig und
ungleichmäßig über ihm aus. Bequemer wäre es gewesen, weiter in die Ruinenstadt
zu gehen, die von vielen Touristen besucht wurde.
Sicher waren auch jetzt noch einige in den Gebäuderesten und den Moscheen.
Bob hielt sich außerhalb der Anlage auf. Hier reichten
noch die Ausläufer des Dschungeldickichts heran. Noch mehr lag wohl
Weitere Kostenlose Bücher