1022 - Der Held von Arxisto
kann nicht mehr rekonstruieren, was in dem Computer vor sich ging, aber die Fakten sind erhalten: Er beschloß, uns zusammenzubringen, damit wir nicht mehr so einsam sind."
„Es ist verrückt!" rief Linde Heafen aus. „Aber ich bin geneigt, dir zu glauben. Der Kontorcomputer als Partnerschaftsvermittler! Der Computer als Kuppler, ich könnte mich totlachen."
„Nicht wahr?"
Und sie begannen beide schallend zu lachen.
„So, das wär's", sagte Hillard schließlich und erhob sich.
„Ja. Danke auch."
„Wofür?"
Eine Weile standen sie einander schweigend gegenüber. Keiner wußte etwas zu sagen.
Als die Stille schließlich unerträglich wurde, riß sich Germo Hillard zusammen.
„Dann gehe ich also."
Und er ging. Allein. Und Linde Heafen blieb allein zurück.
*
„Die Lage hat sich stabilisiert." So einfach ließ sich die Situation in Arxisto-Park zusammenfassen. Es war eine Tatsache. Die meisten der Gebäude des Handelskontors glichen Festungen, in denen sich die Bewohner verbarrikadiert hatten. Der Großteil der Stadt war zwar noch immer von Libellenkriegern belagert, aber das Kontor mitsamt allen wichtigen Anlagen waren fest in den Händen der Hanseleute.
Bestimmt wäre es unter Einsatz aller Mittel gelungen, die Insektenkrieger zu besiegen oder zumindest aus dem verbauten Gebiet zu verjagen. So kampfstark und aggressiv sie auch waren, diese Kriegertugenden wogen letztlich nichts gegen die überlegene Technik der Hanseleute.
Aber jeder Kampf, egal, auf welcher Ebene er geführt wurde, hätte Verluste in den eigenen Reihen zur Folge gehabt. Und das wollte Arger Staball vermeiden. Der Kontorchef hatte angeordnet, sich auf die Verteidigung zu beschränken und allen Kampfhandlungen aus dem Weg zu gehen.
„Wozu unnötige Opfer bringen?" argumentierte er. „Es kann nicht mehr lange dauern, bis die TSUNAMIs eintreffen. Dann wird man uns sagen, wie es weitergeht."
Eine wirklich vernünftige Einstellung.
Aber so dachte Arger Staball erst seit dem Tod von Gwen Corlin - und so gesehen war der Opfergang des „Wilderers" vielleicht doch nicht umsonst gewesen. Wer konnte sagen, wie vielen anderen er das Leben gerettet hatte?
Jedenfalls hatte sich die Kontorführung zur Strategie des Abwartens entschlossen, und die bewährte sich. Die Insektenkrieger rannten vergeblich gegen die Energiesperren und Barrikaden an und dezimierten sich auf diese Weise selbst. Oft genug zerfleischten sie sich auch gegenseitig bei Positionskämpfen. Sie waren Krieger, zum Kämpfen geboren.
Zur Beruhigung der Lage trug jedoch auch die Tatsache bei, daß schon seit Tagen kein Nachschub mehr an Insektenkriegern kam. Überhaupt war es seit jener Nacht vom 19. auf den 20. Oktober zu keinen weiteren Phänomenen mehr gekommen.
Das Leben in Arxisto-Park begann sich allmählich wieder zu normalisieren, wenn auch die Horden der Insektenkrieger die Grenzen steckten.
Askaargud setzte sich wieder mit der Planung für den weiteren Ausbau der Hochstraße auseinander. Germo Hillard ging daran, die durch die hypergenetischen Entladungen entstandenen Schäden im Computernetz zu beheben. Catherc war wieder ganz Verlademeister, der für den Tag X, an dem der Raumhafen wieder für den interstellaren Verkehr freigegeben wurde, zu planen begann.
Und Arger Staball mußte sich wieder in verstärktem Maße mit der Bürgersprecherin Linde Heafen herumschlagen.
Der Alltag war fast wieder nach Arxisto-Park zurückgekehrt, obwohl draußen die Insektenkrieger noch immer ihre Waffen wetzten.
Und trotzdem, in jedem Menschen schlummerte die geheime Angst, daß erneute Schrecken über Arxisto-Park hereinbrechen würden.
ENDE
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