1024 - Bestien aus Satans Garten
Auf ihn hatten es die kleinen Bestien also nicht abgesehen.
Die Haustür war von innen verschlossen, aber der Schlüssel steckte. Mein Weg war frei. Es gab auch keine Außenleuchte, so konnte ich nicht so rasch entdeckt werden. Außerdem hatte ich die Person im Garten und nicht vor dem Haus gesehen.
Ich mußte es umrunden. Nicht zu einfach bei der Dunkelheit, denn das Gelände kannte ich überhaupt nicht. So bewegte sich mich mit langen und auch vorsichtig gesetzten Schritten. Achtete darauf, nirgendwo anzustoßen und hatte auch Glück, daß ich die im Weg stehende Schubkarre im letzten Moment sah und so um sie herumgehen konnte. An der Hausecke blieb ich stehen.
Vor mir lag jetzt der Garten. Tief eingebettet in die nächtliche Dunkelheit und Stille. Kein Summen erreichte meine Ohren. Nur der Wind flüsterte leise um mich herum.
Die Gestalt hatte neben einem Baum gestanden, den aber mußte ich erst suchen, was aus meinem Blickwinkel so gut wie unmöglich war. Ich hätte das Haus besser an der anderen Seite umrundet.
Zurückgehen wollte ich auch nicht. So schob ich mich um die Hausecke herum und streifte dabei einen zusammengerollten Gartenschlauch, der an der Wand hing.
Ich rechnete nach, wo über mir das Fenster meines Zimmers lag. Von dort aus verfolgte ich meine Blickrichtung und stellte mir vor, wo der Baum mit der Gestalt daneben stand.
Ich drehte den Kopf.
Jetzt sah ich ihn auch.
Zwar stand er nicht allein und wurde von anderen Gewächsen umrahmt, aber die helle Gestalt war schon zu erkennen. Sie stand still und bewegte sich trotzdem. Wahrscheinlich spielte der Wind mit der Kleidung. Jetzt konnte ich mir auch vorstellen, daß dort in der Dunkelheit eine weibliche Person wartete.
Auf wen? Auf die kleinen Killer? Oder hatte sie noch etwas anderes vor?
Es wäre optimal gewesen, sie fragen zu können. Dafür mußte ich in ihre Nähe gelangen, und das leider nicht über Gartenwege. Dafür quer durch das Gelände, und das würde nicht lautlos ablaufen, weil es einfach zu viele Hindernisse gab.
Kein Brummen, kein Summen, überhaupt keine fremden Geräusche, die nicht hierher paßten.
Die Gestalt blieb stehen.
Meine Hoffnung wuchs.
Dann aber trat ich auf einen Gegenstand, der unter meinem rechten Fuß zusammenbrach. Wahrscheinlich ein Stück dünnes Holz, und das Geräusch kam mir in der Stille so laut vor wie ein Donnern.
Man mußte es hören.
Es wurde auch gehört.
Plötzlich bewegte sich die helle Gestalt. Sie zuckte herum. Ich glaubte noch, ein Gesicht zu sehen, dann war die Stelle, an der sie gestanden hatte, plötzlich leer.
Nichts mehr.
Ich ärgerte mich über meine eigene Dummheit, lief so schnell wie möglich hin, was mich aber auch nicht weiterbrachte, denn die Gestalt hatte längst das Weite gesucht und war nicht mehr zusehen.
Sie tauchte auch im freien Gelände nicht auf. Sicherlich kannte sie alle Wege und Abkürzungen. Da war sie immer im Vorteil, zudem noch in der Dunkelheit.
Pech gehabt.
Ich machte mich wieder auf den Rückweg, denn es hatte keinen Sinn, die Umgebung abzusuchen.
Die Haustür schloß ich wieder hinter mir ab und stieg die Treppe zu meinem Zimmer hoch. Der Professor schnarchte auch weiterhin, aber Selma war erwacht.
Als ich auf der Mitte der Treppe stand, erreichte mich ihre Stimme. »Mr. Sinclair, Sie waren noch unterwegs?«
Für einen Moment rührte ich mich nicht. Dann drehte ich mich langsam um. »Ja, Mrs. Raspin, ich wollte noch ein wenig frische Luft schnappen, denn ich konnte nicht einschlafen. Mir ging einfach zuviel durch den Kopf, wenn Sie verstehen.«
»Sicher, dafür habe ich Verständnis.«
Ich erzählte ihr nichts von den Vorgängen. Sie schien zudem nichts davon bemerkt zu haben, sonst hätte sie mich darauf angesprochen. Statt dessen wünschte sie mir einen ruhigen Schlaf.
»Danke, Mrs. Raspin, den werde ich jetzt haben. Auch Ihnen eine gute Nacht.«
Wenig später stand ich wieder in meinem Zimmer. Ich hatte etwas Blut verloren, und diese Flecken zeichneten sich auf dem Boden ab. Das waren nur Kleinigkeiten.
Die Schmerzen am Ohr ließen sich ebenfalls ertragen. Ich zog nur die Jacke und die Schuhe aus und legte mich aufs Bett.
Irgendwann schlief ich auch ein.
***
Ein Tag, der düster und verhangen war und so gar nicht zu einem Monat wie dem Juni passen wollte. Die Wolken hatten sich verdichtet und lauerten wie Ungeheuer am Himmel, die nur darauf warteten, ihre Wassermassen entlassen zu können.
Ich hatte mich geduscht und auch nach unten
Weitere Kostenlose Bücher