1026 - Blutige Vergangenheit
sie, und darüber war Suko froh. Aber er wußte nicht, wer in der Dunkelheit jenseits der kleinen Lichtung lauerte und sie unter Kontrolle hielt.
Die Scheinwerfer des BMWs gaben kein Licht mehr. Sie erinnerten nur noch an gläserne Glotzaugen, die in die Dunkelheit starrten. So konnte er auch in der Dunkelheit etwas besser sehen.
Karen hatte die Feuerwehr tatsächlich erreicht, denn unten in Lauder tat sich etwas. Suko sah das verschwommene Licht durch die Luft zucken, er hörte auch die schwach klingenden Echos der Sirenen, aber ein Blick zum Haus zeigte ihm, daß die Feuerwehr dort nicht viel retten konnte.
Er würde auch nicht hinfahren, wenn sie eingetroffen waren. Es war wichtiger, sich um John zu kümmern, alles andere konnte man den Spezialisten überlassen.
Aber wo steckte Sinclair, dieser verdammte Teufel? Schaute er zu, wie das Haus niederbrannte oder hatte er sich in ihre Richtung hinbewegt? Es war möglich. Deshalb waren Sukos Sinne auch zum Zerreißen gespannt. Er hörte nichts, nur die Sirenen der Feuerwehrwagen nahmen an Lautstärke zu.
Aus dem Haus tanzte das Feuer. Es hatte sich sehr schnell ausgebreitet. Sicherlich brannten die Möbel längst, und den Weg in das Obergeschoß hatten die Flammen ebenfalls gefunden; dort waren durch die Hitze ebenfalls die Fenster geplatzt.
Der Anblick machte Suko starr. Er war froh, daß John von diesem Bild verschont blieb. Das war der Zusammenbruch einer Heimat. Er brauchte sich keine Gedanken mehr darüber zu machen, was mit dem Haus geschehen sollte. Vielleicht konnte man es wieder aufbauen. Aber was brachte das schon? Alle Erinnerungsstücke waren dann zu einem Raub der Flammen geworden.
Der Wind trieb den Geruch des Qualms zur Lichtung. Suko roch ihn. Er reizte seine Nase. Es roch nach Tod, nach Vergehen, einem nicht mehr zu rettenden Ende.
Der Streß hatte auch bei Suko etwas nachgelassen. So konnte er sich wieder mehr auf sich selbst konzentrieren. Der zweifache Sprung durch die Flammen war auch an ihm nicht spurlos vorübergegangen. Sein Gesicht brannte, die Hände ebenfalls. Ein paar Haare waren ebenfalls angesengt, und die Augenbrauen waren auch in Mitleidenschaft gezogen worden. Daß an der Kleidung ebenfalls Spuren hinterlassen worden waren, störte ihn nicht weiter. Auch nicht der Geruch des angekohlten Stoffes. Es gab wichtigere Dinge.
Von dem Feuerleger hatte er nichts zu Gesicht bekommen. Aber gab sich jemand wie er mit einem derartigen Erfolg oder Mißerfolg zufrieden?
Eine Frage, auf die es keine Antwort gab. Zumindest nicht momentan. Jetzt war auch John wichtig und nicht mehr das brennende Haus, vor dem die Wagen der Löschmannschaft angehalten hatten und schon erste Wasserstrahlen aus der Spritze in das Gemäuer und in die Flammenzungen hineinrasten.
Eine Teleskopleiter fuhr hoch. Darauf standen zwei Feuerwehrmänner und hielten die Spritzen fest. Gegen die Flammen und den immer dichter werdenden Rauch hoben sie sich nur schattenhaft ab.
Suko drehte sich um. Sein Freund lag noch immer im Wagen. Er bewegte sich nicht. Die Bewußtlosigkeit war tief wie ein Meer. Behutsam holte Suko den Geisterjäger aus dem BMW hervor und bettete ihn ebenso behutsam zu Boden.
Rücklings blieb er liegen. Karen schaute aus dem Fenster. »Man müßte jetzt irgendein Riechsalz haben oder vielleicht einen Whisky. Aber ich habe beides nicht.«
»Tut mir leid, ich auch nicht.«
Der Inspektor kniete sich neben seinen Freund. Mit leichten Schlägen tätschelte er ihm die Wangen. Auch ein Mittel, um ihn aus seinem Zustand hervorzuholen.
Mitten in der Bewegung erstarrte er und vernahm auch den leisen Schrei der Karen Sinclair.
Sie hatte das Spiel der Taschenuhr ebenfalls gehört!
***
Beide bewegten sich nicht. Lauschten nur. Aber Karen bekam eine Gänsehaut, denn sie verband mit diesem Geräusch bestimmte Erinnerungen.
Ping – ping – ping… so klang es durch die Stille, und es schien von allen Seiten zu kommen.
Suko saß noch immer in der Hocke. Er bewegte seinen Kopf und seine Augen so gut wie möglich, aber er konnte nicht in alle Richtungen schauen.
Sinclair, dieser Teufel mit dem falschen Namen, war da. Er lauerte.
Er würde ihnen auch weiterhin auf den Fersen bleiben. Suko hatte die Feuerwehr vergessen. Er versuchte auch, die Laute vom Haus her möglichst zu ignorieren, nur dieses Schlagen der kleinen Taschenuhr war wichtig für ihn.
Ping – ping – ping…
Leise Glockenschläge. Doch in Verbindung mit dem Träger der Uhr kamen sie Suko vor
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