1032 - Baphomets Monster
auch noch schwüler war.
An einem Tisch ließen sie sich nieder. Der Wirt schlurfte müde heran. Mit den Kleidervorschriften nahm er es nicht so genau, denn er trug zur hellen Hose nur ein ärmelloses Unterhemd. Der Schnauzbart hing wie eine dunkle Sichel auf der Oberlippe.
»Was soll ich den Herren bringen?«
»Wasser und Wein!« bestellte Ducroix.
»Weißen oder Roten?«
»Weiß.«
Der Wirt ging wieder und schlug dabei nach einigen Fliegen, die sich in die relative Kühle zurückgezogen hatten. Das Bistro gehörte nicht zu den feinsten Lokalen, aber man bekam etwas zu trinken und auch Kleinigkeiten zu essen, denn an einem anderen Tisch hockten vier Bauarbeiter beisammen und bissen in die gut belegten Baguettes.
Wein und Wasser wurden gebracht. Beide Männer mixten sich die verschiedenen Flüssigkeiten zusammen und prosteten sich zu.
Es war eine Wohltat, die ersten Schlucke zu nehmen. Beide Männer gaben sich dem Gefühl hin und redeten zunächst nichts. Erst als das Wasser und auch der Wein in den Mägen verschwunden waren und eine neue Runde bestellt war, übernahm Ducroix das Wort.
»Du bist sicherlich gespannt darauf, was ich dir zu sagen habe.«
»Stimmt. Einiges weiß ich ja schon. Du hast da von drei Figuren gesprochen, die dir suspekt sind.«
»Das kannst du laut sagen. Drei Figuren an drei verschiedenen Kirchen. Ich würde diese Kunstwerke, und das sind sie, sogar als Dämonen ansehen. Schreckliche Gestalten, monströs, widerlich und auf eine gewisse Art und Weise abstoßend. Jedenfalls für mich. Ich restauriere ja mehr innen als außen, aber diese Figuren konnte ich einfach nicht übersehen. Sie ragen zu weit vor. Sie sind irgendwie beherrschend, und ich habe mich auch kundig gemacht.«
»Du hast von Baphomet gesprochen, wenn ich dich richtig verstanden habe, René?«
»Ja, das hast du.« Der Restaurator mixte wieder Wein und Wasser zusammen. »Aber das ist nicht auf meinem eigenen Mist gewachsen. Ich habe mich erkundigt. Diese Figuren, die aussehen wie Riesenvögel, sollen Zerrbilder des Dämons Baphomet sein. Das habe ich auch geglaubt.« Er nickte vor sich hin. »Es wäre alles noch kein Grund gewesen, dich zu alarmieren, hätte sich nicht dort etwas getan. Und zwar jeweils an den drei verschiedenen alten Kirchen. Ich habe am und auf dem hohen Gemäuer jemand herumturnen sehen.«
Er senkte seine Stimme. »Eine Gestalt, die aussah wie ein riesiger Schatten. Vergleichbar mit einer übergroßen Fledermaus, was sie natürlich nicht war.«
»Sondern?«
»Ein Mensch.«
»Ach.«
»Ja, ein Mensch, der bei Dunkelheit wie eine Gazelle oder Gemse über das Dach der Kirche kletterte und sich der Figur näherte. Ich hielt es zunächst für eine Täuschung, aber als ich genauer nachschaute, da war es Wirklichkeit.«
»Kanntest du ihn?«
Ducroix verzog die Lippen zu einem Lächeln. »Ich weiß nicht einmal, ob es ein Er oder eine Sie gewesen ist. Der Umhang hat das meiste verdeckt, und ein Gesicht konnte ich leider nicht erkennen.«
»Was hat diese Gestalt getan?«
»Sie wollte zu den Figuren.«
»Figuren?«
»Ob du es glaubst oder nicht. Ich sah sie an allen drei Kirchen, die ich zu betreuen habe. Sie liegen ja nicht weit entfernt, sie sind zudem recht baufällig, aber man will sie wieder in Betrieb nehmen, denn sie gehören zum allgemeinen Kulturgut.« Er deutete auf die Getränke. »Mix dir noch was.«
»Langsam, René, ich will nicht, daß mir der Wein in den Kopf steigt. Hast du mir deshalb Bescheid gegeben? Möchtest du, daß ich dir dabei helfe, die Gestalt einzufangen?«
»Das wäre natürlich ideal, Bloch, aber da gibt es noch etwas, das mich stört. Oder das ich als Alibi für meinen Anruf bei dir verwenden kann.«
»Da bin ich gespannt.«
»Das sollst du auch sein. Die alten Kirchen sind zwar normal, aber sie sind es letztendlich doch nicht, denn es sind Rundbauten, Bloch. Verstehst du? Drei Rundbauten, und alle drei liegen in Sichtweite zueinander. Muß ich mehr sagen?«
»Nein, das brauchst du nicht. Dann sind es Templer-Kirchen. Das wolltest du doch sagen, oder?«
»Ja, das ist die Lösung?«
»In Sichtweite, sagtest du?«
»Bei klarem Wetter. Sie liegen in verschiedenen Orten. Man kann, wenn man auf dem Dach einer Kirche steht, auch die beiden anderen sehen. Sie bilden praktisch ein Dreieck. Und an allen dreien existiert die gleiche Figur, die einfach nach vorn überragt. Dieses häßliche Geschöpf. Ein hockender Drachen, als sollte durch ihn das Böse dokumentiert
Weitere Kostenlose Bücher