1034 - Kitas Kettenhund
geschlossenen Kreisen sprechen, und ihr seid in einen dieser Kreise eingedrungen.«
»Sie haben uns hineinkommen lassen«, sagte Suko.
Kita deutete ein Nicken an. »Ja, ja, ich habe euch gesehen, als ihr den Keller betreten habt. Und plötzlich wußte ich, daß genau ihr es seid, die ich suchte. Ja, ihr. Diese Nacht ist wieder eine besondere, das kann ich euch schwören. Es ist die Nacht der Opfer. Mir kam die Idee, zwei Opfer zu spenden.« Sie lächelte. »Es ist wunderbar, denn so kann ich die fremden Welten zufriedenstellen.«
»Wo finden wir sie?«
»Unter uns. Dort liegt der eigentliche Keller. Was ihr hier seht, ist nur Dekoration, aber in der Tiefe, da wartet der Vorhof der Hölle, und ihr habt keine Chance, ihm zu entgehen.« Sie hatte mit einer seidenweichen Stimme gesprochen, und sie konnte sich auch auf die Rückendeckung verlassen, aber meine Antwort irritierte sie.
»Vielleicht sind wir gar nicht so zufällig vorbeigekommen? Vielleicht wollten wir auch deine Hölle kennenlernen, Kita. Hast du dar über schon einmal nachgedacht?«
»Nein, nein!« Ihre Antwort erreichte uns ebenso spontan wie ihr Lachen. »Nein, das ist nicht drin. Das kann man nicht…«
»Wer weiß, Kita.«
Die Frau war von sich so überzeugt, daß sie keine Argumente gelten ließ. »Seid ihr denn Selbstmörder oder lebensmüde?«
»Bestimmt nicht.«
»Ihr könnte nicht gewinnen, und ihr könnt auch nicht mehr weg. Euer Schicksal liegt einzig und allein in meiner Hand. Das müßte euch inzwischen klar sein.«
»Dann laß uns gehen!« forderte Suko.
»Nein, wir fahren.«
Wie sie das gemeint hatte, erfuhren wir wenig später. Zuerst wallten die künstlichen Nebelwolken heran. Geisterhaft und lautlos krochen sie über den Boden hinweg. Sie rochen irgendwie kalt, als sie an unseren Körpern in die Höhe krochen und uns umschlangen wie wallende Kleidungsstücke. Neben mir stand die Bestie. Wenn ich den Blick senkte, dann erfaßte ich das verzerrte Männergesicht. Die Mutation hing noch immer an der Kette. Ich nahm meinen Blick auch nicht von den Augen weg und sah darin den wahnsinnigen Haß leuchten, gepaart mit einer Gier, mich anspringen und zerfetzen zu wollen.
Mensch und Bestie – hier kam beides zusammen und hatte sich zu einem regelrechten Monstrum geformt.
Plötzlich gab es einen Ruck. Suko und ich hatte nicht damit gerechnet. Wir kämpften für einen Moment mit dem Gleichgewicht, das wir aber schnell wiederfanden.
Wie Kita die Mechanik in Bewegung gesetzt hatte, war uns verborgen geblieben. Jedenfalls war dies der Moment, in dem unsere Reise in den Keller begann.
Oder in den Vorhof der Hölle…
***
Es wurde eine reibungslose, glatte Fahrt in die Tiefe. Die Nebelschwaden blieben zurück. Für uns sah es so aus, als würden sie in die Höhe gezogen, während wir in gleichbleibendem Tempo nach unten glitten.
Obwohl es keinerlei Erschütterungen gab, hatten wir uns breitbeinig hingestellt. Mit irgendwelchen Überraschungen mußte man immer rechnen. Kita allerdings nicht. Sie war derartige Fahrten in ihr Reich gewohnt und stand locker da. Weder sie noch die Bestie ließen uns aus der Kontrolle. Zwei unterschiedliche Augenpaare bewachten uns scharf.
Es veränderte sich nicht nur die Umgebung, sondern auch der Geruch. Die typische Kneipenluft verschwand wie von einem Sog weggezerrt. Es wurde kühl, beinahe kalt, und es roch auch feucht. Wir glitten in ein klammes Gefängnis hinein, das für Kita so etwas wie der Vorhof zur Hölle war.
Immer wenn sie diesen Vergleich benutzte, hatte sie besonders das Wort Hölle betont. Da hatte dann ein Triumph in ihrer Stimme gelegen, der wirklich nicht überhört werden konnte. So wie sie es ausgesprochen hatte, mußte sie voll und ganz darauf setzen.
Hölle? Das bedeutete der Überlieferung nach auch Teufel, auch Asmodis oder Satan genannt. Eine von vielen Bezeichnungen für den Höllenherrscher, der zu meinen absoluten Todfeinden zählte.
Der Teufel war immer existent gewesen. Schon zu Anfang der Menschheitsgeschichte hatte es ihn gegeben, nur war er später von den Menschen konkretisiert worden. Man mußte etwas haben, nach dem man sich richten konnte. Deshalb bauten sich die Menschen ein Bild vom Teufel auf. So wurde dieser bocksfüßige Geselle erfunden mit der breiten Stirn, aus der die zwei Hörner hervorwuchsen, der einen Schwanz trug, und dessen Körper mit einem dichten Fell bewachsen war. Der dann mit Hexen kopulierte, dem zu Ehren Feste und Schwarze Messen gefeiert
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