1034 - Kitas Kettenhund
wurden, der auch die Menschen und deren Glauben spaltete.
Sage, Legende. Aber es gab das Böse. Und das Böse hatte sich formiert. Es lebte in anderen Welten. Es gab auch den Teufel und seine Diener. Das Böse, auch der Geist, konnte Grenzen überspringen und sich den Menschen nähern. Er beobachtete sie und fand schließlich heraus, daß er ihnen nacheifern sollte, um sie nicht zu enttäuschen.
So entstanden dann tatsächlich die Bilder, die sich die Menschen vom Höllenherrscher gemacht hatten, auch in der Wirklichkeit. Der Teufel zeigte sich in dieser bocksfüßigen Gestalt mit dem dreieckigen Gesicht und den beiden Hörnern.
Ich hatte ihn so erlebt, und ich wäre nicht erstaunt gewesen, ihn in diesem Vorhof der Hölle ebenfalls in dieser Gestalt zu sehen. Kita mußte jemand haben, der hinter ihr stand, um sie zu beschützen oder anzuheizen.
Ich schaute Kita an. In ihrem Gesicht wollte ich lesen, mit welchen Gedanken sie sich beschäftigte. Sie tat mir den Gefallen nicht. Der Ausdruck blieb unbewegt. Niemand konnte hinter ihre Stirn blicken. Es mußten böse Gedanken sein, mit denen sich die Frau beschäftigte.
Mit ihrem Leibwächter kam ich ebenfalls nicht zurecht. Ich wußte nicht, wie ich diese Bestie einschätzen sollte. Sicher, dieser mutierte Hund war ein Killer. Ich kannte sein Gebiß und konnte mir zudem vorstellen, daß es ihm gelungen war, vier andere Hunde brutal zu zerreißen. Wie aber war es zu dieser Mutation gekommen? Bestimmt nicht durch ein medizinisches Experiment. Meiner Ansicht nach mußte der Kettenhund aus dem gleichen Hintergrund stammen wie Kita, obwohl diese ein Mensch war, oder vielleicht noch.
Noch immer hielt sie die Bestie an der Kette fest. Sie schien sich daran gewöhnt zu haben. Nur waren die Glieder jetzt nicht mehr gespannt. Sie hingen locker durch. Die Kette insgesamt bildete so etwas wie eine Schaukel.
Ein menschliches Gesicht auf einem Hundekörper. Glatzköpfig.
Die hohe Stirn. Die bösen Augen. Die gekrümmte Nase. Beinahe schon an einen Haken erinnernd, weil sie so gebogen war. Der breite Mund. Das eckige Kinn, und die bläulich schimmernde Haut, deren Farbe nicht mit der eines Menschen zu vergleichen war. Fremde Pigmente, irgend etwas aus den Tiefen einer dämonischen Welt.
Automatisch dachte ich an die Geschichte von der Schönen und dem Biest. Das Biest lebte im Untergrund, die Schöne aber in der normalen Welt. Doch sie hatten Freundschaft geschlossen, und so besuchte die Schöne das Biest des öfteren, das nicht schlecht war, sondern nur aufgrund seines Aussehens litt und auch ausgestoßen worden war.
Hier stimmte die Rechnung nicht mehr. Da stellte sich die Schöne mit dem Biest auf eine Stufe. Beide waren gleich und versuchten sogar, sich zu übertrumpfen.
Es war seltsam, doch auf dieser langsamen Fahrt in die Tiefe fiel die Spannung von mir ab. So hatte ich meinen Gedanken nachgehen und mich mehr auf mich selbst konzentrieren können.
Das beinhaltete auch das Kreuz!
Wie so oft lag es vor meiner Brust. Ich spürte seinen leichten, beruhigenden Druck – und zugleich etwas anderes, denn von ihm ging der sanfte Strom der Wärme aus, die über meine Haut hinwegfloß und einen leichten Schauer hinterließ.
Dieser wertvolle Talisman meldete auf seine Weise die Gefahr.
Keine normale. Zwar glaubte ich nicht an den Vorhof der Hölle. Nur glitten wir einem Gebiet entgegen, in dem sich die andere Seite konzentrierte, und das war auch äußerlich zu sehen.
Jetzt, wo der Nebel völlig verschwunden war, zeichnete sich die Umgebung ab. Wir wurden nicht von einer starken Finsternis umhüllt, wie es normal gewesen wäre, denn uns erwartete eine bestimmte Beleuchtung. Nicht hell, nicht dunkel. Irgendwo dazwischen und auch farbig, denn das Licht, abgegeben von versteckt angebrachten Lampen, sorgte für einen düsteren, violetten Schein.
Wände umgaben uns. Nicht glatt, auch nicht blank. Dafür bemalt.
Nur war es für uns schwer, die Motive zu erkennen. Es würde sich ändern, wenn unsere Fahrt beendet war.
Der Kettenhund bewegte sich. Noch stemmte er sich auf seine kräftigen Pfoten. Kurz nur schüttelte er seinen Körper. Dieses Schütteln übertrug sich auf die Kette, deren Glieder wiederum in Bewegung gerieten und das leise Klirren verursachten.
Im menschlichen Gesicht schnappte das Maul auf.
Ich versteifte mich sofort und fühlte mich wie auf dem Sprung, als ich die mörderischen Zähne sah. Zugleich hörte ich das leise Lachen der Kita, die meine Bewegung
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