1034 - Kitas Kettenhund
Angst vergehen, und ihr werdet euer Grab hier im Vorhof der Hölle finden.«
Wir hatten sie reden lassen und taten auch nichts, als Kita die Plattform verließ und sich davon entfernte. Sie ging rückwärts mit kleinen Schritten, umspielt von dem düster-violetten Licht, an das sich unsere Augen erst hatten gewöhnen müssen. Es war inzwischen geschehen. So konnten wir die Umgebung sehen, die sich uns präsentierte. Immer mehr Details schoben sich hervor. Aber sie standen nicht im Weg, sondern waren an den Wänden zu sehen.
Schon beim Hinabfahren waren mir die Malereien aufgefallen. Leider verschwommen, und auch jetzt zeigten sie sich nicht deutlicher.
Nur war mir jetzt die Ruhe vergönnt, sie zu betrachten. Da verhielt sich mich nicht anders als Suko.
Es waren Malereien, die beinahe schon wie Fresken aussahen.
Blasse, gemalte Fratzen, mehr Monstergesichter, keine menschlichen wie bei Kitas Kettenhund. Mischungen aus Mensch und Tier, aber auch Menschengesichter, völlig normal, zumindest beim ersten Hinschauen.
Beim zweiten wirkten sie anders. Da traten gewisse Details stärker hervor. Die menschlichen Züge selbst blieben. Hinter oder zwischen ihnen aber schimmerte etwas anderes ziemlich schwach durch, für uns nie genau erkennbar. Gemalt wie ein Schatten, der aber nicht formlos war, sondern eine Fratze bildete.
Nicht menschlich. Die Schatten sahen aus, als gehörten sie zu irgendwelchen Tieren und Monstren. Im Vergleich zu den menschlichen Gesichtern wirkten sie befremdend und gehörten trotzdem auch zusammen, obwohl sie noch keine Einheit bildeten.
Kita ließ uns in Ruhe. Wir schauten uns die Bilder in diesem Keller sehr genau an. Dabei stellten wir fest, daß wir uns in keinem sehr großen Raum befanden. Es gab auch nur diesen einen mit sehr dunklen Orten, in die das Licht nicht hineinreichte.
Für Kita war es der Vorhof der Hölle. Ich würde auf keinen Fall widersprechen, denn irgendwie stimmte es schon. Sehr lange brauchte ich mir die Bilder nicht anzuschauen. Ich spürte bei jedem Blick das Grauen, das mir von ihnen entgegenströmte. Es war wie eine Kontaktaufnahme zwischen uns, und auch die Wärme des Kreuzes verteilte sich auf meiner Brust.
Ich wußte Bescheid.
Ein kurzer Blick zu Suko, der den Augenkontakt mit mir ebenfalls gesucht hatte.
Er nickte.
Ich aber sprach meinen Gedanken aus. »Es sind die Kreaturen der Finsternis…«
***
Nach dieser Aussage rann mir selbst ein Schauer über den Rücken, weil ich wußte, welche Gefahr diese Urdämonen darstellten. Sie waren schon immer dagewesen, auch als die Erde noch öde, wüst und leer gewesen war. Da hatten sie sich in der Dunkelheit versteckt gehabt und sich auf die Seite des Luzifer gestellt, der so gerne gottgleich geworden wäre. Dieser böse Engel aber war zurückgeschlagen worden und herrschte nun über das Reich der Finsternis und auch über die Kreaturen und Dämonen, die dort existierten.
Auch sie hatten überlebt und das Werden und die Entwicklung auf der Erde beobachtet. Menschen waren für sie wichtig geworden, denn Menschen beherrschten die Erde, um sie sich ihr untertan zu machen. Doch Menschen waren nicht allmächtig. Sie irrten hin und wieder, darauf hatten die Kreaturen gebaut.
Auf Täuschen, auf Irren, und dieser Plan war für sie perfekt gewesen. Ihnen war es gelungen, sich so zu geben wie die Menschen. So traten sie in der menschlichen Gestalt auf, wobei sie ihre alte, ursprüngliche geschickt verbargen.
Versteckt hinter den menschlichen Gesichtern. Es gab keine perfektere Tarnung auf dieser Welt. Die Kreaturen der Finsternis waren darin meisterhaft.
Plötzlich sah ich die Dinge mit anderen Augen. Die Malereien an den Wänden mußte ich vorerst vergessen. Mich interessierte mehr der Kettenhund, und ich fragte mich, ob er eine Kreatur der Finsternis war. Zumindest mußte es zwischen ihm und den Urdämonen einen Zusammenhang geben.
Kita hatte meinen Ausspruch gehört. Während ich sekundenlang über diese schrecklichen Geschöpfe nachgedacht hatte, war sie tatsächlich zusammengezuckt. Eine erste Regung, die darauf schließen ließ, daß sie ihre Sicherheit verlor.
Der Kettengriff rutschte ihr aus der Hand. Das Ding klirrte zu Boden. Jetzt war die Bestie frei, aber sie griff nicht an, denn Kita beruhigte sie mit einer Handbewegung.
»Ihr kennt sie?« Die Frage klang ungläubig, und Kita schüttelte sogar den Kopf.
»Ja, wir kennen sie!« sagte Suko.
Die Frau schluckte. Fahrig strichen die Hände über den nackten
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