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1038 - Der Seelen-Kerker

1038 - Der Seelen-Kerker

Titel: 1038 - Der Seelen-Kerker Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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es galten noch die alten Regeln. Es gab die Kirche auch jetzt. Es gab den Papst, die Bischöfe, die Priester und die Kirchen. Ich kannte meinen Auftrag. Kirchen sollten zu einem Hort meines neuen Herrn werden. Ich bin in der Lage, mich hineinzutrauen, denn der alte Trank aus dem Orient hat mich gestärkt. Nicht nur in meinem Innern, auch außen, denn ich verfaulte nicht unter all den Toten, sondern erlebte eine wunderbare Umwandlung, die mich unbesiegbar machte. Ich konnte hinein in die Kirchen gehen, ohne mich vor den Kreuzen zu fürchten, denn damit war ich aufgewachsen, und die Verbindung zu ihnen bestand noch immer. Den Anfang habe ich gemacht. Ich werde meinen Weg weitergehen und all das radikal zerstören, an das ich einmal geglaubt habe, ohne in Angst davor leben zu müssen. Mein Schicksal hat sich gedreht, und ich freue mich darüber, denn nun bin ich wieder frei und kann mich meinen Feinden stellen, die sicherlich auch zahlreich genug sein werden…«
    Hier endete der Text, aber ich blieb noch in meiner gebückten Haltung stehen, wie jemand, der noch immer dabei war, den Text zu lesen. Er hatte mich beunruhigt, denn ich wußte jetzt, daß es einen Gegner gab, für den das Raster Gut und Böse nicht mehr paßte. Er war tatsächlich ein Zwitter geworden. Er konnte sich auf beiden Seiten bewegen, was sehr gefährlich und für den Pfarrer dieser Kirche sogar tödlich war.
    Ich richtete mich wieder auf und drehte den Kopf nach rechts. Neben dem Buch lag noch immer mein Kreuz und hatte sich auch »gemeldet«. Das grüne Leuchten war nicht verschwunden. Wie feines Wasser bewegte es sich über das Kruzifix hinweg und sah dabei aus, als wäre es innerhalb des Metalls eingeschlossen.
    Ich faßte es an.
    Nein, es war nicht mehr warm. Aber auch nicht normal. Ich glaubte gar, eine gewisse Kälte zu spüren. War es ein Zeichen, daß sich Nazarius näherte?
    »Wie sieht es aus, John?« fragte Suko.
    »Es ist noch okay.«
    »Er kommt!« rief mir der Abbé zu. »Ich kann ihn nicht sehen, aber ich spüre ihn. Seine Kraft versucht, auch mich zu übernehmen. Ich fühle mich so unwohl. Gib acht, John…«
    Das tat ich, ohne meinen Standort zu wechseln. Aber mein Gegner ließ sich Zeit. Er meldete sich ausschließlich über das Kreuz, das auf dem Altar lag und plötzlich in der Mitte aufstrahlte.
    Ein grünliches Band stieß der Decke entgegen, zerstörte dort das dunkle Grau und malte sich an der Decke ab.
    Ich schaute nach oben – und sah das Gesicht. Für einen winzigen Augenblick nur war die babyhafte Fratze zu erkennen, deren Mund sich in die Breite gezogen hatte, um mir das widerliche Grinsen zu präsentieren. Sofort danach fiel dieses Bild wieder zusammen und verschwand. Auch mein Kreuz lag in seiner normalen Farbe auf dem Altar. Jetzt strahlte nur meine Lampe noch das kalte Licht ab.
    »Wir haben ihn gesehen, John!« meldete sich Suko.
    Ich winkte ihm zu und zugleich ab. »Wartet noch. Ich glaube, er kommt in seiner normalen Gestalt. Das andere Bild war ein Spuk der Hölle. Sie hat ihm verdammt große Kräfte gegeben.«
    Wahrscheinlich waren die Tritte schon vorher zu hören gewesen.
    Meine Worte hatten sie übertönt. Jetzt, als es wieder still geworden war, hörte ich ihn.
    Er gab sich keine Mühe, leise zu sein. Nur wußte ich nicht, aus welcher Richtung er auf mich zukam. Das konnte von vorn stammen, mußte aber nicht. Im Rücken nicht, an der Seite, und so drehte ich meinen Kopf mal nach links und wieder nach rechts.
    Vor mir tauchte er auf. In der Dunkelheit hinter dem Altar mußte er gelauert haben. Geduckt, durch die Schwärze geschützt. Ich war für ihn ein Mensch wie auf dem Präsentierteller, und er hatte sich zu seiner vollen Größe aufgerichtet.
    Nein, diesmal erlebte ich die Gestalt nicht in einem Videofilm. Das hier war echt. Mir war klar, und ich wußte auch, daß nur einer von uns die Kirche lebend verlassen konnte. Da fühlte ich mich in der gleichen Lage wie der Highlander.
    Ja, er sah widerlich aus. Eine ekelhafte, nackte, muskulöse Gestalt, deren Haut einen leicht grünlichen Ton abgab, als wollte sie damit mein Kreuz verhöhnen.
    Der kahle Kopf, das ebenfalls kahle Gesicht, in dem kein einziges Haar wuchs. Es wirkte alles wie glatt rasiert, und ich sah auch wieder das faunische Grinsen auf seinem Gesicht. Es fiel mir schwer, mich von diesem Anblick loszureißen und mich auf den Körper zu konzentrieren.
    Auf mich machte er den Eindruck eines perversen und dämonischen Bodybuilders. Bei jeder

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