1039 - Die Stimme der Bruderschaft
als der Interkom sich mit hellem Summen einschaltete. Er wandte sich um und blickte auf die leere Bildfläche.
„Dein bisheriges Verhalten verdient Lohn", sagte die Stimme. „Du bist brauchbar. Die Bruderschaft wird deiner Dienste auch in Zukunft bedürfen."
„Ich bin bereit", antwortete Vornesch bescheiden.
„Du hast die Beseitigung des Verräters Irgillyn selbst in die Hand genommen?"
erkundigte sich die Stimme.
„Es blieb mir nichts anderes übrig. Viele waren bereit, den Prodheimer-Fenken mit einem raschen Schuß oder einer überdosierten Schockladung aus dem Weg zu räumen, aber niemand wollte ihm den Schädel einschlagen.
„Das war nötig, wegen der Demonstrationswirkung", sagte die Stimme.
„Wie auch immer. Als ich niemand fand, blieb mir kein anderer Ausweg, als die Sache selbst in die Hand zu nehmen."
„Du hast dich geschickt angestellt. Die Schutzgarde hat bis jetzt noch nicht einmal die Andeutung einer Spur."
Vornesch fragte sich im stillen, woher der unsichtbare Sprecher das wohl wissen mochte. Aber die Stimme fuhr fort, bevor er etwas sagen konnte: „Deine andere Aufgabe ist ebenfalls abgeschlossen?"
„Es fehlt mir noch der Zeichengeber", antwortete er. „Ich war im Begriff, ihn mir zu beschaffen."
„Worauf wartest du noch?" fragte die Stimme. „Der Zug beginnt in wenigen Stunden, Ich hoffe, du hast nichts Wichtiges bis zum letzten Augenblick verschoben."
„Nein, nein", wehrte Vornesch hastig ab. „Es ist alles vorbereitet."
*
Etwa um dieselbe Zeit erstattete auch Arzyria ihren abschließenden Bericht. Sie klang weniger optimistisch als Vornesch, der im gegenüberliegenden Flügel des Tärtras dem Herzog Carnuum auseinandersetzte, daß ihm keinerlei Gefahr drohe, aber auch sie sah für ihren Schützling Gu keine unmittelbare Bedrohung.
„Es wäre mir lieber", erklärte sie, „wenn ich sagen könnte, wir hätten alle Geheimnisse aufgedeckt, alle Rätsel gelöst. So zum Beispiel ist immer noch unbekannt, was Klaque tut, wenn er sich aus dem Palast entfernt. Zu welchem Zweck Vornesch alle möglichen Leute anwirbt, wissen wir ebenfalls nicht, und wir haben keine Ahnung, welchen Auftrag der Prodheimer-Fenke Irgillyn hatte ausführen sollen. Aber all diese Dinge haben offenbar nichts mit einer Bedrohung deiner Person zu tun."
Gu gab durch Gesten zu verstehen, daß er zufrieden war.
„Du meinst also, ich könne mich in die Öffentlichkeit hinauswagen und an dem Festzug teilnehmen?" fragte er.
„Das ist meine Ansicht", bestätigte Arzyria. „Selbstverständlich gebe ich die Hoffnung nicht auf, Antworten auch auf die Fragen zu finden, die noch offen sind."
„Das ist gut", lobte der Herzog und wandte sich an den stangenförmigen Robot, der seitwärts von ihm schwebte. „Meinst du nicht auch, Fischer?"
Aber Fischer antwortete nicht, wie es seine Art war.
„Was ist mit dem Spoodie-Schiff?" erkundigte sich Gu.
Die Frage war an Musanhaar gerichtet.
„Wir haben noch immer keine Verbindung mit Tomason", sagte der Arzt. „Aber das Schiff ist vor vier Stunden auf die übliche Kreisbahn eingeschwenkt, und es besteht kein Grund, daran zu zweifeln, daß es zum vereinbarten Zeitpunkt landen wird."
„Du hast nicht versucht, das Schiff anzufliegen und ein Kommando an Bord zu schicken?"
„Nein. Irgend etwas stimmt da nicht. Entweder rebelliert der Bordrechner, oder Tomason hat es mit einer Meuterei zu tun - auf jeden Fall herrscht an Bord offenbar ein ganz unsicheres Gleichgewicht, das man nicht stören sollte. Solange die Manöver des Schiffes darauf hinweisen, daß die getroffenen Vereinbarungen eingehalten werden, möchte ich nichts unternehmen, was Unruhe stiften könnte."
„Einverstanden", erklärte der Herzog. „Halte mich auf dem laufenden. Ich will wissen, wann das Spoodie-Schiff zur Landung ansetzt."
Als Arzyria in ihre Unterkunft zurückkehrte, wurde ihr gemeldet, daß Vornesch soeben den Westflügel des Palasts verlassen habe. Ärgerlich gab sie den Gedanken an ein paar Stunden ehrlich verdienter Nachtruhe auf und machte sich auf den Weg.
12.
Als die Sonne aufging, verkündeten helle Fanfarenstöße den Beginn des großen Festes. Der riesige Zug setzte sich in Bewegung. An der Spitze marschierten Hunderte in Weiß gekleideter junger Kranen, die ihr Leben dem Dienst am Licht des Universums gewidmet hatten. Ihre Aufgabe war es, die große Hymne zu singen, sobald sie den Platz des Wasserpalasts erreichten und die Geschütze den traditionellen Salut
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