104 - Leichenparasit des Geflügelten Todes
Schlange, die sich ihres
Opfers sicher war ...
Whitsome sah die Neunzehnjährige bereits
starr und kalt in einer Truhe liegen.
Ihr würde er ein schönes Bett bereiten,
schöner und komfortabler als dem Alten, den er in eine verschlissene Wolldecke
gewickelt und dann kurzerhand in einem wuchtigen Unterschrank hinten im
Möbellager verstaut hatte ...
Alexis’ Sarg wollte er gestalten wie ein
Künstler, der ein Werk vollendet.
Alexis Warner trank ihr Glas leer, weil er
bereits ein neues bestellt hatte.
Sie fand den Mann, der als »Reverend«
auftrat, sympathisch. Er ging auf sie ein und verstand sie.
Sie hatte für die Nacht keine feste Bleibe,
verriet sie ihm, als sie schon schläfrig wurde und ihre Bewegungen sich
verlangsamten.
Die Droge aus Pflanzenauszügen wirkte
schnell. Whitsome war mit den Tropfen nicht sparsam umgegangen.
Alexis Warner schaffte ihr Steak und ihre
Pommes frites nur zur Hälfte.
Sie fühlte sich seltsam leicht, beinahe
schwerelos und hatte keinerlei Interesse daran, sich irgendeinem Vorschlag zu
widersetzen oder auch nur »nein« zu sagen. Ihr war alles egal.
Der nette Reverend schlug vor, sie in die
Wohnung zu bringen, die nur wenige hundert Meter von hier entfernt läge.
»Es ist eine große Wohnung, Alexis ... Sie
können die Nacht darin verbringen. Und morgen werden wir weitersehen .«
»Sie sind ein prima Kerl, Reverend. So nett
war lange niemand mehr zu mir ... Wie heißen Sie eigentlich ?«
»Terry.«
»Darf ich Terry zu Ihnen sagen ?«
»Natürlich, wenn Sie das wollen.«
»Mhm, ich will .«
Whitsome bezahlte die Zeche und verließ mit
Alexis wenig später das Wimpy-Restaurant.
Er redete ununterbrochen mit seiner
Begleiterin, die neben ihm schritt wie eine Betrunkene und auf Eier zu gehen
schien.
Einige Passanten blickten ihnen nach und
gingen dann kopfschüttelnd weiter.
Sie hielten die Frau für eine Alkoholikerin,
die von einem Reverend nach Hause begleitet wurde.
Daß Alexis Warner sich in Wirklichkeit
bereits fest in den Klauen ihres Mörders befand, ahnte niemand.
Niemand sah sie, als sie in dem alten
Mietshaus verschwand.
Sie setzten sich in die Küche an den schmalen
Tisch, und Terry Whitsome kochte Kaffee.
Darauf hatte Alexis Lust.
Sie wirkte noch immer etwas abwesend, und es
entging ihr, daß der Reverend auch einige Blätter überbrühte, die er zuvor in
kaltem Wasser hatte ziehen lassen.
Whitsome goß zwei Tassen voll, führte seine
Tasse auch an die Lippen und tat so, als würde er trinken, ohne jedoch auch nur
einen einzigen Schluck aus der Tasse zu nehmen. Eine Wachspuppe konnte nicht essen
und trinken, hatte keine Speiseröhre und keinen Magen, die etwas hätten
aufnehmen können...
Alexis empfand den Kaffee als ein wenig
bitter.
Da schlug Whitsome ihr vor, Zucker zu nehmen.
Das tat sie auch.
Er beobachtete sie unablässig, weil er wußte,
daß es ein langsamer Tod sein würde. Das Gift aus der Pflanze führte zu
Atemlähmung und Herzstillstand.
Für andere Opfer wollte er andere
Gift-Kombinationen zusammenstellen.
Fünf Minuten später begann Alexis Warner
schwer zu atmen. Ihr wurde warm.
Wie in Trance zog sie ihren Pullover aus und
saß ihm mit nackten Oberkörper gegenüber.
»Was ... ist nur... los mit mir ?« fragte sie schwach.
Der »Reverend«, der zuvor so freundlich
gesprochen hatte, saß nun schweigend, und sein Gesicht war zur Teufelsfratze
verzerrt.
Alexis Warner schluckte heftig. Ihr Kehlkopf
krampfte sich zusammen, und sie schraubte sich in die Höhe und griff nach ihrer
Kehle.
»Der Kaffee«, gurgelte die nach Atem
Ringende. »Was ... haben ... Sie ... in den Kaffee getan ?«
Man sah ihr an, daß sie die Worte
herausschreien wollte. Sie strengte sich unsäglich an, die Adern an ihrem Hals
traten hervor.
Aber das, was sie über die Lippen brachte,
war nicht lauter als ein dumpfes Röcheln.
Sie wollte sich erheben, um zu fliehen.
Beim Aufrichten kippte der Stuhl um.
Alexis Warner fiel zu Boden, wollte aber noch
zur Tür kriechen.
Nichts wie raus hier, sie war einem
Wahnsinnigen in die Hände gefallen ... Sie mußte auf sich aufmerksam machen. Da
draußen waren viele Leute auf der Straße ... viele junge Menschen. Wenn sie es
nur schaffte bis zur Haustür...
Jeder Zentimeter, den sie über den Boden
kroch, kam ihr endlos vor und war eine Tortur.
Sie glaubte, von innen heraus zu verglühen,
so heiß war ihr.
Sie wußte nicht, daß gerade ihre heftigen
Bewegungen es waren, die für eine schnellere Wirkung des Giftes
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