1040 - Madonna auf dem Höllenthron
so gut wie möglich auf der Höhe und war auch bereit, mich Madonna zu stellen.
Mit diesem Vorsatz versehen, öffnete ich die Tür zur Galerie…
***
Auf einmal riß bei Julia der Faden. Die Starre war verschwunden. Die bedrückende Angst ebenso. Es gab nur noch ein Ziel. Danach griff Julia nicht. Sie wehrte sich auf eine andere Art und Weise.
Blitzschnell rammte sie ihren Kopf nach vorn. Die Rechnung ging auf. Mit der Stirn erwischte sie das Gesicht der Blutfrau. Julia selbst spürte den Schmerz durch ihren Kopf zucken, aber sie hörte auch ein anderes Geräusch.
Mit der Stirn mußte sie die Nase erwischt haben. Da brachen plötzlich Knochen. Das Knacken hörte sich an, als wären trockene Zweige zerbrochen worden. Durch die Wucht des Stoßes löste sich Madonnas Klaue von Julias Kehle. Die Untote taumelte zurück, auch Julia bewegte sich nach hinten.
Julia schnappte nach Luft wie der berühmte Fisch auf dem Trockenen.
Die Augen weiteten sich und traten dabei aus den Höhlen. Kleine Wunden bedeckten die dünne Haut vorn am Hals, als wäre sie punktiert worden. Da sie sich in gleicher Höhe abmalten, sahen sie aus wie ein halber Kranz.
Mit dem Rücken stieß Julia gegen eine Vitrine. Sie stand fest auf dem Unterteil und gab ihr den nötigen Halt. Durch einen Schleier sah sie die Vampirin.
Sie war nicht zu Boden gestürzt und hatte sich leicht fangen können.
Noch immer konnte Julia es kaum fassen, daß dieses Wesen doppelt existiert hatte. Einmal auf dem Bild, zum anderen in der Wirklichkeit. Sie wollte auch nicht wissen, wie das alles möglich gewesen war. Es war nur wichtig, daß sie den mörderischen Reißzähnen entkam. Und sie war auf sich allein gestellt. Von John Sinclair konnte sie keine Hilfe erwarten. Der war von Scotty brutal niedergeschlagen worden und jetzt möglicherweise schon tot.
Sie wartete nur darauf, daß Scotty zurückkam und Madonna zur Seite stand. Er war zu einem anderen geworden und voll und ganz in diesen Vampirwirbel hineingeraten.
Madonna schüttelte den Kopf, als wollte sie sich wieder herrichten. Dann starrte sie in Julias Richtung. Sehr langsam streckte sie den rechten Arm aus. Wie jemand, der eine andere Person locken wollte. Nur würde Julia einen Teufel tun. Keinen Schritt würde sie auf Madonna zugehen. Sie mußte versuchen, sie sich so lange wie möglich vom Leib zu halten.
Es wäre ihr am liebsten gewesen, sie zu töten. Das würde wohl nur ein Wunschtraum bleiben, denn sie besaß weder einen Eichenpflock noch geweihtes Silber. Sie hätte auch nie daran gedacht, einmal in derartige Situationen hineinzugeraten.
Julia wich zurück. Sie schob sich an der Breitseite der Vitrine vorbei.
Dabei behielt sie Madonna im Auge. Auf keinen Fall wollte sie sich von ihr überraschen lassen. Sie wußte auch nicht, wie schnell diese Vampire reagieren konnten. Jedenfalls bewegte sich Madonna nicht so glatt und gleitend wie es ein angriffsbereiter Mensch getan hätte. Ihre Bewegungen waren noch steif. Da schien die Schmiere zwischen den Knochen zu fehlen, aber sie war nicht weniger gefährlich.
Rückwärts gehend tauchte Julia tiefer in den zweiten Raum ein. Sie geriet in einen der Lichtbalken, wurde kurz geblendet, dann setzte sie den Weg fort.
Für sie war es wichtig, die Galerie zu verlassen. Okay, es gab die Tür vorn, aber sie war abgeschlossen, und den Schlüssel besaß sicherlich Scotty.
Eigentlich gab es für sie nur die Flucht nach vorn. Die Blutsaugerin aus dem Weg räumen, die Tür zum schmalen Flur aufreißen und dorthin laufen, wo John Sinclair und Scotty…
Nein, nein, nein! Das war nichts. Da kam sie auch nicht lebend davon.
Scotty stand voll und ganz auf Madonnas Seite. Er würde mit Vergnügen zuschauen, wenn sie ihre Zähne in Julias Hals schlug, um das kostbare Blut zu trinken.
Madonna ging weiter.
Sie bewegte sich nicht wie ein Mensch. Sie erinnerte mehr an ein künstliches Wesen. So wie sie hätte auch eine Puppe gehen können.
Geschickt wich sie den Hindernissen aus und durchquerte auch wieder einen Lichtbalken, ohne daß ihr die Helligkeit etwas anhaben konnte.
Julia suchte nach einer Waffe. Nach irgend etwas, mit dem sie sich die Untote vom Leib halten konnte. Es gab Galerien, in denen Lanzen oder Schwerter zum Verkauf angeboten wurden. Leider verfügte Scotty nicht darüber. Er hatte sich auf moderne Kunst spezialisiert und ließ die Alten Meister als Nebengeschäft laufen.
Es ging nicht gut. Madonna würde kommen. Sie würde zubeißen und das
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