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1043 - Engelkinder

1043 - Engelkinder

Titel: 1043 - Engelkinder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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lange hier. Erst zwei Monate. Sie heißt Lilian Purdom und war vierundzwanzig Jahre alt.«
    »Danke, das ist immerhin etwas. Wissen Sie noch mehr? Welchem Beruf sie nachging? Welche Freunde sie hatte?«
    »Nein, das weiß ich leider nicht. Ich kannte nur ihren Namen. Sie war freundlich. Hat jedesmal gegrüßt, wenn wir uns sahen, was nicht alle Bewohner tun. Wenn man sie so gesehen hat, dann hätte man sich wirklich keinen Grund für einen Selbstmord vorstellen können. Das muß ich Ihnen ehrlich sagen,« Er hob die Schultern. »Doch wer schaut schon in einen Menschen hinein?«
    »Richtig, Mr. Myers. Da Sie Lilian Purdom hin und wieder gesehen haben, könnte Ihnen eventuell eine Veränderung bei ihr aufgefallen sein. War sie ruhiger als normal? Hat sie weniger gelächelt? Hat sie anders gesprochen oder…«
    »Nicht einmal ein Oder, Mr. Sinclair. Da ist einfach nichts gewesen, gar nichts an Veränderung.«
    Der Hausmeister gehörte zu den Menschen, denen man vertrauen konnte. »Ich habe unmittelbar als Zeuge mitbekommen, was da geschehen ist. Und ich habe der Toten einen Zettel aus der Hand genommen. Sie hatte ihn mit einer letzten Botschaft beschrieben. Ich will sie Ihnen sagen, Mr. Myers. Auf dem Papier stand: Ich bin ein Engelkind…«
    Myers schaute mich erstaunt an. »Wiederholen Sie den Satz bitte noch einmal.«
    Den Gefallen tat ich ihm gern. Leider brachte es nichts, denn Myers wußte auch keinen Bescheid.
    »Nein, damit kann ich nichts anfangen.«
    »Dachte ich mir. Trotzdem muß ich fragen. Sie haben ihn auch nie in einem anderen Zusammenhang gehört?«
    »So ist es. Wenn es nicht so zynisch klingen würde, dann könnte man sagen, daß es etwas mit Weihnachten zu tun hat.«
    »Das hörte ich heute schon einmal.«
    »Engelkind«, murmelte der Mann zweimal vor sich hin. »Könnte sie zu einer Gruppe gehört haben?«
    »Weiß ich nicht.«
    »War auch nur ein Verdacht.«
    Er allerdings hatte in mir etwas ausgelöst, und ich ging einen Schritt weiter. »Würden Sie eine Sekte ebenfalls als eine Gruppe ansehen, Mr. Myers?«
    »Ach! Sekte?«
    »Richtig.«
    Er stieß den Atem heftig aus. »Das wäre natürlich eine Möglichkeit.« Der Hausmeister war plötzlich aufgeregt. »Darüber liest man ja viel. Fast in jeder Zeitung wird vor diesen Gruppen gewarnt. Was oft nicht viel bringt. Die Sekten sollen immer mehr Zulauf haben.«
    »Genau.«
    »Das könnte natürlich sein, Mr. Sinclair.«
    »Ich werde es herausbekommen, aber dazu brauche ihr Ihre Hilfe, Mr. Myers. Zumindest am Anfang. Ich muß in die Wohnung der Toten. Können Sie die Tür von einem Schlüsseldienst öffnen lassen?«
    »Klar, natürlich. Wann?«
    »Am besten sofort. Ich stelle nur noch meinen Wagen in der Tiefgarage ab, dann komme ich zu Ihnen.«
    »Ich warte in der Halle.«
    Da es nicht mehr viel zu glotzen gab, hatten sich auch die meisten Gaffer zurückgezogen. Ich konnte in meinen Wagen steigen und losfahren. Zuvor verabschiedete ich mich noch von den Männern der Feuerwehr. Man hatte die Tote bereits in einen Sarg aus Kunststoff gelegt. Nur die große Blutlache war noch zu sehen. Ein letzter Beweis dafür, daß hier ein Mensch sein Leben beendet hatte.
    In der Tiefgarage lenkte ich den Rover dorthin, wo auch Sukos BMW stand. Die beiden Parktaschen waren immer für uns reserviert. Mit den Gedanken schweifte ich ab, denn mir wollte der Begriff Engelkind nicht aus dem Kopf. Das hörte sich tatsächlich nach einer Vereinigung oder Sekte an. Überraschend wäre es nicht gewesen. Mochten die Zeiten noch so cool und super sein, auf der anderen Seite wuchs die Anzahl der Menschen, die sich allein und einsam fühlten. Sie suchten dann Kontakt und auch Schutz bei diesen obskuren Sekten, wo sie sich unter Gleichgesinnten befanden und meistens nicht merkten, wie sehr sie manipuliert wurden. So konnte es auch Lilian Purdom ergangen sein.
    Für mich stand bereits fest, daß mich dieser Fall beschäftigen würde. Ich wollte herausfinden, was er mit dem Begriff Engelkinder aufs sich hatte, und möglicherweise fanden sich in der Wohnung der Toten erste Hinweise.
    In der Eingangshalle wartete der Hausmeister auf mich. Er stand nicht allein. Andere Mitbewohner hatten sich um ihn gruppiert und stellten Fragen. Sie gingen davon aus, daß er einfach mehr wußte, doch Myers schüttelte immer wieder den Kopf und wehrte alle lästigen Fragen durch Handbewegungen ab. Als er mich sah, wirkte er erleichtert. Er befreite sich aus dem menschlichen Ring und lief auf mich zu.

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