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1043 - Engelkinder

1043 - Engelkinder

Titel: 1043 - Engelkinder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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Genau diese Szene bot sich mir, als ich den Rover am Ring der Neugierigen parkte, weil ich einfach nicht mehr weiterkam. Ich wohnte in dem Haus, nur ein paar Etagen höher.
    Ich war allein vom Büro gekommen. Suko hatte sich mit Shao in der Stadt treffen wollen, um irgend etwas für Weihnachten zu kaufen, denn in drei Wochen war es soweit.
    Eine Selbstmörderin, eine Verzweifelte. Eine Frau, die keinen Ausweg mehr wußte, als in den Tod zu springen. Ich schaute ebenfalls hoch und atmete tief durch. Mir war unwohl zumute. Ich wußte auch, daß ich persönlich keine Chance hatte, sie zu retten. Ich konnte nur hoffen, daß es die Profis schafften.
    Es war verdammt kalt an diesem Abend. Fingerkalt, wie man so schön sagt. Zwar fiel kein Schnee, aber der böige Ostwind blies gegen die Haut, als bestünde er aus Eis.
    Ich schaute hoch. Schweiß stand mir auf der Stirn, trotz der Kälte. Die Lippen waren fest zusammengepreßt, und die normale Umgebung verschwamm vor meinen Augen, da ich mich einzig und allein auf die Selbstmörderin dort oben konzentrierte.
    Wer war sie? Kannte ich sie? Wir wohnten im gleichen Haus, aber sie war mir noch nicht über den Weg gelaufen, zumindest nicht wissentlich. Die Frau wirkte so hilflos. Sie hatte kurzes Haar, das vom Wind erfaßt wurde und wie blonde Federn in die Höhe trieb. Ich war zu weit weg, um das Gesicht erkennen zu können. Bestimmt war es von der Angst gezeichnet oder von den beiden so unterschiedlichen Gefühlen: soll ich springen oder nicht?
    Sie brauchte sich nur loszulassen. Selbst ein Stemmen des Körpers gegen den Wind würde ausreichen. Er würde sie packen und wegschleudern wie ein Blatt Papier.
    Um mich herum waren die Stimmen der Neugierigen leiser geworden. Möglicherweise kam es mir auch nur so vor, weil ich mich voll und ganz auf die junge Frau konzentrierte.
    Sätze wie: »Warum macht sie das?« oder »Hat sie die ganze Scheiße satt?« gefielen mir nicht und störten mich. Wer von uns konnte schon hinter die Fassade schauen? Man sieht immer nur das Gesicht eines Menschen und nicht sein wahres Ich.
    Ich ging weiter. Weg von den Gaffern. Dabei bewegte ich mich wie ein Schlafwandler, den Blick nach oben gerichtet. Mit dem rechten Bein schleifte ich an einem Trennpfosten vorbei, ohne es richtig wahrzunehmen. Bis mich schließlich die Hand eines Polizisten stoppte, die sich vor meine Brust legte.
    »Bis hierher und nicht weiter, Mister!«
    Ich schaute den Kollegen an. Er war noch jung. Auch er litt unter der Szene, das war ihm anzusehen. Sein Gesicht zeigte einen verkrampften Ausdruck.
    »Ich wohne hier.«
    »Gut, Sir, da gibt es noch mehr. Dann gehen Sie bitte in Ihr Haus, aber nicht näher…«
    »Moment«, sagte ich. Den Ausweis hatte ich mit einem Griff erwischt und präsentierte ihn.
    Der junge Polizist las ihn und räusperte sich. »Sorry, Sir, das habe ich nicht gewußt.« Er trat zur Seite.
    »Schon gut.«
    Der Weg war für mich frei. Es standen sich hier praktisch zwei Hochhäuser gegenüber. Dazwischen gab es Parkplätze für die Bewohner, die nicht das Glück hatten, ihre Wagen in der Tiefgarage abstellen zu können. Um Glück waren sie nicht vollgestellt worden, so daß es der Leiterwagen geschafft hatte, durchzukommen.
    Sehr langsam glitt die Leiter hoch, wurde aber angehalten, denn vom offenen Fenster her hörte ich den dünnen Schrei der Verzweifelten. Der im Rettungskorb stehende Feuerwehrmann hob beide Arme an, um zu zeigen, daß er alles befolgen würde.
    »Ich will springen!« hörten wir alle die Schreie der jungen Frau. »Ich will in den Himmel, versteht ihr das? Ich will endlich in den Himmel, verdammt.«
    »Aber du bist noch so jung!« rief der Mann im Korb ihr zu. »Viel zu jung, um zu sterben.«
    »Hör auf, verdammt!«
    »Das Leben liegt noch vor dir!«
    Die Frau lachte und bewegte sich plötzlich, so daß alle den Atem anhielten. Das Fenster war nach innen aufgeschwungen. Dort hatte sie keine Chance, sich festzuhalten. Sie mußte es schon an der Kante außen versuchen, was sie auch getan hatte. Jetzt allerdings hatte sie eine Hand gelöst. Sie hielt sich nur noch mit der Linken fest. Mit der Rechten wedelte sie, als wollte sie jemand begrüßen.
    Wenn sie so weitermachte, konnte das nicht gutgehen. Ich spürte es. Ich saugte die Luft ein, hielt sie an. Auch in meiner unmittelbaren Umgebung fürchteten die Retter das Schlimmste. Wie ein unfreiwillige Tänzerin bewegte sich die junge Frau auf der Fensterbank. Immer wieder fuhr der Wind wie ein

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