1049 - Der Geist des Vaters
verändern.
Also befand sich keine Gegenmagie in unmittelbarer Nähe.
Dem Frieden traute ich dennoch nicht. Zwischen beiden auf dem Tisch liegenden Gegenständen befand sich ein fingerbreiter Zwischenraum. Keiner berührte den anderen, und so schob ich das Kreuz vorsichtig an die Statue heran.
Ich war auch bereit, das Kreuz zu aktivieren, um das Geheimnis endgültig zu lösen und wartete voller Spannung ab, als der Kontakt abermals hergestellt worden war.
Kam es zu einer Veränderung?
Vorhin im Keller schon. Da hatte ich mich gegen die Schatten wehren müssen.
Hier passiert zunächst nichts. Zeit tropfte dahin. Meine Spannung blieb weiterhin bestehen.
Ich strich mit der Spitze des rechten Zeigefingers über die Figur hinweg. Es war in meiner Umgebung so still geworden, daß ich sogar das leise Schabgeräusch hörte.
Meine Finger verharrten in Höhe der Brust. Es war etwas anders geworden. Unter der Haut spürte ich die Wärme, die von der Statue ausging. Sie übertrug sich auf meine Finger. Dabei blieb sie nicht nur in der Spitze, sie rieselte weiter bis zum Ende hin.
Wärme! Leben…?
Ich wartete ab, denn mehr konnte ich nicht tun. Drehte nur die Augen zum Kreuz hin und erkannte, daß sich auch dort etwas verändert hatte. Die vier Anfangsbuchstaben der Erzengel traten deutlicher hervor und gaben einen leichten Glanz ab.
Es wurde noch spannender. Das hatte diesmal nichts mit meinem Kreuz zu tun, sondern mit dem Kopf der Statue. An der Vorderseite passierte etwas. Dort erlebte ich das gleiche Phänomen wie vorhin im Keller, denn es bildete sich ein Gesicht.
Es war wie ein Wunder. Aus nächster Nähe betrachtet bekam auch ich mehr von dieser Ungeheuerlichkeit mit. Innerhalb des Materials arbeitete etwas, das ich nicht begreifen konnte. Da schoben unsichtbare Kräfte etwas an bestimmten Stellen des Kopfes in die Höhe, so daß Augen, die Nase und der Mund abermals entstehen konnten.
Es bildete sich ein fertiges Gesicht hervor!
Dieser Vorgang hatte mich stark in seinen Bann gezogen. Ich hatte sogar das Luftholen vergessen, das ich nun schnell nachholte. Eine gerade Nase. Augen, die etwas tief in den Höhlen lagen, wie ich fand. Dann ein Mund, der ziemlich breit war, und dessen Winkel leicht in die Höhe gebogen waren, als würde die Statue ihren Betrachter anlächeln.
Ich schluckte. Hinter meinen Augen spürte ich den Druck. Das Atmen fiel mir schwer. Ich schwitzte auf der Stirn und der Oberlippe, während die Verwandlung des Gesichts weiterging. Es erhielt kein Leben, das konnte ich beim besten Willen nicht behaupten, aber es war schon so etwas wie eine Haut zu sehen, denn all diese Poren verschwanden allmählich.
Wieder fühlte ich mit der Fingerspitze nach.
Glatt!
Das Gesicht war in der Tat glatt geworden. Es gab diese rauhe Haut nicht mehr.
Die Statue war auch nicht mehr so kalt geblieben. Unter der seltsamen Haut war so etwas wie Leben zu spüren, als flösse innerhalb der Statue sogar Blut.
Schatten entstanden nicht mehr. Ich bezweifelte auch, daß sie mich noch einmal angreifen würden.
Das war vorbei. Statt dessen erlebte ich eine andere Veränderung. Das Gesicht bekam etwas Menschliches. Es lag nicht nur allein an der Veränderung der Haut, ich entdeckte auch den Glanz in den Augen, so daß sie mir schon vorkamen wie Sehwerkzeuge eines Menschen.
Hier lief etwas ab, bei dem ich außen vor war. Ich mußte es hinnehmen und später für mich verwenden. Kreuz und Statue hatten sich auf einer für mich nicht verstehbaren Ebene getroffen und waren eine Verbindung eingegangen.
Über den Augen zeichnete sich die Stirn ab. Auch sie hatte sich verändert. Nicht mehr so oval. Sie war durch das Verziehen der Seiten eckiger, auch mehr mit der eines normalen Menschen vergleichbar.
Über den dunklen, schon etwas ölartig anmutenden Augen entstanden die Brauen. Nicht mehr als zwei schwache Striche. Immerhin hoben sie sich deutlich von der Stirn ab.
Die Nase war ebenso genau nachmodelliert worden wie der Mund. Ich traute mich endlich wieder, das Gesicht anzufassen - und erschrak beinahe über die Veränderung.
Die Figur war nicht mehr so hart wie noch vor kurzem. Sie war jetzt weich geworden. Zumindest das Gesicht. Ähnlich wie bei einem Menschen. Ich tastete weiter zum eigentlichen Körper hin, aber dort hatte sich das Material nicht verändert.
Es war nach wie vor hart geblieben. Nur das Gesicht zeigte diese Veränderung.
Wangen, das Kinn - es war alles vorhanden. Nur die Haare fehlten. Es hätte
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