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105 - Das indische Tuch

105 - Das indische Tuch

Titel: 105 - Das indische Tuch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edgar Wallace
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»Der ist auch ausgegangen, Amersham hat ihn heute abend schon frühzeitig weggeschickt. Ein Angestellter stört doch nur bei solchen Besuchen. Ist Tanner hinter dem Doktor her? Hat der Kerl etwas ausgefressen? Ich würde mich nicht wundern, wenn er verschiedenes auf dem Kerbholz hätte. Verdächtig ist er mir schon immer vorgekommen … Erstens hat er unglaublich viel Geld – das muß er von jemand auf dem Land bekommen, soviel ich erfahren habe. Außerdem schläft er nur etwa drei Nächte in der Woche hier in der Wohnung. Er gibt Gesellschaften, geht ins Theater und verjubelt Zeit und Geld.«
    »Das kann ich mir vorstellen«, meinte Totty und nickte.
    Plötzlich warf er dem Portier einen warnenden Blick zu und drückte sich in die Ecke. Schnelle Schritte ertönten auf dem Marmorboden der Vorhalle. Bould drehte das Licht aus und verließ seinen Raum. Im nächsten Augenblick sah Totty, daß Dr. Amersham vorüberging. Der Arzt fragte Bould etwas, dann wurde eine Tür zugeschlagen, und der Lift fuhr in die Höhe.
    Gleich darauf hörte Totty andere Schritte, lugte vorsichtig um die Ecke und bemerkte eine junge Dame. Zu seinem höchsten Erstaunen erkannte er Isla Crane, die er in Marks Priory kennengelernt hatte.
    Sie trug einen langen Mantel und einen kleinen schwarzen Hut, den sie tief ins Gesicht gezogen hatte. Aber Totty vergaß kaum einen Menschen, den er einmal gesehen hatte. Sie war ein wenig bleich und machte einen nervösen Eindruck.
    Sie schaute nach links und nach rechts und ging schon auf die Tür der Portierloge zu, aber gerade noch rechtzeitig kam der Fahrstuhl herunter, und Bould trat auf sie zu.
    »Sie wünschen doch Dr. Amersham zu sprechen?«
    »Ja, bitte«, erwiderte sie leise.
    Totty wartete, bis Bould zurückkehrte.
    »Das ist sie«, sagte der Portier. »Sie sieht gut aus, nicht wahr? Aber alle Mädels, die herkommen, haben ein hübsches Gesicht. Wenn das meine Tochter wäre –«
    Er machte ein grimmiges Gesicht. Totty entgegnete nichts darauf, denn Islas Besuch bei Dr. Amersham erschien ihm nicht so sonderbar. Sie war die Sekretärin Lady Lebanons und brachte dem Arzt vielleicht eine Botschaft von ihrer Herrin. Ihr bleiches Gesicht und ihr nervöses Verhalten paßten allerdings wenig zu dieser Theorie.
    »Ist es nicht möglich, daß ich in die Wohnung schauen könnte?« fragte Totty plötzlich.
    Mr. Bould wurde ernst.
    Als alter Polizist fand er es selbstverständlich, daß der Sergeant mit einem Nachschlüssel in die Wohnung eindringen oder sich wenigstens in der leeren Wohnung neben den Räumen von Dr. Amersham aufhalten durfte. Von dort aus konnte Totty auf den gemeinsamen Balkon hinaustreten, der auch an der Wohnung des Arztes entlangführte. Nur ein eisernes Gitter, über das man leicht hinüberklettern konnte, trennte den Balkon in zwei Abteilungen.
    Aber jetzt war Bould hier Portier und hatte über die Hausbewohner zu wachen. Dafür erhielt er doch sein Gehalt. Er konnte seine Stellung verlieren, wenn er sich etwas zuschulden kommen ließ.
    »Ich weiß nicht recht, Sergeant, ob das geht«, sagte er und kratzte sich das Kinn.
    Totty redete jedoch einige Zeit auf ihn ein, und schließlich fuhren sie beide mit dem Fahrstuhl hinauf.
     
    Kaum hatte Isla Crane geklingelt, als sich die Wohnungstür des Doktors auch schon öffnete.
    »Ach, treten Sie doch näher, Miss Crane.«
    Dr. Amersham war in der besten Laune, sprach väterlich zu ihr und war viel freundlicher, als er sich jemals in Gegenwart von Lady Lebanon gezeigt hatte.
    »Es ist außerordentlich liebenswürdig, daß Sie gekommen sind. Wollen Sie nicht ablegen?«
    Aber Isla war nicht gekommen, um sich unterhalten zu lassen.
    »Nein, danke. Ich kann nur ein paar Minuten bleiben. Woher wußten Sie eigentlich, daß ich in der Stadt bin?«
    Amersham lächelte, als er sie ins Wohnzimmer führte.
    »Ich habe mit Mylady telefoniert, und sie sagte mir, daß Sie in London wären. Sie haben doch den Abend noch frei? Hoffentlich habe ich Ihr Programm nicht verdorben. Es ist überhaupt unverantwortlich, daß Sie soviel Zeit in dem düsteren Herrenhaus von Marks Priory zubringen müssen.«
    »Ich fahre morgen früh nach Stevenage, um meine Mutter zu besuchen«, entgegnete sie kurz.
    Er schob ihr einen Sessel hin, aber sie setzte sich nicht.
    »Lady Lebanon nannte mir das Hotel, in dem Sie logieren, und es war ein glücklicher Zufall, daß ich Sie traf, bevor Sie ausgingen.«
    »Was wollen Sie denn von mir?«
    Der Ton ihrer Stimme klang durchaus

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