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105 - Das indische Tuch

105 - Das indische Tuch

Titel: 105 - Das indische Tuch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edgar Wallace
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Beamten nichts beweisen können, tragen sie vielleicht so viel Material zusammen, daß ein vollkommen Unschuldiger ins Gefängnis gesteckt wird.«
    »Der Schuldige aber auch«, entgegnete Willie rücksichtslos. »Aber ich weiß gar nicht, Mutter, warum du dir darüber Sorgen machst. Man sollte fast annehmen, du wolltest verhindern, daß der Mörder Studds verhaftet wird!«
    Sie richtete sich hoch auf, aber dann seufzte sie.
    »Was hast du dem Detektiv gesagt?« fragte sie aufs neue.
    »Nichts.«
    Er stand schnell auf und warf die Zeitung auf den Tisch.
    »Der Mann hat mich lange nicht soviel gefragt wie du. Ich gehe jetzt zu Bett!«
    Als er sich zur Treppe wandte, sah er Gilder auf der unteren Stufe.
    »Warten Sie einen Augenblick, Mylord. Ich möchte wirklich wissen, was Sie dem Polizeibeamten gesagt haben.«
    »Gilder«, rief Lady Lebanon hart, »lassen Sie den Lord vorbeigehen.«
    Lebanon konnte vor Zorn und Ärger nicht sprechen. Er eilte an dem Diener vorbei die Treppe hinauf.
    »Gilder, das hätten Sie nicht tun sollen.«
    »Es tut mir leid, Mylady«, erwiderte der Mann nicht gerade unterwürfig. »Aber dieser Detektiv von Scotland Yard hat mich außerordentlich beunruhigt. Ich dachte, die Untersuchung wäre zu Ende. Ich möchte nur wissen, warum sie die Sache wieder aufgegriffen haben. Es war einer von Tanners Leuten.«
    Sie nickte.
    »Er wohnt unten im Gasthaus. Glauben Sie, daß die Geschichte wahr ist – ich meine, daß er Nachforschungen wegen des Geldfälschers hier anstellen will? Immerhin wäre es möglich. Er muß nicht unbedingt hergekommen sein, um den Mord aufzuklären.«
    Gilder schaute sie zweifelnd an.
    »Ich weiß es nicht, er ist nur ein Sergeant. Wenn etwas Wichtiges im Gange wäre, würden wir sicher den Chefinspektor selbst hier sehen. Die niederen Beamten werden doch nur mit geringeren Aufgaben betraut. Ich glaube nicht, daß er sich den Kopf über Studd zerbricht.«
    »Ich möchte doch erfahren, was dieser Sergeant hier in der Gegend macht. Berichten Sie mir auf jeden Fall, wann er wieder abfährt.«
    Sie nahm eine Kassette aus einer Schublade ihres Schreibtisches und ging die Treppe hinauf. Sie führte ein sehr regelmäßiges Leben, dessen Verlauf nur unterbrochen wurde, wenn unangenehme Leute wie Dr. Amersham die Ruhe ihres Daseins störten.
     
    Ferraby machte am Abend noch einen Spaziergang. Er folgte dem Weg, den er am Morgen zurückgelegt hatte, und kam schließlich wieder zu Mr. Tillings Haus. In einem Fenster brannte noch Licht, und in der Nähe der Gartentür bemerkte er eine Frau, die einen dunklen Schal um die Schultern gelegt hatte und eine Zigarette rauchte.
    »Ich dachte schon, daß Sie es wären«, sagte sie leise, als ob sie fürchtete, daß man sie hören könnte. »Ist es nicht furchtbar hier im Dorf? Sie müssen sich doch hier zu Tode langweilen.«
    »Ach, es ist nicht so schlimm. Übrigens habe ich heute morgen Ihren Mann getroffen – er war sehr ärgerlich auf mich.«
    Sie zuckte die Schultern.
    »Das ist nichts Neues. Er ist immer auf einen böse. Heute nacht hat er Dienst auf der Nordseite des Parks, dort sind Wilddiebe gesehen worden. Wenn er tatsächlich in seinem Revier ist, dann ist er eine Dreiviertelstunde von hier entfernt.«
    Plötzlich legte sie ihre Hand auf die seine.
    »Es tut mir leid, daß ich Sie nicht ins Haus bitten kann. Aber würden Sie einen Spaziergang über die Felder mit mir machen?«
    Er sah sie betroffen an.
    »Nein, ich mache jetzt einen Spaziergang nach dem Gasthaus, und dann gehe ich zu Bett.«
    Sie lachte spöttisch.
    »Johnny wird Ihnen kein Haar krümmen.«
    Er vermutete, daß sie mit Johnny Mr. Tilling meinte.
    »Ich gehe gewöhnlich abends ein wenig spazieren. Solange ich in Sehweite vom Haus bleibe, ist es auch nicht gefährlich.«
    Unvermutet änderte sich ihr Benehmen wieder.
    »Wer hat Studd ermordet?« fragte sie mit harter Stimme. »Dieser gemeine Schuft!« Es klang fast wie unterdrücktes Schluchzen. »Aber ich werde ihn finden, Mr. Ferraby – eher als die Beamten von der Polizei.«
    »Studd muß ein guter Freund von Ihnen gewesen sein.«
    »Er war mein Geliebter«, erklärte sie trotzig. »Ich sage Ihnen die Wahrheit. Er war der einzige auf der Welt –«
    Erst nach einer Weile konnte sie weitersprechen.
    »Ich wollte mich von meinem Mann scheiden lassen, denn er ist wirklich nicht höflich und anständig. Dann wollte ich Studd heiraten. Bei ihm wäre ich auch ganz anders geworden, wenn er mich von diesem schrecklichen

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