105 - Der Ruf nach Freiheit
ungerührt weiter, seine Wange an ihre schwarze Mähne gedrückt.
Matt sah die Blutstropfen an Aruulas Kehle. Der Schweiß brach ihm aus. »Ganz ruhig«, sagte er mit bebender Stimme.
»Niemand muss verletzt werden!« Er zögerte, den Driller sinken zu lassen, obwohl er keinen Schuss würde anbringen können, ohne seine Geliebte zu gefährden.
»Gib auf, Matt!«, mischte sich plötzlich Rulfan ein. »Bring Aruula nicht in Gefahr!« Er trat einen Schritt aus dem Kreis der Gefangenen heraus.
Matt starrte den Albino an. Verdammt, was sollte das?
»Na so was - ein Sklave mit Verstand«, spottete Gosta. »Du solltest auf ihn hören, Matt!«
Rulfan machte einen weiteren Schritt nach vorn und wandte sich Matt zu. »Das hat doch alles keinen Zweck mehr!«, sagte der Albino eindringlich. »Komm schon, gib mir die Handkeule. Mit der kommst du eh nicht nahe genug an Gosta heran.«
Handkeule?
Und dann endlich begriff Matt - und musste sich ein Grinsen verkneifen. Gerissener Hund! Die Hoggads kannten offensichtlich keine Feuerwaffen.
Er ließ die Schultern wie resigniert absacken und warf den Driller Rulfan zu. Der fing ihn auf.
Gosta entspannte sich. »Du weißt, wann man verloren hat, Rulfan!« Er hielt die Klinge unverändert an Aruulas Kehle, ließ jedoch ihre Mähne los, drehte sich halb dem Albino zu und streckte die Hand aus. »Los, gib mir die Keule!«
»Hier hast du sie«, sagte Rulfan, hob den Arm und schoss.
Das widerliche Schlangenlächeln auf Gostas Gesicht zerplatzte, während sich Aruula nach vorne warf und über die Schulter abrollte. So trafen sie nur ein paar Blutspritzer, als das Projektil explodierte.
Rulfan flog herum wie ein Rachedämon. Seine roten Augen funkelten, während er auf die anderen Hoggads anlegte. »Keine Bewegung!«
Es gab keine Gegenwehr. Die Männer standen ohnehin schreckensstarr, als sie sahen, wie Gostas kopfloser Rumpf in die Knie sank und dann zu Boden schlug. Einer von ihnen musste sich übergeben. Peter Shaw schloss sich ihm an. Und auch Andrews und Daves Gesichtsfarbe tendierte plötzlich ins Grünliche.
»Worauf wartet ihr?«, fragte Rulfan in die Stille hinein.
»Fesselt sie! Wir haben einen Termin am Hafen…«
***
Frühnebel wogten um die Küste der Eilov Duum - ein breiter Ring, gespenstisch in seiner undurchdringlichen Dichte. Er trieb aus der grauen Winterdämmerung in den Hafen; in kalten Schleiern, die wie ein Hauch des Todes über Rahen und Masten der Drottning zogen.
Die Flut hatte ihren Höchststand überschritten und rauschte den langen schmalen Pier entlang. Das Schiff an seinem vorderen Ende hob und senkte sich im Takt der Wellen. Die Drottning war klar zum Auslaufen. Selbst die Mannschaft war schon an Bord. Es fehlte nur noch eine Kleinigkeit.
»Wo bleiben sie?«, schnarrte Luuk durch die Zähne. Er kochte vor Zorn, seit er wusste, dass die Sklaven sein Schiff kapern wollten.
Eine der jüngeren Frauen war auf schnellen Botenwegen aus dem Dorf gekommen und hatte vom Ausbruch der Gefangenen und von den Verlusten berichtet. Die Sklaven hatten sich nach dem Kampf mit Proviant aus dem Dorf versorgt und waren in Richtung Hafen geflohen. Es war nur allzu offensichtlich, was sie vorhatten.
Aber sie kamen nicht. Irgendwas musste unterwegs passiert sein.
Neben Luuk kauerte der Clanchef am Heck und starrte landeinwärts. Viele seiner Männer waren von den Walpaaki getötet worden, und Endro hatte blutige Rache geschworen.
Alles was ein Schwert tragen konnte, befand sich jetzt im Hafen. Ein Teil hielt den Pier weiträumig umzingelt. Man würde die Sklaven durchlassen und hinter ihnen den Fluchtweg abriegeln. Sigurs Männer sollten nicht noch einmal entkommen!
»Und wenn sie gar nicht von der Eilov Duum fliehen wollen?«, knurrte Endro.
»Was sollen sie sonst vorhaben?«, entgegnete Luuk. Wind fuhr ihm durch die Mähne, und er strich sie zurück. »Sie müssen wissen, dass sie hier kein Versteck finden, in dem wir sie nicht auf spüren können. Keine Frage also - sie sind hinter meiner Drottning her.«
Endro sah seinen Bruder von der Seite an. »Wir werden neue Sklaven kaufen! Ich will, dass diese Gruppe stirbt! Ohne Ausnahme und so qualvoll wie möglich! Klar?«
»Darauf kannst du dich verlassen«, sagte Luuk grimmig.
Plötzlich runzelte er die Stirn. Da waren Bewegungen auf dem Wasser gewesen und Geräusche, die dort nicht hingehörten!
Wieder zog ein Windstoß vorbei. Er zerteilte den Nebel achtern voraus, und Luuks Augen wurden
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