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105 - Der Ruf nach Freiheit

105 - Der Ruf nach Freiheit

Titel: 105 - Der Ruf nach Freiheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephanie Seidel
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wird's wohl nicht mehr geben.«
    Damit stapfte Gosta los. Die Sklaven der Frühschicht waren abmarschbereit, hinter den anderen schloss sich gerade das Tor des mächtigen Palisadenzaunes, der ihre Unterkunft am Rande der Siedlung umgab.
    »He, und was ist mit dem?«, rief Liand hinter Gosta her und wies auf Felik, der allmählich wieder zu sich kam. »Soll ich ihn ins Dorf schleppen?«
    »Wozu?«, scholl es zurück. »Lass ihn angekettet hier. Ich kümmere mich später um ihn.«
    ***
    Flankiert von zwei Wächtern verließ der Sklaventrupp das Dorf. Soeben ging die Sonne auf - ein fahles, kraftloses Winterlicht, das sich mühsam durch die morgendlichen Dunstschleier kämpfte. Es war Anfang Februar auf der Eilov Duum , der östlichsten Insel des Meera-Archipels. Eisiger Wind pfiff über das felsige Hochland hinweg, und die wenigen kahlen Bäume in den Niederungen ächzten unter ihrer Schneelast.
    Dennoch präsentierte sich das kleine Eiland längst nicht mehr so lebensfeindlich wie in der Zeit vor dem Kometeneinschlag, als die Pole noch an ihrem angestammten Platz waren und die meisten der neun Meera-Inseln ganzjährig unter Eis und Schnee gelegen hatten.
    Eis und Schnee gab es auch heute noch reichlich, aber sie begnügten sich mit den Wintermonaten. Der Klimawechsel hatte zudem die Frosttiefe im Boden verringert, sodass an geschützten Stellen etwas angebaut werden konnte. Das war die erfreuliche Veränderung. Als weniger erfreulicher Nebeneffekt brachen die uralten, vergessenen Geysire der Eilov Duum wieder aus, was gelegentlich für unangenehme Überraschungen sorgte und den ohnehin schon dichten Frühdunst noch verstärkte.
    Schweigend zogen die Sklaven der Küste entgegen, eingehüllt in Pelze und Hoffnungslosigkeit. Von fern war das Rauschen der Brandung zu hören, die wild und ungezähmt an die Strände schlug. In Höhe des Hafens veränderte sich das Geräusch, und ein verirrter Sonnenstrahl stieß durch den Nebel.
    Er tanzte über Rahen und Masten der Drottning , die am Ende des befestigten Piers vor Anker lag - allein, denn das mächtige Schwesterschiff Arduu Faik war noch nicht aus Ruland zurückgekehrt.
    Zurzeit wurde die Drottning beladen. Gutes Wetter vorausgesetzt, würde sie gegen Ende der Woche auslaufen.
    Manch heimlicher, sehnsüchtiger Blick streifte dieses Schiff, als der Sklaventrupp den Hafen passierte. Die Wächter ließen ihre Peitschen knallen.
    Weiter ging es den Strand entlang, in sicherem Abstand an einem der bevorzugten Plätze der Walpaaki vorbei. Um diese Zeit schlief die Herde noch. Nur gelegentlich kam hier und da ein Schatten hoch, trügerisch langsam und von faulem Grunzen begleitet.
    Niemand, der hier lebte, fiel auf das beschauliche Bild herein: Walpaaki waren brandgefährlich. Der kleinste Anlass genügte, und die braun bepelzten Reißzahnträger fegten los.
    Wer sie jagen wollte, musste nicht nur eine große Portion Unerschrockenheit mitbringen, sondern auch die Bereitschaft, in Blut zu waten.
    Diese Fähigkeit gehörte zur Grundausstattung für ein Leben auf der Eilov Duum , und jeder ihrer zwielichtigen Bewohner besaß sie im Überfluss. Trotzdem wurde dort niemand wirklich alt. Erst recht nicht, wenn er Sklavenketten trug.
    »Ich kann nicht mehr! Nein, falsch: Ich will nicht mehr.«
    Dave McKenzie blieb so plötzlich stehen, dass die Männer hinter ihm nicht mehr ausweichen konnten. Es gab ein ziemliches Stolpern und Schliddern auf den eisbedeckten Strandkieseln.
    »Idiot!«, zischte jemand an McKenzies Ohr und verpasste ihm einen Stoß in den Rücken. Daves leerer Transportkorb entglitt dessen Hand und tanzte davon - direkt auf den Sklavenhüter zu. Mit ausdrucksloser Miene beobachtete Gosta, wie das Korbgeflecht heran sprang und gegen seinen Stiefel prallte. Er sah Dave McKenzie an.
    »Komm her«, sagte er nur. Mehr brauchte es nicht, um atemlose Stille zu schaffen und den Dämon zu wecken, der im Niemandsland geschundener Seelen schläft. Er weidet sich an zerbrochenem Stolz; er quält dich mit deiner Machtlosigkeit und nimmt dein Herz in seine kalten Hände, wenn sich erneut die Haut auf deinem Rücken spannt - unwillkürlich, als wollte sie sich wappnen für den nächsten erniedrigenden Schlag. Jeder Sklave kennt dieses Gefühl. Professor Dr. David McKenzie, der eine denkwürdige Odyssee hinter sich hatte, machte da keine Ausnahme.
    Der schlaksige Astrophysiker war zusammen mit Rulfan auf dem Weg nach Britana gewesen, als sie vor der finnischen Küste in die Hände von

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