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105 - Der Ruf nach Freiheit

105 - Der Ruf nach Freiheit

Titel: 105 - Der Ruf nach Freiheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephanie Seidel
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den Anstand besessen, noch vor dem zweiten Winter zu sterben, aber das änderte nichts an seiner Schmach. Es schonte nur den Geldbeutel.
    Finster blickte Endro auf die steinernen Wände ringsum.
    Siebzehn Schwerter hingen dort - eines prachtvoller als das andere, und jedes am Morgen einer Niederkunft gefertigt. Für den Sohn, der einfach nicht kommen wollte. Auch Endros jetzige Frau, Gwinn, hatte bisher nur Mädchen zustande gebracht. Zwei davon lebten, und der Clanchef glaubte allmählich Opfer einer Verschwörung zu sein. Bestimmt steckte der Sklavenhüter dahinter - Gosta, der so helle Augen hatte und Dinge sagen konnte, die Endro nicht verstand. Gwinn verstand sie immer, und das war wirklich rätselhaft, denn sie war doch nur eine Frau!
    Klong-Klong-Klong
    Endro biss sich auf die Lippen. Ein Haus voller Weiber!
    Lauter hungrige Mäuler, und nicht eines dabei, das mit tiefer Stimme sprach! Kein Erbe für die Schmiede, kein Nachfolger im Amt. Es würde Neuwahlen geben, wenn Endros Zeit abgelaufen war. Gut möglich, dass der nächste Anführer Gosta hieß.
    Endro nahm das Eisen auf und trug es zur Esse. Pettrik, sein Gehilfe, betätigte den großen Blasebalg mühelos, wie es schien.
    Er war ein strammer Bursche von vierzehn Wintern und einer der vielen Söhne des Sklavenhüters. Als Endro das heiße Werkstück ins Feuer rammte, räusperte er sich.
    »Diesmal wird dir bestimmt ein Sohn geschenkt, Meister!«
    Endro blies die Backen auf. Was erlaubte sich der freche Bengel? Wortlos holte er aus. Doch die Kopfnuss ging ins Leere. Pettrik hatte sich rechtzeitig geduckt.
    Schatten fielen durch die offene Tür, und Stimmen wurden laut.
    »Morgen, Endro!«, scholl es von draußen.
    Der Clanchef riskierte einen flüchtigen Blick, während er zum Amboss ging. »Morgen, Luuk!«, brummte er und griff nach dem Hammer.
    Der Mann am Eingang winkte einen Trupp bewaffneter Hoggads vorbei. »Ich komme gleich nach!«, rief er ihnen hinterher. Dann stapfte er in die Schmiede, ein Schwert geschultert und, so weit es sich erkennen ließ, ein Lächeln auf dem Gesicht.
    Luuk war der Kapitän der Drottning . Wie Endro hatte er einen dichten schwarzen Bart und eine ebensolche Mähne, aber anders als sein Bruder trug er sie an den Seiten zu Zöpfen geflochten. Etwas baumelte darin, das an fleckige Perlen erinnerte. Tatsächlich waren es Zähne.
    Endro entdeckte ein paar Neuzugänge und lachte ungläubig.
    »Sag nicht, dass sich die Kerle schon wieder hergetraut haben!«
    Luuk nickte kurz. »Letzte Nacht. Ein ganzes Boot voll. Die Walpaaki haben vier von ihnen erledigt, und die anderen drei…«
    Er ließ den Rest unausgesprochen und tippte nur an seine Trophäensammlung. Endro schüttelte den Kopf.
    »Unsere Nachbarn sind so dämlich, man glaubt es kaum! Wie viele sollen wir noch erschlagen, bis sie endlich begreifen, dass sie auf der Insel nicht willkommen sind?«
    »Es sind Piraten, was erwartest du?« Luuk kratzte sich am Ohr, dass sein Goldring wild schaukelte. »Sie wissen, dass wir mit Walpaaki-Pelzen und Schwertern handeln und nicht gerade in Armut leben. Also versuchen sie unsere Lager zu plündern.«
    Er lachte. »Die Kerle haben keine Ahnung, woher unser Gold tatsächlich stammt! Wie auch? Wir beliefern sie ja nicht mit Kinksais. Meine Männer und ich wollen übrigens noch mal den Strand kontrollieren. Nur zur Sicherheit.«
    Klong-Klong-Klong
    »Macht das.« Endro hob die werdende Klinge hoch und besah sie prüfend. Schweiß rann ihm von den Schläfen. Neunmal gefaltet und unter Verwendung von Lehmbestrich gehärtet würde dieses Eisen eine schöne Stahlstruktur bekommen. Das fertige Schwert blieb zudem durch diese Technik selbst bei extrem harter und scharfer Klinge flexibel.
    »Gute Arbeit, Bruder!« Luuk nickte anerkennend. »Wirklich gut! Mögen die Götter dieser Waffe einen würdigen Träger schenken!«
    Endro wollte etwas sagen. Aber genau in diesem Moment verhallten die Schreie, die der Wind die ganze Zeit vom Haus des Clanchefs hergeweht hatte.
    Stille senkte sich über die Schmiede. Selbst das Feuer in der Esse schien interessiert zu lauschen. Die beiden Männer sahen sich an, atemlos und mitten in der Bewegung erstarrt.
    »Äääää«, plärrte ein dünnes Stimmchen. Jemand kam durch den Schnee gerannt. Es war Simmii, Endros älteste Tochter, und sie rief schon von weitem die erlösenden Worte: »Ein Junge! Es ist ein Junge, Vater!«
    »Wudan sei Dank!« Endros Knie wurden weich. Er legte die Schmiedezange ab und warf

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