1055 - Vampire, Karina und wir
aber war leider nicht mehr möglich. Und so wartete er darauf, daß die Türen aufklafften und die Lücke breit genug war.
Er rollte in die Kabine hinein.
Der unterste Knopf wurde gedrückt.
Der Lift ruckte an und brachte ihn in die Tiefe. Sein Gesicht war unbewegt. Auf der Haut lag ein leichter Schauer, die Unruhe war nicht verschwunden. Sie trieb ihn zur Eile an. Recht schnell fuhr er im tiefsten Keller durch den Gang auf das Gefängnis mit den vier Wiedergängern zu.
Die Klinke war in einer entsprechenden Höhe angebracht worden, so daß er die Außentür leicht öffnen konnte. Er rollte in die Hölle hinein und nahm wieder den alten, muffigen und nach Blut stinkenden Geruch wahr.
Drei Blutsauger hielten sich auf den Beinen. Sie hatten sich verändert. Ihre sich hinter den Stäben abzeichnenden Gesichter waren aufgeblüht. Alles Abgeschlaffte und Welke darin war verschwunden. Beinahe konnte man sie mit normalen Menschen vergleichen.
Costello öffnete die Tür, nachdem er den Schlüssel ins Schloß gesteckt und gedreht hatte.
Unsicher fühlte er sich schon. Zwar war er bewaffnet, doch die Kugeln halfen nicht gegen Blutsauger.
Er fuhr zurück, als die Tür aufschwang. Die drei Untoten hatten in ihrer Nähe gelauert. Wieder war es Tyra, die sich als erste aus dem Gefängnis hervorschob.
Costello hatte eigentlich zur Seite schauen wollen, doch er schaffte es nicht. Er mußte den Blick der kalten Totenaugen einfach zurückgeben und hoffte inständig, daß sich die Wesen an Mallmanns Befehle hielten. Tyra schlich vor. Sie lächelte. Die beiden Eckzähne waren gut zu sehen. Neben dem Rollstuhl blieb sie stehen und beugte einen Moment später ihren Kopf nach unten.
Costello verkrampfte. Es war ein Test, das wußte er genau. Wenn die Gier zu groß war, dann hatte er verloren. Dann würde auch er als Blutsauger in die dunkle Welt der Vampir eintauchen.
Sie biß nicht zu.
Sie streichelte ihn.
Costello bekam eine Gänsehaut, als er die Fingerkuppen der kalten Totenhand spürte. Und er erlebte, daß Tyra sprechen konnte.
Mit der normalen Kraft war auch ihre Sprache zurückgekehrt. Das Gesicht sah nicht mehr so eingefallen aus. Es hatte zwar keine Farbe bekommen, sie wirkte aber erholter.
»Wir haben unsere Befehle. Du kannst dich glücklich schätzen, daß du auf unserer Seite stehst.«
»Ja… klar …«, gab er stotternd zurück. »Das ist auch so. Mallmann ist mein Partner.«
»Das wissen wir.«
»Gut, dann seid ihr jetzt frei!«
Tyra lachte leise. Dann sagte sie etwas, das der Mafioso nicht nachvollziehen konnte. »Wir sind immer frei, Costello, das solltest du dir merken.«
»Ähm… sicher.«
»Wir sind die Unsterblichen.«
Er schwieg. Tyra kümmerte sich nicht um ihn. Sie winkte kurz ihren beiden Artgenossen zu, die hinter ihr hergingen. Die Tür war wieder ins Schloß gefallen. Sie brauchten sie nur aufzuziehen, um den Raum verlassen zu können.
Logan Costello wartete noch. Er drehte den Kopf, um hinter das Gitter schauen zu können.
Dort lag der letzte Vampir. Marco Versini. Er war einmal einer von seinen Leuten gewesen. Die drei anderen hatten aus ihm eine blutleere Hülle gemacht. Aber er war nicht tot. Er lag nur regungslos auf dem Boden und wartete darauf, daß der Keim des Bösen in ihm wuchs und wirksam wurde. Nach diesen Gedanken fühlte sich Costello nicht mehr so wohl. Es konnte durchaus sein, daß er einen Fehler begangen hatte, obwohl die »Nahrung« für die anderen Vampire nur gut gemeint gewesen war. Er dachte realistisch, denn Wesen wie Marco fühlten sich nicht an die Befehle eines Will Mallmann gebunden.
Er würde, wenn er wieder erwachte, seinen eigenen Weg gehen, und er brauchte Blut.
Das gab es genug im Haus!
Costello fuhr zur Tür. Er kam allein nicht mehr zurecht und wollte Tyra fragen.
Der Gang war leer.
Die drei Blutsauger hatten bereits den Fahrstuhl besetzt und waren nach oben gefahren. Sie würden sich im Haus verstecken.
Vielleicht auch im normalen Keller oder aber dort, wo sich die Menschen aufhielten. War es wirklich eine so gute Idee gewesen, sie freizulassen?
Costello geriet ins Grübeln und zugleich ins Schwitzen. Er machte sich auch Vorwürfe, daß er allein in den Keller gefahren war.
Hier unten fühlte er sich mehr denn je als Krüppel, der auf fremde Hilfe angewiesen war.
Was tun?
Er überlegte nicht lange, aber die Neugierde zwang ihn schon, sich so weit wie möglich zu drehen und einen Blick hinter das Gitter zu werfen.
Dort zuckte Versinis
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