1055 - Vampire, Karina und wir
Körper.
Der Blutsauger war dabei, den ersten Schritt in seine neue Existenz zu gehen. Costello war kein Vampir-Fachmann. Er ging allerdings davon aus, daß dieser neue Wiedergänger sich seine Kraftnahrung suchen würde. Das war Menschenblut.
Er hatte sich aufgesetzt. Bewegte sich langsam. Schaukelte von einer Seite zur anderen. Der Kopf bewegte sich mit. Das Gesicht hatte einen stupiden Ausdruck angenommen. Der Mund stand offen. Um seinen Hals herum zeichnete sich die rote Blutkrause nur noch schwach ab. Noch sah Costello die beiden Zähne nicht. Das änderte sich, als Versini seinen Kopf drehte, weil er wohl gespürt hatte, daß sich ein normaler Mensch aus Fleisch und Blut in seiner Nähe befand.
Er starrte ihn an!
Costello glotzte zurück. Und er sah die beiden aus dem Oberkiefer nach unten ragenden Zähne. Leicht gekrümmt, sehr spitz. Sie würden jede Haut durchstoßen.
Der Mafioso schwitzte. Der Schweiß rann in Tropfenbahnen über seinen Rücken. Er fühlte sich in der Falle, obwohl ihn keine Waffe bedrohte. Aber Versini an sich war schon Waffe genug. Es hielt ihn auch nicht auf seinem Platz. Mit einer schwerfälligen Bewegung und noch immer sitzend drehte er sich um. Er erweiterte die Bewegung und streckte dabei seinen rechten Arm so weit wie möglich aus, um einen der Gitterstäbe zu erreichen, der ihm als Halt diente.
Die Finger umklammerten den Stab so fest wie möglich. Er ruckte noch einmal daran, als wollte er seine Festigkeit prüfen. Dann zog er sich hoch.
Sehr langsam, sehr mühsam. Ihm fehlte ein großer Teil seiner Kraft. Ihm fehlte das frische Blut. Das aber wollte er sich holen, denn es befand sich nicht weit.
Er kam hoch, und Costello tat nichts.
Das konnte der Mafioso selbst nicht begreifen. Er hockte in seinem Rollstuhl wie angeklebt und zuckte nicht einmal mit den Augen. Alles an ihm war erstarrt, und er hatte nur Blicke für die schreckliche Gestalt, die als Mensch einmal ihm gehorcht hatte.
Das war vorbei.
Er war nur noch äußerlich ein Mensch, dessen heller Anzug verschmutzt war und auf dessen Hemd sich dicht unter dem Hals Blutflecken abmalten.
Costello tat nichts. Selbst das Atmen hatte er irgendwie eingeschränkt. Die Bewegungen des Vampirs faszinierten ihn einfach, und er kam auch nicht damit zurecht. Sie waren so neu. Es gab keine normale Erklärung. Selbst die früheren Zeiten, als er noch mit dämonischen Partnern paktiert hatte, waren vergessen. Jetzt gab es nur noch das Neue, vielleicht die neue Ära.
Marco Versini zog sich hoch. Sein Körper mußte um das Doppelte an Gewicht zugenommen haben, wenn man seine Bewegungen genau beobachtete. Sie bereiteten ihm Schwierigkeiten. Er zerrte und klammerte. Inzwischen hatte er zwei Gitter umfaßt, um besser auf die Beine kommen zu können. Es war trotzdem schwer, die Kraft fehlte einfach. Aber er gab nicht auf, und schließlich stand er aufrecht hinter dem Gitter, um durch eine Lücke auf Costello zu glotzen.
Der Mafioso schwitzte stärker. Und der Schweiß war weiterhin kalt, der als Tropfen seine Bahn über das Gesicht des Mannes hinweg fand und im Hemdkragen versickerte.
Costello spürte den Druck im Innern und hinter den Augen. Seine Lippen waren trocken, als hätte jemand sie mit Sand bestreut.
Die Haut an seinem Hals zuckte, und der Blutsauger löste eine Hand vom Gitterstab, um den nächsten umfassen zu können. Er lag schon näher an der Tür, die weiterhin offenstand..
Die Angst in Costello war zugleich Warnung. Sie sagte ihm, nicht mehr nur im Rollstuhl sitzenzubleiben. Er mußte die Tür zudrücken und schließen, sonst war er verloren.
Versini brauchte Blut – sein Blut!
Costello erwachte endlich aus seiner Starre. Er rollte auf die Gittertür zu und streckte bereits eine Hand nach dem Schloß aus, als ihn das Wissen erwischte wie ein Schlag.
Es gab den Schlüssel nicht mehr. Er steckte nicht. Er war weg.
Herausgerutscht und auf den Boden gefallen. Aber auch dort lag er nicht, denn Costello suchte das Gebiet genau ab, ohne das kleine Stück Metall zu entdecken.
Er fluchte. Schaute nach rechts. Heftig hatte er den Kopf bewegt und auch das Knacken in seinem Hals gehört.
Versini ging es immer besser. Er atmete nicht. Was da seinen offenstehenden Mund verließ, war mehr ein tiefes Grunzen. Es paßte zu dem böse verzerrten Gesicht.
Versini war schon weiter an die Tür herangekommen. Bei jedem Schritt hatte ihm das Gitter eine entsprechende Stütze vermittelt. Er war nicht mehr zusammengebrochen, obwohl
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