1067 - Er killt für den Satan
davon gewesen.
Das feingeschnittene Gesicht schaute auf ihn nieder. Blasse Haut, ein blasser Mund mit Lippen, die mehr zu erahnen als zu sehen waren. Das Gesicht wirkte wie fein gemalt, und das blonde, leicht gelockte Haar erinnerte an das eines Kleinkinds.
Er schaute nieder.
Er schickte seine Gedanken, und Ryback spürte sie in seinem Kopf.
»Bist du nun zufrieden? Jetzt, wo du mich endlich gesehen hast?«
Ryback konnte es noch immer nicht fassen. »Ich weiß nicht«, hauchte er. »Es ist mir so fremd. So habe ich mir dich nicht vorgestellt. Bist du es tatsächlich?«
»Verlasse dich darauf…«
Die Stimme hatte wie ein Singen geklungen. Sie war so wunderbar gewesen. So weich, und sie hätte auch von einer Frau stammen können.
Rybacks Zweifel waren nicht beseitigt worden. In seine Überlegungen hinein klang das Lachen.
Und das hörte sich anders an.
Hart, hämisch, kalt und widerlich. So lachte kein Mensch, so lachte nur der Teufel.
Zugleich begann die Veränderung in seinem Gesicht. Allerdings nur in den Augen. Waren sie vorhin noch hell und strahlend gewesen, so dunkelten sie nun ein.
Ein Grau schob sich hinein. Es nahm an Intensität zu. Es dunkelte noch weiter zu, so daß die Pupillen völlig verschwanden und schließlich nur die Schwärze zurückblieb, die Ryback anstarrte. Er suchte nach einer Erklärung oder einem Vergleich. Es kam ihm in den Sinn, daß die Augen aussahen wie dicke, polierte Öltropfen, die aus den Höhlen auf ihn niederstarrten.
Zwei nicht nachvollziehbare Gegensätze vereinigten sich über ihm. Zum einen dieses engelhafte Gesicht, zum anderen waren es die bösen und grausamen Augen, die in die Tiefe starrten, als wollten sie seine Seele durchbohren.
Dann vernahm er wieder die Stimme. »Zweifelst du noch immer, Ryback?«
»Nein… nein … nicht mehr …«
»Das ist sehr gut. Dann bin ich auch mit dir zufrieden. Ich hasse es, wenn man an mir zweifelt. Und von meinen Dienern verlange ich erst recht, daß sie es nicht tun. Kein Zweifel an meiner Person, denn ich bin ich…«
»Ja, ich weiß!«
»Und du willst treu an meiner Seite stehen und so werden wie ich? Oder es versuchen?«
Ryback war durcheinander. Er hatte die Frage nicht erwartet. Über seine Pläne hatte er mit niemandem gesprochen, nur mit sich selbst, aber der Teufel kannte sie. Er wüßte genau Bescheid, deshalb hatte es keinen Sinn, ihn anzulügen.
»Ich weiß, daß es vermessen ist und daß ich es nicht kann, aber ich möchte dir nahe kommen.«
»Das ist gut. Das akzeptiere ich. So mag ich die Menschen. Aber sie müssen sich anstrengen. Prüfungen bestehen, wenn ich sie akzeptieren soll. Viele haben schon versucht, sich auf meine Seite zu stellen und mir alles geboten. Den wenigsten ist es gelungen, denn sie waren letztendlich zu schwach.«
»Ich bin es nicht!« flüsterte Ryback. »Ehrlich. Das ist bei mir nicht der Fall.« Er hatte Angst davor, daß der Teufel ihn trotz allem noch abweisen konnte, deshalb zitterte seine Stimme auch so stark, und bittend starrte er in das Gesicht mit den dunklen Augen.
Satan hatte gemerkt, was seinen Diener beschäftigte. »Traust du dich nicht?« fragte er. »Was ist los? Bist du unsicher?«
»Nein, nicht direkt. Aber ich habe…«
»Du hast gar nichts mehr. Du bist jetzt ein anderer geworden. Ich hätte dich nicht alle Prüfungen bestehen lassen, wenn ich dich nicht gewollt hätte. Das solltest du bedenken.«
»Danke.«
Das Gesicht lächelte. Ein böses und wissendes Lächeln, wobei zugleich ein Schatten darüber hinwegwischte. Ryback glaubte zuerst an eine Täuschung, bis er erkannte, daß es nicht stimmte. Das Gesicht war dabei, sich abermals zu verändern.
Es hatte seine ersten Umrisse verloren. Von einer Weichheit war überhaupt nicht mehr zu sehen. Die Umrisse zogen sich zusammen und bildeten in der unteren Hälfte des Gesichts die Spitze eines Dreiecks.
Ryback hielt den Atem an. Er spürte nicht mehr die Kälte des Eiswassers, er spürte nicht einmal sich selbst. Starr wie eine Leiche schwamm er auf der Oberfläche, den Blick nach oben gerichtet, zitternd, wartend und hoffend.
Der echte Satan. Er würde sich zeigen, denn auch die Schönheit seines Gesichts verging. Jetzt zeigte sich das, worauf er schon immer gewartet hatte.
Das Böse. Das Dreieck mit den harten Augen, dem großen Maul, den mächtigen Stiftzähnen darin. Der Qualm, der das Gesicht umhüllte, die Haare auf der Haut, ein Bart, der zittrig von der Kinnspitze herabhing.
Ja, so hatten sich
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