1075 - Horror auf Mallorca
nicht. Sie waren so schwer geworden. Da schienen Bleigewichte auf seinem Lidern zu liegen. So war er auch weiterhin gezwungen, auf das Kreuz zu starren, das auch seine ursprüngliche Silberfarbe verloren hatte. Es war dunkler geworden, aber nicht schwarz, sondern mehr blau. Ein kaltes Blau, das abstoßen konnte. Dazu paßte auch das widerliche der Figur, die ihren breiten Mund noch stärker verzogen hatte. Triumph strahlte Fuentes entgegen. Diese Gestalt wußte, daß sie die Macht über das Kreuz erhalten hatten. Sie war der Sieger und hatte ihm ihr Leben eingehaucht.
Fuentes konnte sich nicht bewegen. Er mußte einfach starr auf dem Altar sitzenbleiben. Der rechte Arm war bis hoch zur Schulter vereist. Da tat sich nichts mehr, und seine Hand schien mit dem Kreuz für immer verbunden zu sein.
Die Kälte breitete sich aus. Sie wanderte auch nach der linken Seite hin. Diesmal bewegte sie sich von oben nach unten. Sie rieselte durch seinen Körper, und sie war dabei viel schneller als beim erstenmal. Carlos schaffte es nicht, sich dagegen zu wehren. Das Kreuz hatte ihn in seinen Bann gezogen.
Und das Böse pflanzte sich fort. Es wollte den gesamten Körper des Mannes übernehmen. Die Kälte war jetzt in seinem linken Bein zu spüren. Sie fror dort alles ein, und sie wanderte auch bis in das rechte Bein hinein.
Fuentes stöhnte. Bisher hatte er nur heftig geatmet. Nun aber wurde der Druck immer schlimmer, denn auch seine Brust blieb davon nicht verschont. Er konnte sich nicht mehr vorstellen, wie er diesem hinterhältigen und kaum zu fassenden Angriff noch entwischen sollte, denn er erstarrte von Sekunde zu Sekunde immer mehr.
Und trotzdem bewegte er sich. Nur hatte er damit nichts zu tun. Es war eine Kraft aus dem Unsichtbaren, die seine starren Beine leicht anhob und über dem Boden schweben ließ. Der Körper wurde ebenfalls in Mitleidenschaft gezogen, so daß sich der Mann auf dem Altar sitzend drehte. Zugleich glitten seine Beine weiter hoch, sie streckten sich sogar, damit sie auf der Altarplatte ihren Platz finden konnte.
Zugleich drückte die fremde Kraft auch seinen Oberkörper zurück, zusammen mit dem Kopf.
Auch er berührte den Altar. Fuentes lag auf dem Rücken.
Bildmotive, die er in ähnlicher Form mal gesehen hatte, schossen ihm durch den Kopf. Sein Gehirn funktionierte noch. Er war in der Lage, zu denken, aber er wußte nicht einmal, ob das Herz noch schlug. Wenn ja, dann nur sehr langsam, so daß er es selbst kaum spürte.
In dieser Lage wußte Carlos Fuentes, daß er den falschen Weg gegangen war. Er hatte sich einfach übernommen. Er war nicht stark genug gewesen, um mit den anderen Mächten zurechtzukommen.
Jetzt hatten sie ihn.
Plötzlich spürte er seine Hände wieder. Ein Zucken durchlief die Finger - oder?
Nein, es lag nicht an seinen Händen. Sie hatten sich nicht bewegt. Dafür das Kreuz. Es bewegte sich in seiner erstarrten Hand und drückte die Faust ein wenig auf, um mehr Bewegungsfreiheit zu haben.
Fuentes lag auf dem Rücken. Den Blick hatte er nicht nach oben zur düsteren Decke gerichtet. Er war durch das Verhalten des Kreuzes zu stark abgelenkt worden und schaute über seine Brust hinweg genau darauf.
In seiner Faust hatte es sich aufgerichtet, obwohl er selbst nichts damit zu tun hatte. Der Winkel war für Fuentes ideal. Er schaute genau auf die Vorderseite, auf der sich der Corpus abzeichnete.
Mit dem Körper passierte etwas.
Er blieb nicht mehr so, denn er fing an, sich zu verwandeln. Sein Kopf verschwand, nein, nicht direkt. Er veränderte sich. Er nahm ein andere Form. Er blieb auch nicht mehr menschlich, sondern wurde zum Kopf eines Tiers.
Es war der Kopf einer Schlange!
***
Wir hatten nicht nur zwei Dosen mit Wasser geleert, sondern gleich vier. Jeder von uns zwei, aber der Durst war noch nicht gestillt. Jedenfalls kamen wir uns nicht mehr so ausgetrocknet vor.
Palma kannten wir nicht. Oder nur von Bildern her. Was da gezeigt wurde, stimmte auch mit der Wirklichkeit überein, denn am Strand bauten sich die Fassaden der Hotels in mehreren Reihen auf.
Zum Glück mußten wir dort nicht hin, aber von Trubel wurden wir nicht verschont.
Mit viel Glück erreichten wir die Plaza Temple und konnten unsere Wagen auch abstellen.
Beide waren wir froh, die Blechkiste verlassen zu können, die sich im Innern zu einem Brutofen entwickelt hatte. Da Waren die ersten Schritte draußen direkt angenehm.
Vom Strandleben war hier nichts zu sehen. Der Platz war zu einem
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