1077 - Die Voodoo-Frau
zu warten, Coco. Ich habe ihn.« Der Killer öffnete die Verschlüsse der Kiste, dann hob er den Deckel an, stellte ihn hoch und lehnte ihn gegen die Wand. Danach trat er zurück und wartete, was passierte.
Coco kam…
***
Es war wie so oft. Sie verließ ihren Transportbehälter stets auf die gleiche Art und Weise. Noch zusammengehockt hob sie die Arme an und umklammerte die Ränder der Kiste, als wollte sie sich daran in die Höhe ziehen. Das täuschte. Sie konnte auch so aufstehen.
Mr. Jobb beobachtete sie stets mit der gleichen Spannung. Auch jetzt mußte er daran denken, wie er sie im Regenwald erlebt und kennengelernt hatte. Ein uraltes Weib. Runzelig, mit einer Haut, die den Namen nicht einmal verdiente. Sie hatte ihn an alte Baumrinde erinnert, mit der die Knochen überzogen waren. Fleisch, Muskeln und Sehnen schien es bei ihr nicht gegeben zu haben. Dazu war sie einfach zu dünn gewesen.
Ja, gewesen!
Das war nun vorbei. Zweimal schon hatte sie das bekommen, was sie brauchte. Und damit war auch eine Veränderung eingeleitet worden. Er sah sie bei den Händen. Da war die Haut längst straffer geworden. Sie wuchs nicht mehr über die rissigen Nägel hinweg und schien nun um Jahre verjüngt worden zu sein. Kraft war wieder durch den Körper geflossen, der auch die unnatürliche Dürre verloren hatte. Trotzdem war sie noch kein Mensch, mit dem sich Mr. Jobb unbedingt auf die Straße getraut hätte. Was vor seinen Augen aus der Kiste in die Höhe kroch, sah noch schrecklich genug aus. Ein Körper, der noch dabei war, allmählich zu wachsen oder seine alte und auch jugendliche Form anzunehmen. Doch der Wuchs wurde nicht normal geführt. Die Kraft des toten Fleisches hatte sich nicht normal ausgebreitet. Er sah die schon kräftig gewordenen Beine, doch der Oberkörper war noch mager und eingefallen.
Neues Fleisch und frischere Haut hatte sich schon gebildet und sonderte einen widerlichen Geruch ab. Er konnte auch von der schleimigen Flüssigkeit stammen, die ihren Niederschlag eben auf der neuen Haut gefunden hatte.
Sie stank wie eine Leiche. Ein verzerrtes Gesicht mit glanzlosen Augen in den tief liegenden Höhlen. Dafür war der Mund schon voll ausgebildet und zeigte breite, voluminöse Lippen, während das Kinn darunter flach abfiel und nur von einer dünnen Hautschicht überwachsen war.
Sie zitterte, als sie stehenblieb. Dann öffnete sie den Mund und nickte ihrem Helfer zu.
»Ich habe dir etwas mitgebracht«, sagte er.
»Ja«, drang aus der Mundhöhle, was tief in der Kehle geboren war. »Ja, das sehe ich. Du hast dein Versprechen gehalten, mein Freund. Ich wußte, daß ich mich auf dich verlassen kann.« Sie kicherte und hustete danach. »Es wird alles gut.«
»Ja, bestimmt.«
Das Gesicht der Frau erinnerte an eine alte Landschaft, in der ein gewaltiges Messer seine Spuren hinterlassen hatte. Tief eingeschnitten war die trotzdem dünne Haut. Aus der Nase rann Schleim. Sie hatte sich noch nicht richtig zurückgebildet und wirkte wie ein vertrockneter Klumpen in ihrer feuchten Fratze. Das Haar sah aus wie ein graues Gestrüpp. Es umwuchs ihren Kopf als wäre jedes Haar einzeln hineingesteckt worden. Widerlich sah der Schädel aus, aber das würde sich ändern.
Mr. Jobb kannte die Regeln, denn Coco hatte sie ihm oft genug und immer wieder erklärt.
Erst wenn sie das letzte Opfer bekommen hatte, würde sie wieder so aussehen wie früher. Eine schöne, leidenschaftliche Frau, die mit den Männern anstellen konnte, was sie wollte. Viele hatten ihr zu Füßen gelegen, und das sollte sich wiederholen. Die Zeiten hatten sich geändert, aber die Männer waren die gleichen geblieben. Ihre Triebe und Instinkte hatten sich nicht verändert.
In den dünnen Armen steckte schon Kraft. Nahezu locker schwang sie ihren Körper aus der Kiste.
Davon blieb sie stehen und starrte ihren Helfer an.
Er wich ihrem Blick nicht aus, weil er in die Augen hineinschauen wollte. Er suchte darin nach einer Veränderung, die sie in der letzten Zeit mitgemacht hatte. Er kannte die Augen als stumpf und glanzlos. Das stimmte nicht mehr so ganz. Sie sahen jetzt anders aus. Zwar noch nicht mit den normalen Augen eines Menschen zu vergleichen, aber sie hatten schon einen gewissen Glanz bekommen. Möglicherweise malten sich darin schon Gefühle ab, aber die sah er nicht. Sie schimmerten nur, das war alles, und er war zudem für Coco uninteressant geworden. Ihr Interesse galt einzig und allein dem Toten.
Der Seemann lag noch über dem
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