1082 - Wer im Höllenfeuer schmort
geschlossen.
Neben dem schweren Haken blieb Suko stehen. Er war nicht allein, doch in seiner unmittelbaren Umgebung hielt sich niemand auf. Schräg vor ihm wurde im Licht greller Scheinwerfer ein Schiff entladen. Er huschte dem Quietschen der Winden nach, spürte den jetzt kühlen Wind auf seinem schweißnassen Gesicht und mußte leider zugeben, daß er sich geirrt hatte.
Wild Dean Barton war und blieb verschwunden.
Suko drehte sich um. Er wollte den gleichen Weg wieder zurückgehen, hatte die ersten Schritte bereits zurückgelegt, als ihn ein leises Geräusch hinter dem Rücken warnte.
Ein Quietschen, das bestimmt nicht von einer Hafenmaus verursacht worden war.
Suko tat drei Dinge zugleich. Noch immer auf der Rampe stehend, duckte er sich, fuhr herum und wollte seine Beretta ziehen.
Dazu kam er nicht mehr.
Buchstäblich in der letzten Sekunde riß er seine Hände in die Höhe, um sein Gesicht vor dem heranschwingenden Fleischerhaken zu schützen. Das schwere Ding hätte ihm den Kopf eingeschlagen. Er warf sich gleichzeitig nach hinten, aber einem Treffer konnte er trotzdem nicht entgehen. Der schwere Haken erwischte die Hände und schlug sie zurück gegen den Kopf.
Er trat ins Leere. Der Rand der Rampe war einfach zu nahe gewesen, und Suko fiel nach unten. Er hatte seine Augen dabei geöffnet. So konnte er den anderen sehen, der ihm ein schreckliches Lachen entgegenschickte. Was er dann tat, sah Suko nicht mehr, denn auf seiner Reise in die Tiefe war Barton aus seinem Blickfeld entschwunden.
Er schlug auf. Mit dem Rücken zuerst. Auch sein Hinterkopf bekam etwas ab. Obwohl die Entfernung nicht sehr hoch war, bekam Suko den Aufprall bis in die letzten Ecken seiner Knochen mit. Er hatte sich etwas abrollen können, was sein Glück war, denn sonst wäre er voll mit dem Hinterkopf aufgeschlagen.
So schrammte er über das Pflaster hinweg. Sein rechtes Ohr bekam eine blutige Schramme ab, er rollte sich auch noch einmal um die eigene Achse, ansonsten passierte nichts.
Sehr schnell und geschmeidig kam Suko wieder hoch. Sein Griff galt der Waffe, sein erster Blick erwischte die verdammte Rampe, die natürlich menschenleer war.
Wild Dean Barton hatte die Chance genutzt und war in der Zwischenzeit verschwunden. Und er hatte es zuvor geschafft, sich gut versteckt zu halten. Wahrscheinlich unterhalb der Rampe; der Raum dort war groß und breit genug.
Nach dem Angriff auf Suko hatte er sich glatt absetzen können. Ihn jetzt noch zu suchen, brachte nichts.
Wäre Suko nicht ein so beherrschter Mensch gewesen, er hätte jetzt wild fluchen können. So fühlte er sich auch. Es war sein Fehler, daß der Killer hatte entkommen können. Aber kein Mensch ist perfekt, sonst wäre er ein Roboter. Niederlagen gehörten ebenso zum Leben wie auch die Siege.
Nur eines bereitete ihm Sorgen.
Suko hatte gesehen, was dieser Unmensch mit Hardy Blaine angestellt hatte. Er konnte sich vorstellen, daß der pensionierte Zuchthausdirektor nicht der letzte gewesen war. Jetzt hatte Wild Dean Barton freie Bahn. Es würde verdammt schwer werden, ihn wieder zu stoppen und einzufangen…
***
Der Killer war unterwegs. Er hatte seinen Gegner ausgeschaltet, aber leider nicht die Zeit gehabt, ihn zu töten. Das konnte er später nachholen, zunächst mußte er seine sorgfältig ausgeklügelten Pläne durchziehen und sich anschließend um die anderen kümmern. Aber die beiden Männer aus der Pension standen auf seiner Liste.
In seinem Innern brannte ein Feuer. Er bezeichnete es als die Kraft der Hölle, die ihm schon so viele Lebensjahre geschenkt hatte. Er hätte längst nicht mehr dasein müssen. Tief im Grab liegen. Ein verwester Rest, nicht mehr. Kaum noch Nahrung für Käfer oder die Erdwürmer.
Er leckte seine Lippen und schaute sich um. Hinter dem Lagerhaus fand er eine Gasse und lief durch sie hindurch bis zu einem sehr dunklen Platz, auf dem Container standen. Verschlossen, versiegelt und manche fast so groß wie Häuser. Die Transportgeräte bildeten dabei einen regelrechten Irrgarten, der dunkel war und ihm deshalb entgegenkam.
Auf Licht konnte er verzichten. Mit dem Instinkt eines wilden Tieres ausgestattet, fand er sich auch so zurecht. Zudem wußte er, daß sein Meister und König immer in seiner Nähe war.
Die Welt hatte sich verändert in all den Jahren, die Barton hinter den Zuchthausmauern verbracht hatte. Aber er hatte sich sehr schnell an das moderne Leben gewöhnt und wußte seine Annehmlichkeiten durchaus zu schätzen.
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