1084 - Stätte der Verdammnis
John.«
***
Ich hatte mich für Tricia aus einem Gefühl heraus entschieden. Sie kam mir schwächer vor als Giselle. Vielleicht deshalb, weil sie sich nur wenig in unser Gespräch eingemischt hatte. Natürlich würde ich mich den Gesetzen des Landes Aibon nicht fügen, aber ich wollte noch mehr herausfinden und glaubte daran, daß ich mit Tricia besser zurechtkam. Zudem mußte ich noch mehr über dieses verdammte Mondschein-Monster erfahren, das ich bisher noch nicht zu Gesicht bekommen hatte.
Aber ich hatte auch Suko nicht vergessen. Die Idee, sich zu trennen, paßte mir jetzt überhaupt nicht.
Er hätte schon längst hier sein müssen, wenn alles gut verlaufen wäre. Das war es wohl nicht, denn ich hörte und sah nichts von ihm. Entweder war er noch unterwegs oder er war in die Falle des verdammten Kalik gelaufen. An diese letzte Möglichkeit wollte ich gar nicht denken.
Tricia und ich hatten den Raum verlassen. Die Frau an meiner Seite gab sich völlig natürlich. Sie hatte sich bei mir eingehakt, ging neben mir her, lachte, sprach von einer wunderschönen Zeit und schaute mich dabei aus ihren dunklen, leicht leuchtenden Augen an. Aibon, das Mondlicht, das Monster, das alles war für sie so weit weg und schien nicht mehr zu interessieren.
Nicht nur die Bar war von Aibon eingenommen worden. Das grüne Licht und seine Schattenspiele hatten sich wohl im gesamten Haus verteilt.
Ich blickte die Treppe hoch, die vor uns lag, und sah auch sie mit einem ungewöhnlichen grünen Bewuchs überdeckt, der jedoch nicht real existent war. Unter meinen Füßen spürte ich nichts, als wir die Treppe hochstiegen. Ich kam mir vor wie in einer Spiegelwelt, die mir etwas vorgaukelte, was es in der Wirklichkeit nicht gab.
Die Stufen wanden sich der ersten Etage entgegen. Hier verteilten sich die »Arbeitszimmer« der Mädchen. In der Luft lag ein sehr frischer Geruch, der allerdings künstlich geschaffen wurde und aus irgendwelchen Geräten drang.
Tricia wartete auf mich. Das Licht hatte den grünen Schein übernommen. Am Ende der Treppe stand sie vor mir. Das Kleid mit den Löchern war nach rechts gerutscht und ließ dort die gesamte Schulter frei, ebenso wie einen Teil ihrer Brust. Hinter ihr breitete sich der Flur aus. Auch er schwamm im leicht grünen Aibonlicht. An den Wänden wuchsen Schatten in die Höhe. Bei genauerem Hinschauen waren es Pflanzen, die aussahen, als wären sie dabei, zu verdorren.
Ich überwand die letzte Stufe und griff nach Tricias Hand, die sie mir hinhielt. Sie zog mich an sich und fragte: »Was hast du für spezielle Wünsche, John?«
»Ich weiß es nicht. Laß uns zunächst in dein Zimmer gehen.«
»Gut.«
Sie ging vor, ließ mich nicht los und zog mich hinter sich her. Ich konnte mich nur wundern: Noch immer begriff ich nicht so recht, in welch eine Lage ich geraten war. Es war schwer, mich damit abzufinden, daß wir beide uns durch eine Zwischenwelt bewegten, die zu einem Teil zu Aibon und zum anderen Teil der Realität zugerechnet werden mußte. Noch hatte Aibon diese Welt nicht ganz übernommen. Irgendwann würde es geschehen. Bestimmt noch in dieser Nacht. Vielleicht sogar zur Tageswende.
Vor der zweitletzten Tür auf der linken Seite stoppten wir. Das Zimmer führte zur Rückseite hin, und Tricia drückte die Tür auf. Ich beobachtete jede ihrer Bewegungen, denn ich wollte sofort irgendwelche Veränderungen erkennen.
Sie waren nicht zu sehen.
Ihr Gesicht blieb so wie immer. Auch in den Augen malte sich nicht das Mondlicht ab. Allmählich kamen mir sogar Zweifel, ob sie wirklich dazugehörte.
Sie schaltete das Licht ein. Normalerweise war es weich und fließend, der Situation angepaßt. In diesem Fall hatte es sich verändert, denn Aibons Einfluß war auch hier vorhanden. Das Licht hatte einen sanften grünen Schimmer erhalten, der auch die letzte Ecke des Zimmers erreichte.
Es gab ein Fenster, das sah ich zuerst. Irgendwo war es für mich auch wichtig. Ohne Fenster fühlte ich mich immer eingeschlossen. Mein Blick fiel auf die Einrichtung.
Das Bett spielte eine große Rolle, deshalb nahm es auch den meisten Platz ein. Es war mit einer roten Decke bezogen, die ebenfalls eine leichte Veränderungen durch das grüne Licht erfahren hatte.
Die ursprüngliche Farbe wirkte längst nicht mehr so glänzend.
Es gab ein kleines Bad, zu dem eine Tür führte. Ein Kühlschrank mit Getränken war ebenfalls vorhanden, auch ein runder Tisch und zwei gepolsterte Stühle. Das alles wies auf eine
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