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109 - Die Atemdiebin

109 - Die Atemdiebin

Titel: 109 - Die Atemdiebin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Frenz
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Bewohner von Liion so recht nachvollziehen. Nicht mal Aruula, die zu bedenken gab, dass sich der Dämon vermutlich schon einmal geirrt hatte.
    »Aber er hat Elon nur altern lassen und nicht das Leben genommen«, widersprach Blaance. »Sicher weil er seine Unschuld spürte. Noot wird es dagegen erwischen, da bin ich mir sicher. So eine Wisaau! Konnte die Finger nicht von der eigenen Schwester lassen!«
    Dieses Argument – wenn man es denn so nennen wollte – schien Aruula zu überzeugen. Sie nickte, als ob es wirklich eine gute Idee wäre, die Tatverdächtigen in der Basilika von Forviere anzuketten, bis einer von ihnen dem Atemdieb zum Opfer fiel. »Wudan wird seine schützende Hand über den Unschuldigen halten«, gab sie ihrer Überzeugung Ausdruck.
    Blaance lächelte. Endlich jemand, der sie verstand.
    Corporal Andrew Farmer sah das völlig anders. Der Brite glaubte an juristische Grundregeln wie Indizien, Zeugenaussagen und die Unschuldsvermutung bis zum Beweis des Gegenteils, erntete damit aber nur Widerspruch bei den Barbarinnen. Matt hielt sich lieber aus der Sache raus. Er hatte im Laufe der Jahre gelernt, den Glauben und die Riten dieser Zeit zu respektieren.
    Als Captain McDuncan durch die Zwischenschleuse in das Laborsegment trat, schien sie verwirrt über den lautstarken Disput, den sich Farmer mit den beiden Frauen lieferte. Matt konnte in ihrem Gesicht aber auch lesen, dass das ISSFunkgespräch mit Lady Josephine Warrington, der Prime von London, nicht zu ihrer Zufriedenheit verlaufen war.
    »Wir sollen keine voreiligen Schlüsse ziehen und uns nicht in interne Angelegenheiten der hiesigen Community mischen«, bestätigte Selina auf seine Nachfrage. »Im Prinzip hat Lady Josephine natürlich Recht. Außer ein paar Laborbefunden und unserem Verdacht haben wir nicht viel aufzubieten.«
    Matt blieb nichts übrig, als ihr zuzustimmen. Natürlich. Sie durften die Franzosen nicht vorverurteilen. Schließlich waren sie keine Barbaren, die auf göttliche Rechtsprechung vertrauten. Andererseits eröffnete das Ritual in der zerfallenen Kathedrale vielleicht die Möglichkeit, mehr über die Nanobots, deren Funktion weiterhin rätselhaft war, herauszufinden.
    »Wenn die Barbaren Recht haben und der Atemdieb sich wirklich bevorzugt an jenen vergreift, die es in den Augen der Gemeinschaft verdienen, taucht er in den nächsten Nächten vielleicht in Forviere auf«, gab er zu bedenken.
    Selina McDuncan furchte die Stirn. »Wollen sie das Gottesurteil wirklich dazu benutzen, Licht ins Dunkel dieser Angelegenheit zu bringen, Commander?«
    »Warum nicht?«, konterte Matt trocken. »Wir können den Barbaren nicht unser Rechtsempfinden aufzwingen, aber wenn wir den Atemdieb stellen, bevor er die Verdächtigen schädigt, wird uns niemand böse sein.«
    Seine letzten Worte erfüllten den Raum lauter als beabsichtigt. Erst dadurch bemerkte er, dass die anderen ihren Streit beigelegt hatten. Farmers Miene nach zu urteilen hatte er die Segel gestrichen, damit ihm die Frauen nicht mit blanker Klinge zu Leibe rückten.
    Aruula, die Matts Worte mit angehört hatte, stemmte beide Hände in die Hüften und sah ihn missmutig an. »Also wenn du mich fragst, sollten wir uns lieber diese neugierige Amelie vorknöpfen. Die hat auf jeden Fall Dreck am Stecken.«
    Matt verzog das Gesicht. Doch bevor er dagegen halten konnte, erhielt Aruula unerwartet Schützenhilfe.
    »Wir dürfen Miss Aruulas telepathische Fähigkeiten nicht unterschätzen«, erinnerte Selina McDuncan. »Sie hat uns schon mehrfach gute Dienste geleistet.«
    Aruula zog prompt ein Gesicht, als wollte sie ihm die Zunge herausstrecken: Ätsch, sogar deine Technofreundin sagt, dass ich Recht habe!
    Der Pilot atmete zweimal tief durch und schluckte die Erwiderung herunter, die ihm bereits auf der Zunge lag. Es war niemandem damit gedient, das Thema eskalieren zu lassen.
    Deshalb antwortete er ruhig und sachlich: »Ich bin mir Aruulas Fähigkeiten sehr wohl bewusst, Captain. Genauso weiß ich aber auch, dass es einen Menschen noch lange nicht zum Verdächtigen macht, wenn er etwas vor seinen Mitmenschen zu verbergen sucht.« Und an Aruula gewandt: »Oder hast du gespürt, dass uns Amelie feindselig gegenüber steht?«
    Die Barbarin zog ein mürrisches Gesicht, bevor sie verneinte.
    Nachdem diese Angelegenheit geklärt war, verabschiedete sich Blaance, um zu ihrem Clan zurückzukehren. Matt, Aruula und Selina begleiteten die blonde Barbarin bis zum Außenschott, das geräuschlos

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