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1094 - Der Mann aus Haiti

Titel: 1094 - Der Mann aus Haiti Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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überhaupt nicht, sondern folgte einer Art Beschützerinstinkt, den der gefühlte, empfundene, gespürte Hilferuf so massiv in ihr ausgelöst hatte, daß er ihre Denkfähigkeit überlagerte.
    Ihr Körper bewegte sich ohne ihr bewußtes Dazutun. Sie flog förmlich aus dem Zimmer und die beiden Treppenabsätze hinunter - und schlug sich heftig die Stirn an, als sie durch die geschlossene Tür zum Wohnzimmer rennen wollte.
    Eartha spürte keinen Schmerz. Sie erschrak nur darüber, daß sich die Tür nicht wie gewohnt vor ihr geöffnet hatte. Der Schreck gab ihr einen Teil ihrer Denkfähigkeit zurück.
    Sie berührte die Sensorplatte des Antiblockierautomaten neben der Tür.
    Nichts rührte sich.
    Das bedeutete eine zumindest teilweise Paralysierung des Haus-Computersystems.
    Aber auch an eine solche - unwahrscheinliche - Möglichkeit hatten die Konstrukteure des Hauses gedacht, obwohl es nur ein kleiner Einfach-Luxustyp war, aus am computergesteuerten Fließband von computergesteuerten Fertigungsrobotern zugeschnittenen Großteilen von computergesteuerten Mobilrobotern auf dem Grundstück in wenigen Stunden „schlüsselfertig" aufgebaut.
    Sie berührte eine zweite Sensorplatte und aktivierte damit einen batteriegespeisten Elektromotor, der die Tür mechanisch öffnete.
    Etwas vorsichtiger betrat sie das Wohnzimmer. Es lag im Dunkeln, aber neben der Vitrine gab es eine Lichtquelle, deren Helligkeit nach links auf den elektronischen Kamin strahlte: eine Taschenlampe.
    Eartha vermochte wieder zu denken, sogar einigermaßen klar. Sie folgerte daraus, daß die Taschenlampe herrenlos am Boden lag, daß der Einbrecher geflüchtet war - aufgescheucht wahrscheinlich durch den gellenden Schrei, den sie ausgestoßen hatte.
    Keine Gefahr mehr!
    Sie schaltete die Beleuchtung ein. Ihr Herzmuskel krampfte sich zusammen, als sie in der Lichtflut die offene Vitrine sah. Sie brauchte nicht hinzugehen, um zu wissen, was der Dieb mitgenommen hatte: den Kristall!
    Dennoch ging sie hin.
    Als sie die leere Stelle sah, auf der sonst der Bleibehälter mit dem Kristall gestanden hatte, knickten ihre Knie ein, es wurde dunkel um sie, und sie sank bewußtlos zusammen ...
     
    *
     
    Sie erwachte von einem Flüstern.
    „... bleiben. Hilfe ist unterwegs. Du solltest ganz ruhig liegen bleiben. Hilfe ist unterwegs."
    Sie schlug die Augen auf, rollte sich auf die Seite und richtete den Oberkörper auf. Im Schein der Beleuchtung sah sie die offenen Türen der Vitrine und erinnerte sich plötzlich wieder.
    Jemand hatte bei ihr eingebrochen und den Kristall gestohlen!
    „Wie geht es dir, Eartha?"
    Der Hauscomputer!
    Sie setzte sich und betastete ihren Leib. Der kleine Eric verhielt sich ruhig.
    Er wird doch nicht etwa...?
    „Ein Arzt! Ich brauche einen Arzt! Doktor McMahon...!"
    „Doktor McMahon ist benachrichtig, ebenso der Ordnungsdienst", erklärte der Hauscomputer. „Meine Systeme waren für die Dauer von siebzig Minuten paralysiert. Da in dieser Zeitspanne die Haustür aufgebrochen wurde, habe ich auf einen Einbruch geschlossen. Hat ein tätlicher Angriff auf dich stattgefunden, Eartha?"
    Eartha schüttelte den Kopf.
    „Nein, ich war nur so erschrocken, weil..."
    Zwei mit zerknitterten beigefarbenen Anzügen bekleidete Männer stürmten durch die offene Haustür. Sie hielten schußbereite Paralysatoren in den Händen.
    Während der eine sich umsah und dann die Treppe hinauf stürmte, kam der andere zu Eartha und kniete sich neben sie, dann schob er die Waffe ins Gürtelhalfter zurück.
    „Was ist passiert, Eartha?" fragte er besorgt.
    Sie erkannte ihn. Es war Salomon Toussaint, Assistent ersten Grades des Ordnungsdienste in der am nächsten liegenden Station. Er hatte sich durch Hausbesuche bei allen Einwohnern seines Reviers vorgestellt, als er vor einem Vierteljahr hierher versetzt worden war.
    „Oh, ich glaube, mir ist nichts passiert", antwortete sie, noch immer etwas verwirrt und vor allem deprimiert durch den Verlust des Kristalls und vor Sorge um ihr Kind. „Aber ich weiß nicht, ob..."
    „Hallo!" rief eine tiefe Stimme von der Tür her. „Das sieht ja nach Einbruch aus. Ah, da ist ja Bella!"
    Eartha war erleichtert.
    „Doc!" rief sie mit zittriger Stimme. „Mein Kind...!"
    Doktor McMahon kniete bereits neben ihr, ein großer, grobknochiger Mann von hundertzwölf Jahren mit seewassergebleichtem Blondhaar, einer kräftigen breiten Nase im dunkelhäutigen Gesicht und schräggestellten Augen.
    Er fühlte ihren Puls, brummte

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