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1094 - Der Mann aus Haiti

Titel: 1094 - Der Mann aus Haiti Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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freuen uns sehr, dich kennenzulernen. Wie wir erfahren haben, gehörtest du früher zur Elite der Weltraummenschen, zur Gilde der Prospektoren, die die Abgründe zwischen den Sternen durchstreifen und die Schätze des Kosmos für die Nutzung durch die Menschheit erschließen."
    „Ich war Prospektorin", bestätigte Eartha, leicht verwirrt durch den schwülstigen Ton des Reporters. „Aber wir Prospektoren waren keine Elite. Wir haben einfach unsere Arbeit getan, um Geld zu verdienen wie andere Menschen auch."
    „Deine Bescheidenheit ehrt dich, Eartha Weidenburn", erwiderte Willem. „Aber so alltäglich ist die Arbeit eines Prospektors nun auch wieder nicht. Er tut seine Arbeit immer in der Einsamkeit des Alls und unter großer Gefahr. Das beweist der schwere Unfall, bei dem du damals deinen Partner und euer Schiff verloren hast. Wer tagtäglich sein Leben für das Wohl der Menschheit riskiert, der ist etwas Besonderes."
    Eartha wollte energischer widersprechen, wollte darauf hinweisen, daß laut Statistik nur alle sechshundert Jahre ein Prospektor verunglückte und daß ihr damaliger Unfall auf ein Computerversagen zurückgeführt werden mußte, das nur deshalb passieren konnte, weil Simoi und ihr wegen eines erfolglosen Jahres die Mittel ausgegangen waren, so daß sie die letzte vorgeschriebene Gesamtüberprüfung hatten ausfallen lassen.
    Doch der Reporter verstand sein Fach und ließ sie gar nicht mehr zu Wort kommen.
    „Auch jetzt übst du nicht gerade alltägliche Berufe aus", fuhr er fort. „Du bist sowohl Kristallographin als auch die Herausgeberin von Sammlungen alter Märchen der terranischen Urvölker. Welche Arbeit findest du am interessantesten? Würdest du das uns und unseren Zuschauern einmal sagen?"
    Eartha dachte nach, dann sagte sie zögernd: „Ich finde beide Berufe interessant, ja."
    „Dann bist du ein Glückskind, Eartha. Obwohl ich persönlich dazu neigen würde, die Untersuchung von Kristallen interessanter zu finden als das Sammeln alter Märchen.
    Kristalle sind etwas Reines, Leuchtendes, nicht wahr? Sie sind die Faszination an sich, finde ich. Hm, ja, die Faszination an sich! Kannst du uns nicht mal einen besonders interessanten Kristall zeigen?" Er drückte ihr den Scheck in die Hand. „Hier, bevor ich es vergesse. Zwanzigtausend Galax für die interessanteste Frau von Portauprince und den schönsten Kristall dieser Galaxis!"
    Erst jetzt fiel bei Eartha der Stellar. Zorn wallte in ihr auf, weil der Reporter sie so hinterhältig aufs Glatteis geführt hatte - und wurde von der Scham darüber verdeckt, daß sie bis zum letzten Augenblick so begriffsstutzig gewesen war.
    Am liebsten hätte sie den Scheck zurückgewiesen und das Interview für beendet erklärt.
    Aber das ging nicht. Ihr war klar, daß die Aufnahmegeräte die ganze Zeit über gelaufen waren - und da es die Zeit für die beliebte Nachmittags-Live-Sendung war, sahen und hörten Millionen Menschen an den Bildschirmen zu. Sie konnte nicht mehr zurück. Nicht wegen CARITE, sondern deswegen, weil sie zugelassen hatte, daß die Zuschauer gespannt auf den Höhepunkt der Reportage warteten. Sie durften nicht enttäuscht werden.
    „Der große Augenblick steht unmittelbar bevor!" verkündete Willem Fisher. „Ich muß sagen, Eartha Weidenburn versteht es meisterhaft, die Spannung noch zu steigern, indem sie sich ziert. Das ist allerdings verständlich, liebe Zuschauerinnen und Zuschauer, denn der Blaue Kristall kam als Geschenk eines liebenden Menschen auf abenteuerlichen Wegen aus dem Kugelsternhaufen M13 in der unendlich hohen Wölbung des galaktischen Halos zu Eartha. Wer weiß, welches Geheimnis ihn umgibt!"
    Eartha räusperte sich und ging zu der Vitrine, in der sie den Kristall aufbewahrte. Sie nahm den Bleibehälter heraus, in dem er immer noch steckte, öffnete ihn und hielt den Kristall in beiden Händen vor die Aufnahmegeräte.
    Der Reporter erstarrte; seine Kinnlade sank nach unten. Auch seine Assistentinnen erstarrten förmlich.
    Willem besann sich zuerst wieder auf seine Pflicht, und nach mehrmaligem trockenem Schlucken und Räuspern sagte er, wenn auch mit veränderter Stimme: „Ich muß gestehen, daß der Anblick dieses Kristalls mir zuerst die Sprache verschlug. Er ist kein gewöhnlicher Kristall. Nicht, weil er so groß ist und so intensiv leuchtet, sondern ... sondern ... ich weiß auch noch nicht, warum. Ich habe das Gefühl, als wollte er mir eine Botschaft verkünden. Nein, natürlich nicht nur mir, sondern uns

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